Allfinanz vs. Spezialisierung und Haftung

24.3.2020 – Zunächst Gratulation an Riskine zur Preisverleihung.

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Es würde mich interessieren, worauf die Feststellung, dergemäß der„ Trend zum Berater in Finanz-und Versicherungsfragen geht”, fußt? Ist das der empirisch nachgewiesene Wunsch der Konsumenten, einen Berater für alles und jedes zu haben? Das könnte ich gut nachvollziehen. Ich hätte das auch gerne.

Vor einigen Tagen wollte ich von meinem „Standardanwalt” eine an sich einfache Familienrechtsfrage beantwortet haben. Das hat dieser dezidiert abgelehnt, zwei weitere auch, ich wurde an Spezialisten empfohlen.

Selbiges passiert seit vielen Jahren auch bei anderen wissensbasierten Beratungsberufen wie Ärzten und Wirtschaftstreuhändern. Der Grund liegt zum einen im jeweils explodierenden Fachwissen, zum anderen in der immer heftigeren Haftungsthematik.

In der Finanz-und Versicherungswelt gab es nach meiner Erinnerung – und die geht weit zurück – die einigermaßen kompletten Generalisten bis Mitte/Ende der Achtzigerjahre. Damals wähnte ich mich im Bereich Versicherungen, Vermögensberatung und Finanzierungen selbst noch weitestgehend „firm”.

Das hat sich geändert – nicht nur in meinem Unternehmen, sondern praktisch überall. Man braucht sich nur die gewerberechtliche Zersplitterung bei den Finanzdienstleistern anschauen. Alleine die Vielzahl der Bezeichnungen – verbunden mit entsprechenden Schulungsnachweisen an die FMA zeugt davon.

Aber selbst wenn ich „NUR” Versicherungsmakler bin, halte ich die Akkumulierung des notwendigen Wissens in einer Person über alle Sparten für unmöglich.

Da werden noch so gute Softwarelösungen (die gibt es auch für andere Berufe) nichts daran ändern – ich muß ja mehr wissen als der Kunde, der womöglich denselben digitalen Zugang hat, und ich brauche Praxis, um wirklich belastbaren Rat geben zu können. Dazu wiederum braucht man den Erfahrungsschatz gleichartiger Fälle. Eben genau wie bei Ärzten, Anwälten und Wirtschaftstreuhändern.

Der Wunsch des Kunden nach der „allwissenden Müllhalde” in Form eines sympathischen Beraters, dem man noch dazu vertraut, in Ehren – ich halte ihn für unerfüllbar. Und nebstbei im Widerspruch zu allen gewerberechtlichen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte.

Rudolf Mittendorfer

r.mittendorfer@verag.at

zum Artikel: „Riskine-Chef sieht klaren Trend zum Allfinanz-Dienstleister”.

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