Entschiedene Ablehnung

12.8.2010 – Ich darf vorweg sofort klar stellen, dass ich eine äußerst kritische und ablehnende Haltung zum Thema Honorare habe. Ich sehe darin eine Entwicklung, die ich für unseren Berufsstand als sehr bedenklich einstufe. Begründen darf ich das folgendermaßen: 1. Auch die Provision, und zwar sowohl die Erst-, als auch die Folge- oder Betreuungsprovision ist ein Honorar, das der Kunde zahlt. Es ist ein Prozentsatz der Nettoprämie oder der Netto-Prämiensumme (Lebensversicherung), der in der Prämie kalkuliert ist. Der Versicherer hebt die Prämie inklusive der kalkulierten Provision ein und sorgt für eine pünktliche Überweisung auf die Konten der Versicherungsmakler.

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Das Argument, dass wir nicht vom Kunden sondern vom Versicherer bezahlt werden, ist einfach falsch. Richtig ist, dass der Versicherer unsere Provision vom Kunden kassiert und an uns pünktlichst überweist. Der Makler wird also nicht vom Versicherer, sondern vom Kunden bezahlt. Natürlich klingt es vor allem in den Ohren der Konsumentenschützer gut, wenn man hinausposaunt: Der Makler soll sich doch sein Honorar mit dem Kunden ausmachen, er ist doch sein rechtlicher Vertreter. Klingt auch logisch. Wird offensichtlich auch von einigen Kollegen unseres Berufsstandes gerne angenommen. Ob aus Unerfahrenheit oder sonstigem Übermut kann und will ich hier nicht beurteilen. In der Praxis würde es wohl dazu führen, dass ein überwiegender Teil der österreichischen Maklerschaft nicht mehr existenzfähig wäre.

Man stelle sich einmal vor: Ein durchschnittlicher Maklerbetrieb müsste Jahr für Jahr tausende Honorare kassieren. Man stelle sich einmal diesen Aufwand vor, der vor allem dann beginnt, wenn kein Geld einlangt. Was tun dann die Kollegen? Klagen? Abschreiben? Oder ein Inkassobüro einsetzen? Unsere Kollegen am Land werden bei dem Gedanken (man möge mir meinen Zynismus verzeihen) wohl echte Glücksgefühle entwickeln. Ein Honorar muss erläutert, verkauft und verdient werden. Der Kunde will einen Gegenwert sehen. Das ist im Bereich der Sachversicherung durchaus möglich, wie soll das in der Personenversicherung funktionieren?

Wie viel Beratungsaufwand, sprich Beratungsstunden können sie wohl verrechnen? Zwei, drei, vier Stunden? Mehr wohl kaum. Vielleicht zahlt noch jemand die An- und Abreise. Ich denke, jeder kann sich ausrechnen, wie groß der Unterschied zu unserem heutigen System ist. Übrigens, gerade in der Lebensversicherung zahlen wir in den ersten fünf Jahren die Provision anteilig im Stornofall zurück. Würden die Kollegen auch ihr Honorar anteilig zurück zahlen?

Noch ein Aspekt: Fast alle Versicherungsverträge sind mit Wertanpassungsklauseln versehen. Das heißt, die Provision steigt im selben Verhältnis Jahr für Jahr mit. Versuchen Sie das doch einmal einem durchschnittlichen Kunden zu verkaufen oder anders gefragt: Das wollen wir wirklich aufgeben? Zur Klarstellung: Ich spreche nicht vom Industriekunden. Das ist eine ganz andere Welt.

Nun zu uns selbst. Es gibt heute bereits nette Kollegen, die zu Gemeinden oder zu Betrieben gehen und Provisionen weitergeben, natürlich nicht als Provision, aber als Sponsorbeiträge, Werbebeiträge etc.. Frage an alle Makler, die ordentlich und gewissenhaft Ihre Arbeit verrichten: Können Sie sich vorstellen, dass es dann Kollegen gibt, die Ihre Arbeit um das halbe Honorar oder vielleicht in dem einen oder anderen Fall es überhaupt umsonst machen, nur um ins Geschäft zu kommen?

Noch ein letzter Aspekt: Es ist verdammt schwer, zeitaufwändig und extrem arbeitsintensiv, einen florierenden Maklerbetrieb aufzubauen und diesen auch so zu konsolidieren, dass er über Jahrzehnte bzw. vielleicht auch über Generationen Bestand hat. Aber einen Vorteil haben wir und dieser ist unschätzbar: Wir haben erstklassige Schuldner, nämlich die Versicherungsgesellschaften. Jeden Monat bekommen wir verlässlich unsere Provision vom Kunden. Dafür sorgen die Versicherungsgesellschaften und.. es geht noch weiter, sie klagen diese, wenn erforderlich auch ein, ohne dass wir einen schwarzen Fleck auf unserer Weste haben. Jeder Maklerbetrieb, der ausbauen, investieren oder einfach nur kurzfristig einen erhöhten Geldbetrag benötigt, wird bestätigen welch unglaublicher Vorteil die regelmäßige Zahlung der Provisionen durch die Versicherer darstellen im Gespräch mit der Bank. Ein Makler wird nicht schnell reich, aber wenn er es geschafft hat, dann geht es ihm gut.

Und dafür verantwortlich ist nicht nur unser Fleiß, unser Verkaufsgeschick und was weiß Gott noch, sondern vor allem das System in dem wir derzeit arbeiten. Wer das nicht erkennt, der ist mit Blindheit geschlagen. Persönlich hoffe ich nur, dass der Großteil der Maklerschaft – meistens ist es die schweigende Mehrheit – meine Auffassung vertritt, sonst Gute Nacht. Vielleicht gehen die Uhren in Vorarlberg anders. Ich glaube nur, dass 150 Kunden und 30 Honorarvereinbarungen dafür kein Beweis sind. Ich wünsche dem Kollegen viel Glück und Erfolg.

Werner Gally

werner@gally.at

zum Artikel: „„Überrascht, wie gut Honorarberatung funktioniert“”.

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