13.11.2013 – Die Kritik an privaten Vorsorgemodellen ist geradezu eine „Pawlow’scher Sprung“ für viele so genannte Konsumentenvertreter. Zweifellos gab und gibt es sowohl hinsichtlich Gestaltung der Produkte, der Kosten, wie auch mitunter des Vertriebes auch ausreichend Gründe für Verbesserungen.
Woher die radikalen Vertreter des Umlagesystems aber ihre Selbstgewissheit nehmen, ist mir ein Rätsel. Ein paar Fakten:
1) Das System trägt sich eben nicht selbst, sondern benötigt bereits jetzt einen enormen Zuschuss – momentan zirka zehn Milliarden Euro pro Jahr.
2) Demografische und ökonomische Gegebenheiten lassen eher den Schluss auf Verschlechterungen denn Entwarnung zu.
3) Kosten – die Sozialversicherung ist eine Pflichtversicherung, die man folglich weder bewerben muss, keine Vertriebskosten hat und deren Einhebung (mit Strafdrohung bei Fehlern) den Betrieben aufgebürdet ist. Man könnte sagen, „mit voller Hose ist leicht stinken“.
4) Wieso schreien immer gerade jene am lautesten über die tolle ASVG-Pension, die für sich selbst eine andere (=bessere) Pensionsregelung besitzen? Welche Pension der Herr Wohlmuth hat oder erwartet, weiß ich nicht. Aber die der munteren Pensionszwillinge Blecha und Khol kenne ich – ebenso wie die Tatsache, dass beispielsweise die Verwalter des ASVG-Systems für sich selbst ein anderes – beamtenähnliches – Pensionssystem haben.
Es gehört schon eine ordentliche Portion Dreistigkeit dazu, Millionen ASVG-Versicherten mit einer aktuellen Durchschnittspension von 1.400 Euro (für Männer, für Frauen noch deutlich weniger) ständig einzuhämmern, wie gut das System ist, und selbst ungedeckelte Pensionen von vielen tausend Euro im Monat zu haben. Oder Zusatzverträge, die 80 Prozent des Letzteinkommens sichern.
Geradezu bedrückend ist die gesamtwirtschaftliche Blindheit dieser Argumentation. Es ist doch vollkommen klar, dass die Bürger eines Staates im Wesentlichen nur jene Mittel zur Verfügung haben, die in dieser Volkswirtschaft erarbeitet werden.
Das betrifft zu 100% das Umlagesystem, und zu mehr als 75% wohl auch die private Vorsorge, die ja größtenteils aus Sparbüchern, Bausparverträgen oder eben Versicherungen besteht, welche wiederum großteils in Staatsanleihen investiert sind und sein müssen. Das heißt, das ist ein eng verwobenes System.
Nur mit Fondspolizzen kann ich das eigene Staatsgebiet verlassen und entweder erhöhtes Risiko oder auch „fremden” Ertrag aus anderen Volkswirtschaften importieren.
Rudolf Mittendorfer
r.mittendorfer@unabhaengigeswirtschaftsforum.at
zum Artikel: „Ruf nach Gesamtstrategie für die Altersvorsorge”.
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