Bevormunden oder ausbilden?

13.10.2010 – Ich habe noch nie gehört, dass es je einen Vorwurf gegeben hätte, wenn ein junger ungebildeter Mensch einen Ferrari kauft und sich womöglich damit (oder andere) verletzt. Weder die Autofabrik noch der Autoverkäufer werden dafür verantwortlich gemacht. Desgleichen kenne ich keine derartigen Vorwürfe gegen komplizierte technische Geräte, deren schwachsinnige Übersetzungen in der Bedienungsanleitung niemand lesen kann. Oder etwa gegen die Schweinezüchter, deren Produkt der gesamten Gesellschaft doch erhöhte Blutfette und Cholesterin anhängt.

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Es ist schon in Ordnung, dass man mündige Bürger will und dass diese auch korrekt informiert gehören. Wenn man das aber konsequent in allen Lebensbereichen umsetzen würde, müsste man einen erheblichen Teil der Bevölkerung von bestimmten wirtschaftlichen Entscheidungen ausschließen. Das wird sich aber politisch – und wirtschaftlich – kein Verantwortlicher sagen trauen.

Wenn nun gerade heute im VJ berichtet wird, dass die Hälfte der Bevölkerung mit dem Begriff BIP nichts anfangen kann oder ein Drittel nicht weiß, was Zinsen sind, dann frage ich mich, wie ein Beipackzettel für Finanzprodukte Sinn machen soll? Das wäre dann fast so, als würden die Beipackzettel für Medikamente in Latein geschrieben sein.

Solange im gesamten Schulwesen die Mehrzahl der Lehrer von wirtschaftlichen Zusammenhängen selbst keine Ahnung hat und diese in der Lehrplänen auch nicht vorkommen, werden die besten Beipackzettel sinnlos bleiben.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „„Beipackzettel“ für komplexe Produkte”.

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