Eine Prognose für die einzelnen Vertriebskanäle

1.7.2024 – Der „Exklusivvertrieb“ in Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, ein leichter Trend nach oben für den „unabhängigen Vertrieb“, Wachstum für den Bankvertrieb in der Leben-Sparte, keine Furcht vor der Online-Schiene, die „spannende“ Frage, ob es Kfz-Anbietern gelingt, „attraktive Gesamtpakete“ zu schnüren: Arno Schuchter skizzierte seinen Blick auf die Zukunft der einzelnen Vertriebswege.

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Arno Schuchter blickte beim Maklersymposion in Velden in die Vertriebswege-Glaskugel (Bild: Lampert)
Arno Schuchter blickte beim Maklersymposion in Velden in die Vertriebswege-Glaskugel (Bild: Lampert)

Nach zehneinhalb Jahren als Vertriebsvorstand der Generali Versicherung AG hatte Arno Schuchter letzten Freitag seinen letzten Arbeitstag (VersicherungsJournal 14.6.2024) – und nutzte ihn dazu, vor dem Publikum des diesjährigen Maklersymposions in Velden über sein Fachgebiet zu sprechen.

Das Thema, mit dem er sich bei der von der Gesellschaft für Versicherungsfachwissen (GVFW) und dem Fachverband der Versicherungsmakler durchgeführten Veranstaltung befasste: „Die Zukunft der einzelnen Vermittlertypen“.

Wie sie aussehen wird? „Ich weiß es nicht“, räumte Schuchter ein. Man könne sich aber die Entwicklung der vergangenen Jahre ansehen und daraus zumindest Vermutungen ableiten.

Sechs Vertriebskanäle

Das tat Schuchter denn auch und warf einen Blick zurück auf die Jahre 2012, 2017 und 2022. Dazu teilte er die Vertriebswege zu diesem Zweck in sechs Kategorien ein:

  • „Exklusivvertrieb“: angestellter Außendienst und Einfachagenten
  • „Unabhängiger Vertrieb“: Versicherungsmakler, Mehrfachagenten, Vermögensberater
  • Banken
  • „Sonstige Vermittler“: zum Beispiel Hausverwalter, Kfz-Händler usw.
  • Direktvertrieb, also „Direktionspolizzen“, die ohne Vermittler verkauft werden, insbesondere im Großgeschäft
  • Digitaler Abschluss, das heißt reiner Onlineabschluss ohne Vermittler; diese Kategorie wird im Versicherungsverband erst seit 2021 gesondert in der Statistik ausgewiesen.

Schuchter zeichnete zunächst das Bild, wie es sich bei den Bestandsprämien auf Basis von VVO-Daten darstellt.

Bestandsaufnahme für den Bestand

Der Exklusivvertrieb bewegte sich zwischen 45 und 50 Prozent. 2022 hatte er mit 47,3 Prozent klar die Nase vorn (2012: 49,4 Prozent; 2017: 45,4 Prozent). Der unabhängige Vertrieb konnte sich von 31,1 Prozent 2012 auf zuletzt 34,2 Prozent steigern, wobei diese Zahl auch 2017 schon fast erreicht war.

Der Bankvertrieb entwickelt sich etwas volatil: von 14,0 (2012) auf 15,6 (2017) und dann wieder zurück auf 13,5 Prozent. Zum einen merkte Schuchter an, dass der Bankvertrieb stark von der Entwicklung der Einmalerläge getrieben sei.

Zum anderen zeige sich bei näherem Betrachten, dass das Lebengeschäft im Bankvertrieb – anders als im Maklervertrieb – stark steige. Wenn sich das in den oben genannten Zahlen so nicht widerspiegle, dann deshalb, weil das Lebengeschäft im Gesamtmarkt zurückgegangen sei.

Die anderen drei Vertriebswege kommen nur auf niedrige Werte: Die „sonstigen Vermittler lagen 2022 bei 3,9 Prozent, was eine leichte Verringerung bedeutet. Der Direktvertrieb kam auf 0,8 Prozent; das ist etwas mehr als 2017 und etwas weniger als 2012. Der digitale Abschluss hatte gerade einmal 0,32 Prozent Anteil.

Die Neuprämien-Volumina der letzten Jahre nach Vertriebsweg

Arno Schuchter (Bild: Lampert)
Schuchter referierte an seinem letzten Arbeitstag
beim Maklersymposion in Velden. Zuvor hatte ihn
Fachverbandsobmann Christoph Berghammer mit
der Überreichung der Goldenen Ehrennadel der
Versicherungsmakler überrascht (Bild:Lampert).

Im Neugeschäft stellt sich die Lage etwas anders dar. Der Exklusivvertrieb lag 2022 mit 35,0 Prozent deutlich unter seinem Bestandsprämienanteil. 2012 betrug er 36,6 Prozent.

Der unabhängige Vertrieb lag ebenfalls unter seinem „Bestandsprämienniveau“, mit 33,0 Prozent Neuprämien-Anteil allerdings nur geringfügig. Und: Er konnte diesen Anteil steigern. 2012 hatte er 28,9 Prozent betragen.

Schuchter merkte in dem Zusammenhang an, dass der Bestand nicht zwangsläufig schrumpfen müsse, wenn die Neuprämien „darunter“ lägen. Denn in dieser Gleichung gebe es auch noch andere Faktoren zu berücksichtigen, wie Storni und Abgänge.

Banken haben in Leben „Führung übernommen“

Der Bankvertrieb hatte 2022 einen Neuprämien-Anteil von 25,5 Prozent (2017: 25,2 Prozent) – also fast doppelt so viel wie bei den Bestandsprämien.

Grund: Die Banken hätten im Lebengeschäft „eindeutig die Führung übernommen“. Die Makler hätten ihnen das Feld überlassen, sagte Schuchter und stellte die Frage in den Raum, ob sie hier nicht „wieder Aktivitäten setzen“ sollten.

Die anderen drei Vertriebswege spielen in Neuprämien-Aufkommen mit insgesamt deutlich unter 10 Prozent wieder eine eher untergeordnete Rolle.

Greift man unter ihnen den digitalen Abschluss heraus, so zeigt sich ein Neuprämien-Anteil von 0,5 Prozent.

Ein klassischer Vermittlermarkt

Österreich sei seit Jahrzehnten ein „klassischer Vermittlermarkt“ und „mit einem funktionierenden Vertrieb durchsetzt“, lautete Schuchters Befund. Deshalb sei es den anderen Vertriebswegen nicht gelungen, stark dazuzugewinnen.

Schuchter sieht es da unter dem Blickwinkel der Digitalisierung ausnahmsweise als Vorteil, dass Versicherung ein Produkt ist, das der Kunde im Regelfall gar nicht aktiv suchen mag – was er wohl online täte, wenn es anders wäre. So aber könne der Mensch als Vermittler punkten.

Die Prognose für Exklusiv-, Makler- und Bankvertrieb

Wie schätzt Schuchter nun angesichts der bisherigen Erfahrungswerte die weitere Entwicklung ein? Für den Exklusivvertrieb rechnet er mit einer Seitwärtsentwicklung auf hohem Niveau und einem Festhalten der Gesellschaften an diesem Vertriebsweg.

Für den unabhängigen Vertrieb prognostiziert Schuchter die Fortsetzung des leicht nach oben zeigenden Trends. Die Frage sei: Schafft es die Maklerschaft, die personellen Ressourcen dafür zu schaffen und Nachwuchs zu rekrutieren? Seine Empfehlung: entsprechende Maßnahmen zur Personalentwicklung zu setzen.

Dem Bankvertrieb steht nach Schuchters Einschätzung zwar insgesamt ein Rückgang bevor, in der Lebensversicherung aber ein weiteres Wachstum. In die Entwicklung spiele auch hinein, dass es ein großes Volumen abreifenden Geschäfts gebe, vor allem in der klassischen Lebensversicherung.

Wie geht es im Kfz-Geschäft weiter?

Einen Rückgang sieht Schuchter auch auf die die „sonstigen Vermittler“ zukommen. „Spannend“ werde hier vor allem sein, wie es in der Kfz-Versicherung weitergeht. Aktuell sei das eine Domäne von Exklusiv- und Maklervertrieb.

Es seien aber seitens der Kfz-Branche Bemühungen zu beobachten, „Gesamtpakete“ zu verkaufen. Wenn es den großen Autoherstellern gelinge, attraktive Pakete zu schnüren, „glaube ich, dass das wachsen wird“. Bis dato sei das aber nicht der Fall.

Keine Furcht vor „Digital“

Während sich der Direktvertrieb in Schuchters Prognose seitwärts entwickeln wird, wird die Kurve beim digitalem Abschluss nach oben zeigen. Wenn die Vermittler „Stärke und Qualität“ beibehalten, werde sich dieses Wachstum allerdingen in Grenzen halten, meint Schuchter.

Freilich müsse man das Käuferverhalten der nächsten Generation im Auge behalten, die es gewohnt ist, vieles auf dem Smartphone zu erledigen.

Schuchter erinnerte aber auch an vor zehn Jahren abgegebene Schätzungen, wo der Anteil der Onlineabschlüsse in zehn Jahren – also heute – liegen wird. Da habe die Bandbreite von 5 bis 50 Prozent gereicht, was offensichtlich nicht eingetreten ist.

Wenn also auch unsicher sei, wie hoch der Anteil von heute aus gesehen in zehn Jahren sein wird, so glaubt Schuchter dennoch, dass es keinen Grund gibt, „sich vor dem digitalen Abschluss zu fürchten“.

 
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