Zurück zu den Wurzeln

17.5.2011 – Stellen wir uns vor, Herman Maier stellt während des Trainings für das Hahnenkammrennen fest, dass seine Atomic bei den gegebenen Schneeverhältnissen nicht so richtig laufen und schnallt Kneissl an? Oder Sebastian Vettel steigt beim Qualifiying von Red Bull zu Mercedes um. Beim Versicherungsverkauf scheint alles anders.

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In meinen HAK-Schulbüchern aus den 70-er Jahren habe ich schon über Versicherungsagenten gelernt (Koziol-Welser). Dabei war hinsichtlich der Agenturverhältnisse noch nichts von einer Mehrzahl zu lesen. Was ja auch klar ist. Man kann nur einen Vater, nur eine Mutter haben.

Historisch war immer klar, dass mehrere Agenturverhältnisse nur im Rahmen der Ewerbssicherheit mit Zustimmung des Dienstherrn erlaubt sind. Also: Versicherer A hat nur Sachversicherungen und erlaubt seinen Agenten, Personenversicherungen bei der Versicherung B abzuschließen, welche nur solche anbietet. In den Neunzigerjahren haben sich die Sitten verludert und im (falschen!) Glauben, dass möglichst viele Verkäufer möglichst viel Geschäft bedeuten, gewann in den meisten Versicherungen das Laisser-faire die Oberhand.

Wider alle sachkundigen Argumente hat auch das Wirtschaftsministerium spätestens bei der Umsetzung der EU-VVRL verabsäumt, eine klare Regelung zu treffen. Jetzt haben wir ein Panoptikum. Der Mehrfachagent ist gewerberechtlich erlaubt, sobald er aber „konkurrenzieren“ anbietet – also beispielsweise Sachversicherungen von zwei oder mehr VUs –, zählt er zivilrechtlich als Makler und unterliegt dem Maklergesetz. Eine wahrlich „transparente“ Lösung, die nach Negieren bis bewusstem Missbrauch nur so schreit.

Zahlreiche Mehrfachagenturen mit 30 und mehr Agenturverhältnissen auf ihrer HP zeigen, wohin das geführt hat. Wieso sich starke Versicherungsmarken ihrer selbst nicht bewusst genug sind und Hinz und Kunz erlauben, sie als Logofüller zu ge- und missbrauchen, ist mir immer ein Rätsel gewesen. Wieso der Gesetzgeber die mannigfachen Belege für die Fehlentwicklung der Branche bisher nicht für eine Reparatur genutzt hat, ist das größere Mysterium. Jetzt muss man – und das in relativ kurzer Zeit.

Die Schlagworte Transparenz und Haftung prägen die Versicherungslandschaft. Es ist höchste Zeit, eine Lösung zu finden, die für klare Verhältnisse beim Marktauftritt und eine eindeutige Haftungszuordnung für den Fall der Fälle sorgt. Dazu gehört, dass auch das „Vermittlerchamäleon“ – der sogenannte „Vermittler ohne Form“ – entsorgt wird.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „Dämpfer für Mehrfachagenten vor dem VwGH”.

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