17.11.2025 – Wer bei der Versicherung von Kunstobjekten sicher gehen will, sollte sich an spezialisierte Kunstsachverständige wenden, sagt die Kunsthistorikerin Iris Stöckl. Zu empfehlen sei eine Allgefahrendeckung, werden Kunstgegenstände verliehen, sollten auch verschiedene Risikoorte mitversichert sein. Und nicht nur für den Fall eines Schadens sei eine genaue Dokumentation besonders wichtig.

Menschen, die Kunst besitzen, wissen oft nicht, wie sie deren Wert bestimmen sollen – was gerade auch im Zusammenhang mit Versicherungen relevant sei.
Das sagt Iris Stöckl, promovierte Kunsthistorikerin und zertifizierte Sachverständige für Kunst und Design des 20. und 21. Jahrhunderts, im Gespräch mit dem VersicherungsJournal.
Häufig würden sie sich an den Händler ihres Vertrauens wenden, der dann entweder selbst ein Gutachten anbietet oder eine Vermittlung anbahnt. In vielen Fällen würden auch Versicherungen verlangen, dass Versicherungsnehmer selbst Gutachten auf ihre Kosten erstellen lassen.
Optimal wäre es dabei, sich an gerichtlich für ganz bestimmte Gebiete zertifizierte Sachverständige zu wenden. Diese können auf der Website des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen oder auf einer Website von Justizonline gefunden werden.
Kaum jemand halte sich allerdings an Zertifizierungen, oft würden externe Experten, wie Händler oder Universitätsprofessoren herangezogen. Und hausinterne Mitarbeiter in Versicherungen „machen von Oldtimern über Rolex bis Warhol alles“, kritisiert Stöckl.
Problematisch sei dabei nicht nur die manchmal fehlende Expertise, auch die Frage der Haftung stelle sich. Andererseits würden auch von zertifizierten Kunstsachverständigen „Dinge verlangt, die wir in Wahrheit nicht können“ – das gehe hin bis zu technischen oder chemischen Untersuchungen.
Sicherheit geben allerdings die Prüfungsstandards für Gerichtssachverständige, die neben einer zehnjährigen Berufserfahrung auch den Nachweis allgemeinen Wissens verlangen, das dann noch durch Spezialwissen ergänzt wird.
Deshalb sei es auch notwendig, die Bewertung auf verschiedene, spezialisierte Sachverständige aufzuteilen, wenn man sehr verschiedene Objekte besitzt, betont die Kunsthistorikerin.
Zwei Möglichkeiten gebe es für Versicherungsnehmer, Kunstgegenstände zu versichern, erläutert Stöckl. Bei Vereinbarung eines deklarierten Wertes gibt der Versicherungsnehmer einen Wert für den Gegenstand an, müsse diesen aber im Schadenfall nachweisen.
Davon zu unterscheiden sei der vereinbarte Wert. Dieser sollte dem Versicherungswert entsprechen und ist der Betrag, der im Schadenfall gemäß Vereinbarung und Versicherungsbedingungen bezahlt wird. Versicherungsnehmer sollten darauf achten, dass ein Unterversicherungsverzicht in einer Klausel vereinbart wird.
Wichtig könne auch die Vereinbarung einer Vorsorgesumme in der Polizze sein, wodurch zusätzlich zum Versicherungswert am Stichtag ein bestimmter, weiterer Betrag mitversichert ist und so Unterversicherung beispielsweise aufgrund volatiler Preise vermieden wird.
Sinnvoll sei jedenfalls eine Allgefahrendeckung, die nahezu alle Risiken abdeckt; vor allem sollten auch alle Risikoorte mitversichert sein, um beispielsweise bei Leihgaben abgesichert zu sein. Es gebe aber auch hier Ausschlüsse, unter anderem für Allmählichkeitsschäden wie zu starke Lichtstrahlung, die Oberflächenschäden hervorrufen kann.
Notwendig sei jedenfalls eine umfangreiche Dokumentation der Kunstgegenstände, betont Stöckl. Bei Gemälden solle man Vorder- und Rückseite fotografieren, weiters Detailaufnahmen machen, wenn vorhanden, auch von der Datierung und einer etwaigen Signatur.
Dokumentieren solle man darüber hinaus die Größe mit und ohne Rahmen, Material, Künstler und Titel des Werks sowie eventuelle Schäden. Außerdem sollten Rechnungen, sämtliche Dokumentationen, Auktionskataloge und „alles, was mit dem Künstler zu tun hat“ aufbewahrt werden.
Immer wichtiger werde in diesem Zusammenhang die Provenienzforschung, also die Geschichte der Herkunft von Kulturgütern. Bei Anhaltspunkten für Probleme mit der Provenienz könnten Recherchen in speziellen Datenbanken oder spezialisierte Provenienzforscher Auskunft geben.
Einmal im Jahr sollte man den Bestand aktualisieren: Was wurde dazugekauft, was vielleicht verkauft oder verschenkt? Zu beachten sei auch die Entwicklung des Marktes. Sachverständige würden Kunden dabei betreuen und proaktiv vorgehen, so Stöckl.
Sollte es zu einem Schadenfall – einem Untergang des Objekts oder einer Beschädigung – kommen, heiße es für den Versicherungsnehmer aufzupassen. Bei deklarierten Werten verlange der Versicherer einen Nachweis, den der Eigentümer zu erbringen hat.
Anschließend seien Sachverständige bzw. die Experten der Versicherungen am Zug; dabei gehe es einerseits um die Feststellung der Deckung des Schadens im Rahmen der Polizze und andererseits um die Frage, ob und in welcher Höhe der Versicherer Kosten übernimmt.
Sollte das Objekt restaurierbar sein, sei es anzuraten, zur Ermittlung der Schadenhöhe einen Restaurator heranzuziehen. Ab einem bestimmten Prozentsatz der vereinbarten Summe gelte ein Schaden aber als Totalschaden. Und schließlich sei auch eine eventuelle Wertminderung zu berücksichtigen.
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