Kein Wunder, dass sich ein Banker derartiges wünscht

6.6.2012 – Es mag schon sein, dass es richtig(er) wäre, alles dem Markt oder den Wünschen der Teilnehmer zu überlassen – und alles regelt sich bestens von selbst. Das heißt, dass jeder weiß, ob er im Restaurant rauchen soll, während ein anderer isst, oder man auf der Autobahn nur 130 fährt, auch wenn man 520 PS unterm Hintern hat. Und dass sich die Banken weltweit und auch in Österreich so verhalten, dass weder Kunden über den Tisch gezogen werden (beispielsweise mit Garantieprodukten, bei denen der Gewinner schon im voraus feststeht) noch jemals Staatshilfe benötigt wird – welche ja der Steuerzahler zu berappen hat. Ein wahres Paradies! Keinerlei Regulierungen, alles wird von selbst gut.

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Dass sich ein Banker derartiges wünscht, wird keinen wundern, der die letzten Jahre im Markt war, und dass Banken bei der Zukunftsvorsorge einen untergeordneten Marktanteil haben und deren Produkte mit einer Ausnahme grandios ausgestoppt waren und sind, hat mit der geäußerten Meinung sicherlich auch nichts zu tun.

Wahr ist aber vielmehr Folgendes: Die Vergangenheit hat bewiesen, dass Deregulierung am Finanzmarkt ein Desaster mit existenzbedrohenden Folgen für die gesamte Weltwirtschaft gebracht hat. Die Vergangenheit hat jedenfall in Österreich bewiesen, dass staatliche Lenkungsmaßnahmen notwendig sind. Österreicher kaufen nun einmal steuerlich begünstigte Produkte, und daher sollte der Staat für vollkswirtschaftlich und sozial sinnvolle Vorsorgeprodukte auch Förderungen geben.

Der Wunsch, das staatliche Pensionssystem könnte von selbst wieder auf Schiene kommen, ist gelinde gesagt drollig. Die fehlenden künftigen Beitragszahler, die wir dazu bräuchten, müssten ja schon auf der Welt sein, aber statt einer Geburtenraten von 2,1 haben wir seit Jahrzehnten eine unter 1,5.

Womöglich könnte man das teilweise über ein besonders hohes Wirtschaftswachstum, verbunden mit Verlängerung der echten Lebensarbeitszeit kompensieren. Beides ist nicht einmal am Horizont zu erkennen, und jeder halbwegs realistische Betrachter wird wohl wissen, dass es auch nicht zu erwarten ist.

Der zitierte Bankvorstand weiß das wohl alles – warum also diese Aussagen? Könnte es sein, dass spargeförderte Versicherungsprodukte für die Bank eine untergeordnete Rolle spielen und eher als Konkurrenz für die sonstigen Bankgeschäfte betrachtet werden?

Kontoüberziehungen mit 14,5% sind ein besseres Geschäft als eine Versicherungsprovision. Die nimmt man allerdings auch – und presst nach wie vor zu Krediten Er- und Ablebenspolizzen.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „„Halte nichts von neuen steuerlichen Incentives für Altersvorsorge“”.

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