31.1.2025 – Die Anzahl der Sanktionen wegen Verstößen gegen die Versicherungsvertriebsrichtlinie ist im Europäischen Wirtschaftsraum 2023 gesunken. In Österreich hat sie sich gleich um 75 Prozent verringert: von vier Sanktionen 2022 auf nur eine 2023. Die Hälfte aller Sanktionen entfällt auf Deutschland.
Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) hat ihren fünften Jahresbericht über Sanktionen aufgrund von Verstößen gegen die Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) herausgegeben.
Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht zeigt auf Basis der verfügbaren Daten, wie viele und welche Strafen und sonstige Maßnahmen die nationalen Aufsichtsbehörden 2023 verhängt haben. Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.
Hinweis zur Methodik: Eine Sanktion kann sich mitunter auf Verstöße gegen mehr als nur eine Bestimmung beziehen. Für die Gesamtrechnung werden solche Fälle aber nur als eine Sanktion gewertet.
2023 wurden in 20 der 30 Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Sanktionen ausgesprochen, insgesamt 1.510. Gegenüber 2022 ist das eine Verringerung um 45,3 Prozent. Für diesen massiven Rückgang gibt es zwei Gründe.
Erstens einen großen „Ausreißer“: Allein in Portugal sank die Anzahl von 1.286 um 1.033 auf 253. Das hänge damit zusammen, dass dort, anders als 2022, keine Sanktionen in Bezug auf Art. 10 Abs. 1 IDD (angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten) verhängt wurden.
Zweitens trug auch Deutschland zu der deutlichen Verringerung bei – wenngleich der Rückgang um 142 weitaus weniger stark ausfiel als in Portugal. Das Minus in Deutschland ergab sich speziell im Zusammenhang mit Artikel 10 IDD (berufliche und organisatorische Anforderungen).
Deutschland bleibt trotzdem mit insgesamt 823 Sanktionen, also 54,5 Prozent aller Sanktionen, Spitzenreiter im EWR. Nichtsdestoweniger setzt sich damit der Rückgang weiter fort: 2021 wurden in Deutschland noch 1.132 Sanktionen gezählt und 965 im Jahr 2022.
Für Österreich weist der Bericht lediglich eine Sanktion aus. Das geringe Sanktionsaufkommen hat Tradition: 2022 hatte es ebenso wie 2021 vier gegeben, zuvor in den Jahren 2018 bis 2020 insgesamt drei.
Ländervergleiche sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn es gibt kein europaweit einheitliches Sanktionsregime. Wie mit Verstößen umgegangen wird und welche Konsequenzen sie haben, kann sich daher von Land zu Land unterscheiden.
Generell stellt die Eiopa fest, dass es im EWR – infolge intensiverer aufsichtlicher Prüfung – seit 2021 mehr Sanktionen in Bezug auf die Aufsichts- und Lenkungsanforderungen (Product Oversight and Governance Requirements, kurz POG) gebe.
Zunehmend sanktioniert werden den Angaben zufolge auch Verstöße gegen Wohlverhaltensregeln wie etwa im Bereich der Beratung. Im Kontext der Informations- und Wohlverhaltensregeln wurden 270 Verstöße registriert.
Die meisten IDD-Verstöße (1.233) wurden wegen Verletzung organisatorischer Anforderungen nach Artikel 10 gemeldet.
Die EWR-weit am häufigsten ausgesprochene Sanktion war 2023 der Widerruf der Eintragung als Vermittler (712 Fälle).
An zweiter Stelle folgten Strafzahlungen (544 Fälle). Die Strafsumme wird für den EWR mit 326.073 Euro angegeben. Allerdings fehlt in dieser Summe Deutschland und damit ausgerechnet jenes Land, in dem die mit Abstand meisten Geldstrafen (469, das sind 86,2 Prozent) ausgesprochen wurden.
Für Österreich gibt es hier eine Zahl, denn die eine hier verhängte Sanktion war eine Geldstrafe. Ihre Höhe belief sich auf 218 Euro. In der Sache ging es dabei um Art. 10 Abs. 2 IDD (Weiterbildung).
Dritthäufigste Maßnahme im EWR war 2023 die Anordnung, Fehlverhalten zu unterlassen (169). Laut Eiopa kommt sie hauptsächlich zum Einsatz, bevor an strengere Maßnahmen gedacht wird, und hat mit Erfolg Probleme entschärft, bevor Kunden Schaden entstehen konnte.
Der „5th annual report on administrative sanctions and other measures under the insurance distribution directive (IDD) (2023)“ kann von der Eiopa-Website heruntergeladen werden.
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