Die 12-stündige Untersuchungsnacht im Gefängnis fehlt noch

30.5.2011 – Low interest oder no interest – wohin geht der Weg? Eine bekannte Branchengröße hat vor zirka 20 Jahren Versicherungen als „no interest“-Produkte bezeichnet und wohl damit recht gehabt.

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Abgesehen von all den richtigen Kommentaren zur trefflichen Analyse des Helmut Tenschert sollten wir unsere Branche einfach im Kontext mit anderen sehen. Man betrachte die Werbung für Autos – da geht es selten darum, real vorzuzeigen, wie man vom Ort A zu B kommt. Es geht um die Vorspiegelung eines bestimmten Lebensgefühles. Oder geht noch jemand in einen der vielen Gourmettempel, weil er Hunger hat? Nein – es geht um das Genusserlebnis, um die Tagesverfassung des jeweiligen Starkochs und dergleichen mehr. Ich erspare mir eine (Be)wertung, erlaubt ist, was gefällt, solange andere damit nicht beeinträchtigt werden.

Versicherungen waren bis zum EWR in Österreich eine langweilige Angelegenheit. Die Behörde hat Tarife genehmigt, die Versicherungen haben sie angeboten, die jeweiligen „Vermittler“ mit teils unterschiedlichen Rabatten „verkauft“.

Das hat sich alles gravierend verändert; fast alles ist erlaubt und deckungsgleiche Produkte gibt es kaum mehr. Die Anstalten versuchen mit immer ausufernderen und teils absurden Zusatzleistungen das Versicherungsprodukt unter einer immer intransparenteren Verpackung verschwinden zu lassen – und unvergleichbar und unvergleichlich zugleich zu werden. Das passiert so gut wie in allen Massensparten wie Eigenheim/Haushalt, Kfz oder Kranken. Ich warte nur noch auf die Verlosung einer 12-stündigen Untersuchungsnacht im Gefängnis bei RS-Polizzen oder das Probeliegen am Zentralfriedhof für Lebensversicherungen.

Ja – wir bewegen uns von den existenziellen Grundlagen unseres Lebens immer mehr weg. Ob das gut ist, darf bezweifelt werden, denn wenn es hart auf hart geht, braucht man klare Leistungen eines verlässlichen Partners und keine weitläufigen Wohlfühloasen alle 2 oder 3 Jahre.

Im Lebensmittelbereich hüpfen einige den Slogan „zurück zum Ursprung“ schon vor – aber bekanntlich lassen sich Entwicklungsschritte schwer überspringen. Meistens muss es zuerst (noch) schlechter werden, bevor es besser werden kann.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „„Alles soll versichert sein, am besten zum Nulltarif“”.

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