23.4.2025 – Im Vorjahr wandten sich erstmals mehr als 2.000 Konsumenten mit einem Schlichtungsantrag an die Verbraucherschlichtung Austria. Mit einem Plus von 37 Prozent war der Anstieg der Anträge bei Versicherungen der zweitstärkste aller Branchen.
Die Verbraucherschlichtung Austria, eine von acht staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen in Österreich, hat ihren Jahresbericht für 2024 vorgelegt.
Die Tätigkeit der Verbraucherschlichtung Austria basiert auf dem Alternative-Streitbeilegung-Gesetz; eine Vermittlung erfolge bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und in Österreich niedergelassenen Unternehmen überall dort, wo keine der anderen spezialisierten Schlichtungsstellen zuständig ist.
Träger der Schlichtungsstelle ist der gemeinnützige Verein „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“, dessen Mitglieder die Bundesarbeitskammer, die Finanzmarktaufsicht, die Länder Burgenland und Oberösterreich sowie der Vereinsobmann Hermann Germ sind.
Dank einer zusätzlichen Förderung des Sozialministeriums sei 2024 das Projekt der Beiziehung von Sachverständigen zu Schlichtungsverfahren fortgesetzt worden; wodurch in ansonsten kaum lösbaren Fällen eine Einigung erzielt werden konnte.
Die Zahl der Schlichtungsanträge sei 2024 auf 2.002 weiter gestiegen. Das Plus von zehn Prozent gegenüber dem Jahr davor belege die zunehmende Relevanz außergerichtlicher Konfliktlösung im Konsumentenbereich. Abgeschlossen wurden 2.039 Fälle.
Trotz der zunehmenden Fallzahlen bleibe die Kooperationsbereitschaft der Unternehmen aber erfreulich hoch, so die Verbraucherschlichtung Austria. In 81 Prozent der Fälle hätten sich Unternehmen aktiv am Schlichtungsverfahren beteiligt. Die Einigungsquote lag bei 62 Prozent.
Diese Ergebnisse seien „erneut höchst erfreulich“, da die Verfahren bei der Verbraucherschlichtung Austria auf Freiwilligkeit basieren und Lösungsvorschläge nicht angenommen werden müssen, heißt es im Jahresbericht.
Die Zahl der Anfragen (Kontaktaufnahmen außerhalb oder im Vorfeld eines Schlichtungsverfahrens) sei allerdings 2024 gegenüber dem Jahr davor um fünf Prozent auf 10.764 zurückgegangen.
Branche | Anträge 2024 | Anträge 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Quelle: Verbraucherschlichtung Austria | |||
Handel | 460 | 416 | +11 % |
Heizkostenabrechnung | 403 | 377 | +7 % |
Dienstleistungen | 344 | 299 | +15 % |
Versicherung | 225 | 164 | +37 % |
Handwerk | 126 | 87 | +45 % |
Wohnen | 123 | 102 | +21 % |
Reise | 120 | 176 | -32 % |
Sonstige | 201 | 193 | +4 % |
Gesamt | 2.002 | 1.814 | +10 % |
2024 sei der Versicherungssektor mit 25 Anträgen hinter dem Handwerk der Bereich mit den prozentuell zweithöchsten Steigerungen gewesen, so die Verbraucherschlichtung Austria. 2023 und 2022 waren es noch jeweils 164 Anträge, 2021 nur 119.
Vorwiegend sei es um Fragen zur Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens und um Streitigkeiten betreffend Vertragskündigungen gegangen. Schwerpunkte der Anträge seien die Bereiche Rechtsschutz-, Haushalts-, Kfz- und Lebensversicherung gewesen.
Die Teilnahmequote der Versicherungsunternehmen liege weiterhin unter dem Durchschnitt. Die Einigungsquote sei aber eine der besten aller behandelten Sektoren: Nehme ein Versicherer am Schlichtungsverfahren teil, so komme es in mehr als 82 Prozent der Fälle zu einer Einigung.
Gründe für den Anstieg sieht die Verbraucherschlichtung Austria unter anderem in den weiterhin hohen Lebenshaltungskosten; Konsumenten würden häufig Unterstützung bei der Auflösung von Vertragsverhältnissen brauchen.
Manche Verbraucher und Unternehmen hätten auch falsche Vorstellungen von der geltenden Rechtslage; man übernehme hier eine wichtige Aufklärungs- und Informationsfunktion. Kritisiert wird, dass viele Unternehmen Konsumenten nicht ausreichend über die zuständige Schlichtungsstelle informieren.
Weiters hätten sich Konsumenten mit Anfragen beispielsweise zur Dauer der Gewährleistungspflicht, zum Rücktrittsrecht bei online abgeschlossenen Verträgen oder einer generellen Widerrufsmöglichkeit bei stationär geschlossenen Verträgen an die Schlichtungsstelle gewandt.
Meist habe man bei solchen Anfragen das bestehende Problem schon durch eine Auskunft lösen können, wodurch der Konflikt auch für das jeweilige Unternehmen gelöst war oder gar nicht erst entstand.
Thema | Anträge 2024 | Anträge 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Quelle: Verbraucherschlichtung Austria | |||
Preis, Rechnung | 636 | 625 | +2 % |
Kündigung, Storno | 498 | 462 | +8 % |
Garantie, Gewährleistung | 324 | 269 | +20 % |
Vertragsfragen | 253 | 157 | +61 % |
Sonstiges | 291 | 301 | -3 % |
Gesamt | 2.002 | 1.814 | +10 % |
Kleine Streitwerte seien der Regelfall, so die Verbraucherschlichtung Austria. In 73 Prozent der Fälle lag der Streitwert bei maximal 1.000 Euro, nur in 48 Fällen sei der Streitwert bei mehr als 10.000 Euro gelegen.
Auffällig sei, dass es im Bereich von mehr als 1.000 Euro zu einem starken Anstieg der Fälle kam; dies sei vor allem auf Anträge im Bereich der Versicherungen und der Heizkostenabrechnungen zurückzuführen, wo es meist um höhere Streitwerte ging.
Auch 2024 sei feststellbar gewesen, dass Teilnahme- und Erfolgsquote schlechter werden, je höher der Streitwert ist.
In jenen Fällen, in denen eine Einigung erzielt wurde, haben 78 Prozent der Konsumenten erklärt, dass diese anschließend auch eingehalten wurde; vier Prozent verneinten diese Frage, die übrigen Befragten machten dazu keine Angabe.
Nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens hätten 227 Konsumenten und 15 Unternehmen die Qualität des Schlichtungsverfahrens bewertet. Die weitaus überwiegende Zahl habe die Einrichtung dabei als serviceorientiert, schnell, unabhängig, kompetent, freundlich und fair angesehen.
92 Prozent der Konsumenten und 87 Prozent jener Unternehmen, die sich an Verfahren beteiligt haben, würden dies erneut tun, heißt es im Jahresbericht. Dieses Ergebnis spreche für die Qualität und die Akzeptanz alternativer Streitbeilegung.
Der Jahresbericht 2024 kann von einer Website der Verbraucherschlichtung Austria heruntergeladen werden.
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