Tragischem Unfall folgt tragisches Fehlurteil

18.5.2020 – Die Hundehalterin war aus eigener Entscheidung und ohne äußeren Zwang in freier Natur unterwegs. Auch ein markierter Wanderweg ist keine Garantie für einen sorglosen Aufenthalt in der Natur.

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Die Verunglückte hatte ihren Hund dabei. Hunde folgen ihren Instinkten wie alle Tiere. Angeleint oder nicht. Und lösen Instinktreaktionen bei anderen Tieren aus. Das wusste die Hundebesitzerin. Die Gefährlichkeit von Mutterkühen, insbesondere auf Almen, ging hinlänglich durch die Medien.

„Mit ihrem angeleinten Hund an den Mütterkühen ging die Hundehalterin zwar nur in einem Abstand von 1-2 m, aber ruhig vorbei, aber kein Reizen iSd § 1320 ABGB.“ Damit negiert der OGH die alleinige Reizung der Mutterkuh durch die Tatsache, dass ein Hund an der Mutterkuh in unmittelbarer Nähe vorbei ging.

Die Hundehalterin provozierte meines Erachtens sehr wohl ein Gefahrenpotential. Noch dazu in ihrer Kenntnis, dass sie durch ein freies Areal mit Mutterkühen ging. Alle Argumente im Urteil gegen den Beklagten können unisono auch der Hundehalterin vorgehalten werden.

„Wenn im Einzelfall eine besondere Gefahrensituation besteht und diese – wie hier – in örtlicher Hinsicht eingegrenzt werden kann, so sind auch im Almgebiet erhöhte Anforderungen an die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung zu stellen und zumutbare zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu fordern.“

Über die Eigenverantwortung beider Parteien findet sich im OGH-Urteil wenig. Der letzte Satz im § 1320 ABGB betreffend Besucher findet meines Erachtens zu geringe Gewichtung im Urteil. Ein tragisches Fehlurteil für einen tragischen Unfall.

Die Tourismusvereine werden vermutlich gemeinsam mit den Viehbauern im Wege der Tourismuskarten, die jeder Urlauber in einer Region erhält, entsprechende Bewegungshinweise und Haftungsausschlüsse statuieren.

Die Attraktivität des Wandertourismus und der Almbewirtschaftung wird sich durch diesen tragischen Einzelfall meines Erachtens nicht ändern. Im Gegenteil. Die Aufmerksamkeit für die gegenseitige Gesundheit wie die Wertschätzung von Bauern und Gästen wird zunehmen.

Walter Michael Fink

walter.fink@RMF.at

zum Leserbrief: „Einzelfallentscheidung mit weitreichenden Folgen”.

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