Gescheiterte Allfinanzkonzepte

27.5.2010 – Dass der Makler der „Wächter des Marktes“ ist, sagte der frühere EU-Vizepräsident Lord Brittan schon 1990. Der war ein veritabler Wirtschaftsliberaler und ging als Brite von einem einigermaßen entwickelten Finanzsystem aus. Dieses ist in Österreich aber nicht gegeben, weil Geldgeschäfte (inkl. Versicherungen) seit Jahrhunderten (kanonisches Zinsverbot) für ehrenwerte Christenmenschen verboten waren.

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Dass sich in diesem Umfeld der Maklerstand zur heutigen Größe entwickeln konnte, ist schon ein kleines Wunder und unter anderem mit den angeführten Kosteneinsparungen der Versicherungen (=Entsorgung des Außendienstes) zu begründen. Nun besinnt man sich rück – die leichtere Vertriebssteuerung des Außendienstes mag ein Motiv dafür sein. Das können wir zwar kommentieren, ist aber zweifellos legitim und in Wirklichkeit Teil einer diversifizierten Vertriebsstruktur.

Wo die Ordnungspolitik gefordert wäre, das ist die Positionierung der Banken. „Too big zu fail“ dürfte es nicht mehr geben. Somit wäre die Zerschlagung von für die jeweilige Volkswirtschaft zu großen Instituten ein unbedingtes Erfordernis. Das wurd von namhaften Experten auch in den USA längst gefordert. Gleichzeitig müssen die Universalbanken verboten werden. Von konservativen Nobelpreisträgern bis zu Attac wird dies gleichermaßen als notwendig erachtet.

Der Kredit, der nur bei Abschluss bestimmter Versicherungen (bankeigene natürlich) vergeben wird, die Kontoüberziehung, die bei Abschluss eines Bausparvertrages genehmigt wird, der Informationsvorteil aus der Kontoführung, der zu systematischer Ausspannung führt, und die Fehlberatung zu hauseigenen Produkten unter dem Mäntelchen der vorgeblichen Unabhängigkeit -- das alles wäre mit einem Schlag behoben.

Was lässt sich leichter belegen? Der ehemalige Slogan „durch die Bank besser“ – oder das Gegenteil? Die Zukunft gehört Experten – und Banken sind per se jedenfalls keine im Versicherungsgeschäft.

Die Allfinanzkonzepte sind weltweit gescheitert, und es wäre hoch an der Zeit, dass diese Erkenntnis auch in legistische Schlußfolgerungen mündet.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Leserbrief: „Der Maklerstand soll umgebracht werden”.

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