Vermittler sind jetzt schon existenziell bedroht

8.5.2015 – Es war einmal ... es war einmal die Idee, gleichartige Risken in Gefahrengemeinschaften aufzuteilen. Um die Geschichte kurz zu halten – das großartige Werk, das dazu geschaffen wurde, nannte man „Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit“. Ein gut organisierter Selbsthilfeverein, dem Risikoabdeckung und nicht Gewinnstreben zugrunde lag.

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Es gab und gibt auch andere Konstruktionen – man nennt sie beispielsweise Aktiengesellschaften. Die haben einen anderen Geschäftszweck – nämlich möglichst hohe Dividenden und Kursgewinne für die Kapitaleigner. Ich kritisiere es nicht, man soll es aber auch nicht vergessen.

In den letzten Jahrzehnten – also in meinem Berufsleben – wurden immer mehr Versicherungsvereine zu AGs. In den letzten Jahrzehnten – jedenfalls im letzten – stagnierten die Umsätze der „Vermittler“, die Gewinne hingegen sanken.

Die Umsätze der Assekuranzen stagnierten im Wesentlichen auch – aber die Gewinne stiegen massiv. Man braucht sich dazu nur die Geschäftsberichte ansehen – wir reden bei den großen börsennotierten Gesellschaften von 100 bis 400 Millionen Euro Gewinn. Woher kann dieser Gewinn kommen, wenn die Prämien (durchaus auch wegen des Wettbewerbs, der durch den Vertrieb geführt wird) stagnieren?

Es ist scheinbar einfach – Kosten werden eingespart, Personal entsorgt, Schäden restriktiv abgewickelt und Verwaltungsarbeiten schlicht nicht erledigt. Man könnte auch sagen: durch „Outsourcing” zum Vertrieb. Damit erklärt sich fast alles.

Dass die Makler, Agenten und Vermögensberater strukturell nicht mithalten können, kein Kapital und keine Organisation zu ähnlichen Kosteneinsparungen haben, liegt auf der Hand. Es geht auch schwer, vor Ort dem Kunden zu erklären, dass man keine Zeit für ihn hat und haben will.

Ich glaube wohl, dass die Versicherungswirtschaft in der Vergangenheit und Gegenwart erhebliche Zusatzlasten durch die diversen (meist unsinnigen) neuen Regelwerke zu tragen hatte und hat. Das hat den steigenden Gewinnen aber keinen Abbruch getan. Die „Vermittler“ hingegen sind bereits bisher existenziell bedroht.

Es wird wohl bei den Assekuranzen zu einem gewissen Konzentrationsprozess kommen, aber wenn weitere Lasten oder Einkommenskürzungen auf Makler und Agenten überwälzt werden, gibt es bei diesen einen Kahlschlag.

Das sollte auch jenen klar sein, die so locker von Provisionskürzungen sprechen. Die 120-160 Promille der VS bei Lebensversicherungen – wo hat die der Experte übrigens her –, die hätte ich gerne!

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@uwf.at

zum Artikel: „Künftig einheitlichere Provisionen und weniger Versicherer?”.

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