Erstaunliche Zeichnungsfreudigkeit, fragwürdige Wünsche

23.3.2011 – Die Tonlage der Kritik am Versichererverhalten in diesem Test suggeriert ein falsches Bild. Natürlich ist eine verbesserte Kundenkommunikation in einer Dienstleistungsbranche wünschenswert. Es besteht aber eben kein Anspruch auf eine Begründung der Nichtannahme eines KV-Antrags. Außerdem wird mit zweierlei Maß gemessen: Ich vermute einmal, dass umgekehrt die AK nicht vertritt, dass der Anfrager begründen müsse, warum ER (zum Beispiel hier der Tester) ein Angebot nicht annimmt.

WERBUNG

Zur Klarstellung, vieles in den Krankenversicherungs-Annahmeprozessen ist verbesserungswürdig (gilt ebenso für BU, BUfT, RLV). Es geht nicht darum, die Versicherer zu „verteidigen“, sondern die korrekten Maßstäbe anzulegen – und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Insofern ist bei diesen konkreten Anfragen erstaunlich, dass die Versicherer überhaupt so zeichnungsfreudig waren. Dies deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. Und es ist auch höchst fragwürdig, sich die unkritischere Aufnahme von (schwer)kranken Personen in ein Kollektiv zu wünschen, in dem sich andere mit gesundem Zustand versichern haben lassen und für unverhältnismäßige Prämienerhöhungen wohl kein Verständnis hätten.

Inhaltlich völlig meine Zustimmung hat nur die Schlussaussage, dass dieser Bereich für einen unabhängigen Makler eine echte Dienstleistungsnische darstellen kann, wo individuelle Risikoprüfung auch real betrieben wird und nicht in Standardtarifen und automatischer ungeprüfter Server-Polizzierung aufgegangen ist.

Nicht zu unterschätzen ist aber der Aufwand, um die von der AK hier angesprochene Dienstleistung, real zwischen allen Versicherungsanbietern auszuwählen, auch wirklich umzusetzen. Aufgrund der individuellen Risikoprüfung muss dafür de facto immer eine „Gesamtmarktanfrage“, also eine Parallel-(Probe-)Beantragung an alle in Frage kommenden Anbieter erfolgen. Die investierte Zeit je Vertrag ist enorm, und der Prozess ist nur mit ausreichend fachkundigem Personal und umfangreicher technischer Unterstützung zu bewerkstelligen. „Massentauglich“ ist das in einem Umfeld, in dem man gefragt wird, warum das der Kunde nicht einfach mit dem Kredit bei der Bank abschließen soll, definitiv nicht.

Marcel Mittendorfer

m.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „Sieben Krankenversicherer auf die Probe gestellt”.

Ihr Wissen und Ihre Meinung sind gefragt

Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.

Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.

Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.

weitere Leserbriefe
23.3.2011 – Winfried Kaune zum Artikel „Sieben Krankenversicherer auf die Probe gestellt” mehr ...