Richtiger Befund, aber zu wenig „Therapie”

7.8.2023 – Die häufige Behauptung, dass sich „nichts ändert” stimmt nicht. Rechneten vor 40 Jahren noch rund 80 Prozent damit, mit rund 80 Prozent ihres Letztgehaltes in Pension zu gehen, so haben die zahlreichen Pensions„reformen” (Reform: euphemistische Beschreibung einer Verschlechterung) ihre Spuren hinterlassen.

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Nun rechnen mehr als zwei Drittel damit, im Alter keine ausreichende finanzielle Versorgung zu haben! So weit – so schlecht, im doppelten Sinne. Zum einen, weil dieser Pessimismus durchaus berechtigt ist, zum anderen, weil diesem richtigen Befund keine Taten folgen.

Es müsste doch geradezu einen Run auf Pensionsversicherungen geben. Wieso das nicht passiert, ist mir offen gestanden ein Rätsel. Auch die mäßige Rendite vieler Produkte kann es nicht sein ... ist es nach meinen Erfahrungen auch nicht.

Wenn ein ASVG-Pensionist mit beispielsweise 1.800 Euro Nettopension (das ist deutlich über dem Durchschnitt) 200 Euro aus einer privaten oder betrieblichen Vorsorge bekommt, dann ist das oft genau der Unterschied, ob man nur Grundbedürfnisse decken kann oder doch ein paar Mal im Monat insTheater oder fein essen gehen kann.

Und da spreche ich aus der Erfahrung vieler fällig gewordener Verträge. Praktisch kein Kunde diskutiert die Rendite, im Gegenteil. Alle sind froh, durch kleinen Konsumverzicht über viele Jahre dieses zusätzliche Ein- (und Aus-)kommen zu haben ... und zwar lebenslang.

Wieso die Versicherungswirtschaft nicht mehr über dieses „Langlebigkeitsrisiko” informiert, ist mir auch ein Rätsel. Wieso der Staat, der ja nun alles und jedes „fördert”, praktisch nichts für die Förderung der Altersvorsorge unternimmt (es gibt nur mehr die lächerlich halbierte Prämie zur PZV), ist erst recht unerklärlich.

Aber vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Chefin und der Chef der beiden großen Pensionistenverbände selbst eine alte Politikerpension haben? Der HDI ist jedenfalls dazu zu gratulieren, konsequent auf diesem Thema zu bleiben. Nachahmung empfohlen.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@uwf.at

zum Artikel: „Altersvorsorge: Lebensversicherung, Girokonto, Sparbuch”.

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