Innovation als Selbstzweck?

23.3.2015 – Den Worten von VD Sturn ist absolut beizupflichten. Den Verantwortlichen in EU und USA schweben offenbar nach wie vor jene Ideen vor, die ihnen von den Lobbyisten der großen weltweiten Player geflüstert werden.

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Wieso kann man nicht einfach ein bewährtes System – ich meine das europäische Versicherungssystem – in Ruhe lassen? Weitestgehend zufriedene Kunden, keine Konkurse, keine notwendigen Staatshilfen -- sind das die Ingredienzen, die unbedingt nach „Innovationen“ schreien?

Die „Innovationsfreude” den Bankensektors hat zu immer neuen Derivaten geführt und letztlich konnte der Kollaps der Weltwirtschaft, der aus dem Scheitern dieser hemmungslosen Finanzpolitik folgte, nur mit astronomischen Staatshilfen verhindert werden – womöglich sogar nur verzögert, denn ausgestanden ist die Sache längst nicht.

Manchmal hilft ein Blick in andere Branchen. Die Landwirtschaft hat Jahrtausende funktioniert, weil man dem Boden das, was durch Ernte entnommen wurde, durch Düngung wieder zuführte. Das heißt, die Bauern mussten sich einer nachhaltigen Wirtschaft bedienen, um die Grundlagen ihrer Existenz nicht zu zerstören.

Die „Innovation“ Kunstdünger steigerte die Erträge und machte die Viehhaltung in riesigen Flächen unnötig. Stattdessen konnten gigantische Kornfelder geschaffen werden. Die Folgen der Monokulturen und der Überdüngungen (Grundwasser) sind bekannt. Nebenbei hat man durch hybrides Saatgut weltweite Abhängigkeiten erzeugt.

Beim Fischfang passierte dasselbe. „Innovative“ Fangtechniken führten zum Leerfischen der Meere und der unerwünschte „Beifang“ vernichtet auch jene Bestände, die so nebenbei in die kilometerlangen Netze gehen.

Diese Vergleiche zeigen doch, wohin die Hybris der Innovation gehen kann. Es ist ein Unsinn, Veränderungen um jeden Preis, geradezu zwangshaft, herbeiführen zu wollen. Es gibt schlichtweg Dinge, die ihre Entwicklung abgeschlossen haben und funktionieren. Wie ein Hammer auszusehen hat, damit er gut in der Hand liegt und funktioniert, das weiß man und ist millionenfach erprobt. Wie man ein Risikokollektiv bildet ebenfalls.

Innovation bildet sich von selbst heraus, wenn es Bedarf gibt. Legistisch-organisatorisch ständig Veränderungen zu erzwingen, mag für manche Gruppen als Geschäftsmodell dienen – aber bringt es der Allgemeinheit etwas?

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@uwf.at

zum Artikel: „Zwei Seelen in der Brust der Versicherungswirtschaft”.

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