Schlampige Verhältnisse?

16.7.2012 – Wenn wir den zitierten Anlassfall als „erledigt“ betrachten und uns der dahinterliegenden Problematik zuwenden, zeigen sich Hintergründe und Zukunftsszenarien:

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1) Vor ca. 20 Jahren begann die Branche, vermehrt unter den „Kosten“ des angestellten Vertriebes zu „leiden“. Damit begann das „Aufblühen“ der unabhängigen Berater – Makler, Vermögensberater und (auch) Agenten, welche sich in ihrem Selbstverständnis zumeist ebenfalls unabhängig fühlen.

2) Vor ca. 10 Jahren begann generell das Zeitalter der „EPUs“ – von Ministerien, Kammern etc. auch entsprechend bejubelt. Dass viele dieser neuen Selbstständigen kaum das zweite Existenzjahr erleb(t)en, blieb und bleibt bis heute unkommentiert.

3) Seit ca. 5 Jahren suchen die diversen Sozialversicherungen gezielt nach „Umgehungssündern“. Kooperationen von EPUs (wirtschaftlich und organisatorisch lebenswichtig) werden vor dem Hintergrund von „verdeckten Dienstverhältnissen“ durchsucht.

Aus der Sicht von Unternehmen, welche sich hoher Sozialversicherungsbeiträge entledigen woll(t)en, ist der erste Punkt nachvollziehbar – ob er „gut“ war, darüber lässt sich streiten.

Aus der Sicht der zigtausenden EPUs hat sich die gepriesene oder ersehnte Selbstständigkeit häufig als Rohrkrepierer erwiesen. Den Betroffenen bleiben oft Schulden für viele Jahre. Kein Wunder – lernen doch 99% der Österreicher bis zum Uniabschluss nichts über unser Sozialversicherungswesen, über die wahren Kosten eines Unternehmens, über die Risken des Marktes ... bis zur Verwechslung von Umsatz mit Gewinn. (siehe auch die Diskussion um die Provisionsregelung).

Die Sozialversicherungen registrieren einen an sich konjunkturell und demografisch bedingten zu niedrigen Beschäftigungsgrad und mach(t)en sich auf die Suche. Kein Wunder, dass sie fündig wurden. Österreich ist kein Land für Selbständige. Selbst und ständig arbeiten ist die Devise – dazu kommt noch jahrelange Ungewissheit über Nachbelastungen von Sozialversicherung und Finanzamt.

Mit dem weiteren Andrehen der Abgabenschraube wird man das angepeilte Ziel, mehr Österreicher zur Selbstständigkeit zu bewegen, wohl nicht erreichen. Es wird schon so sein, dass einige findige Köpfe lukrative Lücken finden. Der überwiegendste Teil der Selbstständigen arbeitet über 60 Stunden in der Woche und erzielt ein Jahreseinkommen von weniger als 50.000 Euro (brutto). Das ist keine Behauptung, sondern das sind die Zahlen des Statistischen Zentralamtes.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „Wie beim UFS aus Maklern steuerlich Dienstnehmer wurden”.

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