20.1.2025 – Viele Teams in den Unternehmen stehen aktuell vor der Herausforderung, sich selbst und ihre Zusammenarbeit neu zu definieren, um ihre Leistungsfähigkeit zu bewahren. Das ergab eine Befragung von Personalverantwortlichen durch die Unternehmensberatung Kraus & Partner. Von Georg Kraus und Andreas Schwarzenhölzer.
Teamarbeit ist in den meisten Unternehmen gängige Praxis. Für das Gros von ihnen gilt: Zumindest die Kernleistungen ihrer Organisation werden heute weitgehend in bereichs- oder zuweilen sogar unternehmensübergreifender Teamarbeit erbracht. Deshalb erachten viele Unternehmen das Verbessern der Teamarbeit als einen zentralen Schlüssel zum Erhöhen ihrer Performance.
Dies war für die Unternehmungsberatung Kraus & Partner der Anlass, in einer Befragung von Personalverantwortlichen zu erkunden,
An der Online-Befragung, die der Untersuchung zugrunde liegt, nahmen 71 Personalverantwortliche von Konzernen und größeren mittelständischen Unternehmen teil. Zudem wurden mit 34 Befragungsteilnehmern vertiefende narrative Interviews geführt, um die statistischen Daten der Online-Befragung mit Leben zu füllen und Einblicke in die Teamarbeit im Betriebsalltag zu gewinnen.
In der Online-Befragung wurden die Personalverantwortlichen unter anderem gebeten, auf einer Skala von 1 bis 10 die aktuelle Performance ihrer Teams zu bewerten – „unter Berücksichtigung solcher Aspekte wie Effizienz, Zusammenarbeit, Problem-/Konfliktlösung“.
Das Ergebnis war: Die Team-Performance wird von den Befragten gemittelt mit etwa zwei Dritteln des Maximalwerts (6,58 von 10) bewertet.
Dies lässt die Schlussfolgerung zu: Die meisten Unternehmen haben bereits eine recht hohe Routine in der Teamarbeit entwickelt; bei der Performance ihrer Teams besteht aus Sicht der Personalverantwortlichen aber noch Luft nach oben.
Das Gros der Befragten ist zudem der Auffassung, dass die Teammitglieder ihre individuelle und kollektive Leistung weitgehend realistisch einschätzen (Mittelwert: 6,07). Dies deutet auf einen recht hohen Reifegrad der Teammitglieder hin; außerdem auf ein bei ihnen vorhandenes Bewusstsein, dass
Auffallend hierbei ist jedoch, dass die Befragungsteilnehmer die Qualität der „Tools“ in ihrem Unternehmen zum objektiven Beurteilen der Leistung von Teams nur mit einem Mittelwert vom 4.31 bewerten.
Das deutet daraufhin, dass die meisten Führungskräfte faktisch keine objektiven Kriterien zum Beurteilen der Teamleistung haben, sondern hierbei weitgehend auf ihre subjektive Wahrnehmung vertrauen. Dies bestätigten die narrativen Interviews. In ihnen äußern viele Befragte, beim Bewerten der Teamleistung sei oft „viel Gefühl“ im Spiel.
Als die zentralen Einflussfaktoren für die Performance von Teams erachten die Befragungsteilnehmer die Führung und Unternehmenskultur. Auffallend dabei ist, dass die Relevanz der Unternehmenskultur (Mittelwert: 8,76) sogar als höher als die der Führung (8,20) eingestuft wird.
Dieser Befund bedarf einer näheren Betrachtung, weil der Begriff Team im Unternehmenskontext nicht eindeutig definiert ist, wie die narrativen Interviews zeigten.
Er bezeichnet zum einen im alltäglichen Sprachgebrauch die Mitarbeiter zum Beispiel eines Bereichs oder einer Abteilung, die unmittelbar einer Führungskraft unterstellt sind; zum anderen aber auch die Mitglieder der abteilungs- oder bereichsübergreifenden Projekt- und Arbeitsteams, die gemeinsam eine für den Unternehmenserfolg relevante Leistung erbringen.
Da die letztgenannten Teams, auf deren (Zusammen-)Arbeit die Führungskräfte nur bedingt einen Einfluss haben, im Betriebsalltag eine immer größere Bedeutung haben, gewinnt auch die Unternehmenskultur für die Team-Performance an Relevanz. Denn diese Projekt- und Arbeitsteams bestimmen ihr Vorgehen und die Regeln für ihre (Zusammen-)Arbeit weitgehend selbst. Dabei werden sie selbstverständlich auch von ihrem Umfeld beeinflusst. Das heißt, gehen von ihm die Teamarbeit stimulierende Signale aus, wirkt sich dies auch positiv auf die Teamleistung aus.
Bemerkenswert in diesem Kontext ist, dass die Befragungsteilnehmer den Teams in ihrer Organisation nur leicht überdurchschnittliche Fähigkeiten zur Konfliktlösung bescheinigen (Mittelwert: 5.93).
Die narrativen Interviews zeigen jedoch: Diese tendenziell negative Bewertung bezieht sich primär auf die bereichs- oder gar unternehmensübergreifenden Arbeits- und Projektteams, deren Mitglieder häufig weitgehend virtuell zusammenarbeiten.
Bei ihnen scheint die Faustregel zu gelten: Je mehr Bereiche und somit partiell unterschiedliche Interessen und Sichtweisen in die Teamarbeit involviert sind, umso größer ist das Konfliktpotenzial und umso geringer ist die Fähigkeit der Teams, Konflikte eigenständig zu lösen – auch weil dann, wie ein Befragungsteilnehmer dies formulierte, nicht selten eine Führungskraft fehlt, die die Teammitglieder „dazu nötigt, sich mit den Verhaltensweisen zu befassen, die die Performance schmälern“.
Als den zentralen Faktor für eine effektive Teamarbeit erachten nahezu alle Befragten „wechselseitiges Vertrauen“ – und zwar sowohl bei den unmittelbar einer Führungskraft unterstellten Mitarbeiterteams als auch den bereichsübergreifenden Projekt- und Arbeitsteams.
Als weitere wichtige, die Team-Performance stimulierende Faktoren werden häufig genannt:
Bei den vorgenannten Faktoren handelt es sich weitgehend um solche, deren Relevanz für das Funktionieren von Teams seit Jahren bekannt ist. Auffallend ist jedoch, dass die Befragungsteilnehmer in den narrativen Interviews immer wieder darauf verweisen, dass sich die Rahmenbedingungen der Teamarbeit in ihrer Organisation in den letzten Jahren massiv verändert haben.
Dabei gilt es zwei Dimensionen zu unterscheiden.
Dies führt nicht selten dazu, dass Teams, die sich bereits in der „Performing-Phase“ befinden (siehe Kasten „Die vier Phasen der Teamentwicklung“) wieder in die „Norming-Phase“ oder gar „Storming-Phase“ zurückgeworfen werden. Das heißt, sie müssen erneut solche Fragen klären wie:
Hiermit adäquat umzugehen, fällt insbesondere vielen bereichsübergreifenden Teams offensichtlich schwer – auch weil ihren Mitgliedern bewusst ist, dass hieraus Konflikte resultieren, die die Harmonie im Team stören. Deshalb stellen sie sich diesen Fragen oft eher zögerlich, auch weil in diesen Teams häufig ein zentraler Treiber fehlt, der sie zur Beschäftigung mit ihnen zwingt.
Zugleich sehen sich noch viele Führungskräfte, da sich ihre Teams (unter anderem durch das verstärkte Arbeiten im Homeoffice) in Richtung hybride Teams verändert haben, mit der Herausforderung konfrontiert, ihr Führungsverhalten teilweise neu zu justieren, da sie oft selbst spüren: Unter dem weitgehend virtuellen Kontakt leiden die vertrauensvolle Beziehung im Team und der Teamspirit. Auch dies wirkt sich auf die Funktionalität der Teams aus.
Dies dürfte auch ein zentraler Punkt sein, warum in den narrativen Interviews auffallend viele Befragungsteilnehmer die aktuelle Zusammenarbeit in ihrem Team mit solchen Worten bzw. Aussagen wie „Durchwursteln“ und „Man tut, was man kann“ beschreiben.
Das heißt, sie spüren selbst, dass aktuell aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen die Zusammen- bzw. Teamarbeit auf ein neues Fundament gesetzt werden müsste. Zugleich fehlt ihnen hierfür aber außer der nötigen Energie oft auch das erforderliche Know-how. An diesem Punkt wünschen sich denn auch viele mehr Unterstützung seitens der Unternehmensleitungen.
Georg Kraus, Andreas Schwarzenhölzer
Die Autoren: Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner, Bruchsal. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der Technischen Universität Clausthal. Andreas Schwarzenhölzer arbeitet als Berater und Coach für die Unternehmensberatung Kraus & Partner. Er ist auf das Themenfeld Change-Management, Führungs- und Teamentwicklung spezialisiert.
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