OGH entschied Streit um Sicherheitszertifizierung eines Safes

21.7.2025 – Ein Tresor war von einem in Österreich nicht anerkannten, tschechischen Institut zertifiziert. Dass er nach den hierzulande gültigen Normen den vom Versicherer geforderten Sicherheitsklassen entspreche, sei nie behauptet worden, so der OGH. Aufgrund der Wichtigkeit der Auswahl des richtigen Tresors sei vom Käufer hohe Aufmerksamkeit zu verlangen, die Klage gegen den Vertreiber des Safes wurde abgewiesen.

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Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Nach einem Einbruchsdiebstahl in ihre Privatwohnung forderten zwei Versicherungsnehmer Deckung für Bargeld, das aus einem Tresor entwendet wurde. Der Versicherer lehnte eine Leistung ab, da der Tresor nicht den im Versicherungsvertrag vereinbarten Sicherheitsklassen entsprochen habe.

Laut den Bedingungen sollte für einen „versperrten Geldschrank mit Gewicht über 250 kg oder einen versperrten Mauersafe (Wandsafe) mit mindestens Schlossschutzpanzer – jeweils mit VSÖ Sicherheitsstufe EN 1 und EURO-Klasse I“ Versicherungsschutz bis zu 60.000 Euro bestehen.

Bei Nutzung eines „Möbelsafes mit VSÖ Sicherheitsstufe EN 0 und EURO-Klasse N“ war laut Versicherungsbedingungen ein Schadenersatz von bis zu 20.000 Euro vorgesehen.

Im Gerichtsverfahren gegen den Versicherer stellte der Sachverständige fest, dass die am Schrank angebrachte Plakette, die die Sicherheitsstufe EN-1 ausweise, zu Unrecht angebracht wurde; die Klage wurde daher abgewiesen.

Klage gegen den Vertreiber des Safes

Daraufhin reichten die Versicherungsnehmer Klage gegen das Unternehmen ein, das den Safe in Verkehr gebracht hat. Sie fordern von diesem 60.000 Euro, der Betrag, der sich zum Einbruchszeitpunkt im Safe befunden habe, sei höher gewesen.

Sie argumentieren, der später von ihnen im Fachhandel angekaufte Safe sei auf der Website des beklagten Unternehmens so beschrieben worden, dass er die Sicherheitsstufe EN-1 nach CSN EN 1 1143-1 erfülle.

Auch seine Verpackung weise die Information auf, dass der Safe auf EN-1 geprüft sei. Auf dem Safe selbst befinde sich eine Plakette, die unter dem Titel „Resistance Grade“ die Information „1/CSN EN 1 1143-1: 2013“ enthalte.

In einem ersten Rechtsgang hatte der Oberste Gerichtshof die Aktivlegitimation der Versicherungsnehmer zur Klage bejaht und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen. Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage nun neuerlich zurück.

Außerordentliche Revision

Die Versicherungsnehmer wandten sich in einer außerordentlichen Revision erneut an den OGH. Dieser geht in seiner rechtlichen Beurteilung einleitend auf § 2 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein.

Welchen Eindruck eine Ankündigung auf den Durchschnittsadressaten vermittelt, sei eine Rechtsfrage, die nach objektiven Maßstäben zu lösen ist, wobei auf den Gesamteindruck abzustellen ist, so der OGH.

Bei Mehrdeutigkeiten müsse der Anpreisende in der Regel die für ihn ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen, eine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen bestehe aber nicht.

Ein durchschnittlich informierter und verständiger Adressat der Werbung müsse allerdings eine für den Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwenden. Aufgrund der Wichtigkeit der Auswahl des „richtigen“ Tresors genüge eine flüchtige Betrachtung nicht, notwendig sei eine hohe Aufmerksamkeit.

Keine Werbung mit „VSÖ“

Im vorliegenden Fall hätten die Versicherungsnehmer gezielt nach einem zu den Versicherungsbedingungen passenden Tresor mit einem Schutz bis zu 60.000 Euro gesucht.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, die eine Irreführung des beklagten Unternehmens verneinten, sei vertretbar, so der OGH. Weder in der Produktbeschreibung, noch auf der Verpackung sei ein Bezug zum Verband der Sicherheitsunternehmen Österreichs (VSÖ) hergestellt worden.

Auch sei der nur 38 kg schwere Tresor ausdrücklich als Möbeleinsatztresor und nicht als Mauer- oder Wandsafe beworben worden. Es sei zwar das Logo „EN-1“ verwendet worden, erläutert wurde dies im Zusatztext aber als „Einbruchsicherheit Klasse '1' nach CSN EN 1143-1, geprüft und zertifiziert von SZU CZ“

Wie der OGH dazu bemerkt, werde die Prüfung und Kennzeichnung mit „EN-1“ durch das tschechische Institut zwar vom VSÖ nicht anerkannt, seine Verwendung sei aber auch nicht verboten.

Keine kausale Irreführung

Darüber hinaus habe das beklagte Unternehmen nicht von einer Versicherungsdeckung von 60.000 Euro gesprochen, sondern von „empfohlenen Versicherungssummen in Österreich und Deutschland: Gewerblich bis 20.000 EUR / privat bis 65.000 EUR“.

Diese Aussage entbinde einen Interessenten nicht von der Prüfung der eigenen Bedingungen. Diese setzten ausdrücklich einen „versperrten Geldschrank mit Gewicht über 250 kg oder einen versperrten Mauersafe (Wandsafe)“ voraus, während es sich hier um einen „Möbeleinsatztresor“ handelte.

Es bestünden daher keine Bedenken, wenn die Vorinstanzen eine Haftung für 60.000 Euro mangels kausaler Irreführung durch die Produktbeschreibung des beklagten Unternehmens verneinten, so der OGH.

Revision zurückgewiesen

Für den Fall, dass ihre Klage über 60.000 Euro abgewiesen wird, forderten die Kläger einen Betrag von 20.000 Euro, den sie bei Nutzung eines Möbelsafes mit Sicherheitsstufe EN-0 und EURO-Klasse N vom Versicherer erhalten hätten; nicht einmal diese Anforderungen habe der Tresor erfüllt.

Dazu erklärt der OGH, dass bei Geltendmachung eines Schadenersatzes laut UWG für eine Haftung Kausalität und Verschulden erforderlich seien. Das beklagte Unternehmen habe aber nie behauptet, dass der Tresor die Anforderungen an die Klasse EN-0 des VSÖ erfülle.

Es sei festgestellt worden, dass die Kläger den Tresor nicht gekauft und das Geld nicht darin aufbewahrt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass dieser nicht die VSÖ-Zertifizierung EN-1 aufwies. Damit stehe der Kausalverlauf gerade nicht fest, so der OGH.

Die außerordentliche Revision erwies sich daher mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig und wurde von den Höchstrichtern zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 4Ob159/24x vom 24. Juni 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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