13.8.2013 – Hatten wir nicht einen Wirtschaftsminister, der alle Gewerbeschranken beseitigen wollte, weil das ja alles nur dem Wettbewerb hinderlich sei? Das amerikanische Motto – jeder darf alles, der Markt regelt alles? Und wo es zu Schäden kommt, regelt eben das Gericht!
Nun, das Ergebnis unserer tollen Neoliberalisierer kann sich sehen lassen, fürwahr. Wir hatten in unserer Branche (Makler, Agenten und FDL) eine explosionsartige Vermehrung der GS, was manche in der WKÖ sehr freute, denn mehr Mitglieder bedeutet ja nicht nur mehr Geld, sondern steigert auch die Bedeutung der „Häuptlinge“.
Ob diese Betriebe lebensfähige Umstände vorfinden, wie hoch die jährlichen Dropouts sind, welchen wirtschaftlichen und persönlichen Kollateralschäden diese gescheiterten Unternehmerexistenzen begleiten, wird weder untersucht, noch hat es Auswirkungen auf die (Kammer)politik.
Noch immer werden GS von BHs und Magistraten verschleudert, anders ist nicht zu erklären, dass in vielen Bundesländern der Prozentsatz jener, die durch Prüfung zum Gewerbe kommen, mitunter sogar einstellig ist. Wieso die Verantwortlichen in den Fachgruppen nicht vehement dagegen auftreten, lässt sich interpretieren. Ignoranz und Wurschtigkeit wären Möglichkeiten, ich fürchte aber „berechnendere“ Motive.
Wohin es führt, wenn ungeeignete Personen in großer Zahl in die Branche gelotst werden, zeigt die Zertrümmerung der Finanzdienstleistungsbranche, in der die Banken das Ruder wieder komplett übernommen haben.
Und es zeigt sich in den verheerenden betriebswirtschaftlichen Zahlen, die dieser VJ-Artikel auch vor Augen führt. Ein Berater in unserer anspruchsvollen Branche, mit dem seit Jahren anhaltenden Innovations- und Investitionsdruck, mit den steigenden Kosten, und das alles in einem sinkenden Markt, muss wahrlich in Drachenblut gebadet haben – oder er hat eben altersbedingt keine Alternative mehr.
Aber für die Zukunft gibt die Situation Anlass zu größter Sorge. Wie sollen wir hochqualifizierte Menschen in die Branche bekommen, wenn der Durchschnittsumsatz unter 50.000 Euro liegt? Nicht einmal der Konsumentenschutz kann sich das wünschen!
Und die gut organisierte Finanzindustrie lagert seit Jahr und Tag vermehrt Kosten an die Vermittler aus. Die ächzen und stöhnen zwar, finden aber keine koordinierte Gegenstrategie. Daher suchen immer mehr (wohl zu Recht) ihr Heil in Kooperationen. Eine Branche ohne geeigneten Nachwuchs stirbt – und somit fehlen auch die Käufer für die etablierten Betriebe.
Rudolf Mittendorfer
r.mittendorfer@unabhaengigeswirtschaftsforum.at
zum Artikel: „Kostenschere zwischen Beratern und Produktgebern”.
Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.
Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.
Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.