Kleiner Mann – was nun?

6.8.2014 – Fast alle sorgen (und reißen) sich um die Kleinanleger. Der VKI sieht sich nun offenbar auch genötigt, angesichts der anhaltenden Kaufkraftverluste auf den Sparbüchern eine gewisse Lockerung seiner restriktiven Haltung (Empfehlung Bundesschatzscheine!) vorzunehmen und Fonds bzw. Wertpapiere nicht mehr grundsätzlich als Werk des Teufels zu betrachten.

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Wohl selten war der Kapitalmarkt so orientierungslos und die Ausblicke in die Wirtschaft so unsicher und gleichzeitig der Einfluss der Zentralbanken so groß! Alles Faktoren, die eine sachlich fundierte Prognose und Beratung massiv erschweren.

Wirklich schwer wird es aber, wenn man die Kenntnisse der Österreicher betreffend Finanzwissen heranzieht. Machen Sie sich die Mühe – fragen Sie 20 Menschen in Ihrer Umgebung nach der Höhe des BIP, des Bundesbudgets, der Staatsschulden, des Defizits, der Rendite von Staatsanlei(c)hen (zum Beispiel D,A, Sp, F, ... USA), der Inflation. Und dann noch, was eine Duration ist, was es beispielsweise für Anleihen bedeutet, wenn die Zinsen steigen oder fallen, oder welcher Unterschied zwischen normalen und nachrangigen Anleihen besteht. Vielleicht noch Begriffe wie Sekundärmarkt- oder Dividendenrendite, KGV oder ein paar Definitionen verschiedener Fonds.

Nun – ich darf das Ergebnis ein wenig vorwegnehmen – werden Sie ein veritables Fiasko erleben und die Kunden über Fachbegriffe und volkswirtschaftliche Zusammenhänge schulen dürfen. Am Ende wird der Gesprächspartner kein Kunde mehr sein – aber in Kürze irgendetwas (beispielsweise ein „Sparbuch“, welches im ersten Jahr 4% Zinsen bringt, dafür aber dem Anleger das komplette Kapitalmarktrisiko umhängt) bei der Bank abschließen.

Kennen Sie alles schon? Kein Wunder – die Politik der letzten zehn Jahre treibt die Sparer geradezu in die Hände der Banken; Instrumente dazu gibt es zur Genüge, wenn nicht, schafft man sie.

Fazit – solange der Staat nicht dafür sorgt, dass seine Bürger vom Kindergarten weg mit Finanzwissen ausgestattet werden, sind diese mehr oder weniger hilflos den verschiedensten Empfehlungen und Verlockungen ausgeliefert. Wertpapiere, Fonds, Aktien ... das ist alles wichtig. Aber solange die überwältigende Mehrheit der (präsumtiven) Kunden das Einmaleins des Kapitalmarktes nicht kennt, sollte auch der VKI mit Empfehlungen vorsichtig sein.

Zeit wäre es, Finanzwissen massiv ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Wieso dies nicht längst passiert, wäre zu hinterfragen. Will man denn nicht immer mündige Bürger?

Rudolf Mittendorfer

r..mittendorfer@unabhaengigeswirtschaftsforum.at

zum Artikel: „VKI auf der Suche nach Alternativen zum Sparbuch”.

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