19.6.2024 – In zwei Urteilen haben Gerichte bis hin zum OGH 2022 und 2023 Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen für unzulässig erklärt. Diese Judikatur sei auch für Krankenversicherungen einschlägig, sagt Prozessfinanzierer Padronus und kündigt entsprechende Klagen an. Sollten sich die Gerichte dieser Rechtsauffassung anschließen, müssten Krankenversicherer zu Unrecht erfolgte Entgelterhöhungen der letzten 30 Jahre zurückzahlen, so Padronus.
Der Prozessfinanzierer Padronus (Prozessfinanzallianz GmbH) startet ein Sammelverfahren gegen Krankenversicherungen.
Dies gab das Unternehmen am Dienstag bekannt. Es geht dabei um Wertsicherungsklauseln, die nach Ansicht von Padronus unzulässig sind.
Padronus knüpft dabei an die 2023 ergangenen Urteile 2Ob36/23t und 8Ob37/23h des Obersten Gerichtshofs (OGH) an. In den beiden Fällen waren Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen für unzulässig erklärt worden.
Der OGH hatte in seinen Urteilen unter anderem festgehalten, dass bei kundenfeindlichster Auslegung der Klauseln schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte. Das sei aber nicht mit § 6 Abs. 2 Z. 4 KSchG vereinbar.
Die Judikatur zu Indexklauseln in Mietverträgen „ist auch für Versicherungsverträge einschlägig“, so Padronus in seiner Aussendung.
In Krankenversicherungsverträgen fehle „regelmäßig“ eine Klarstellung, dass innerhalb der ersten zwei Monate keine Entgelterhöhung stattfinden dürfe, sagt Padronus-Geschäftsführer Richard Eibl.
„Aus unserer Sicht führt die Argumentation des OGH daher auch zur Unwirksamkeit von Indexklauseln in sehr vielen Krankenversicherungsverträgen. Krankenversicherer müssen sich auf zahlreiche Rückforderungsklagen von uns gefasst machen.“
Wenn entsprechende Wertsicherungsvereinbarungen für nichtig erklärt werden, „können sämtliche Zahlungen, die aufgrund dessen rechtswidrig eingehoben wurden, bereicherungsrechtlich rückabgewickelt werden“, fügt Eibl hinzu.
Sollten sich die Gerichte dieser Rechtsauffassung anschließen, müssten Krankenversicherer die Entgelterhöhungen der letzten 30 Jahre zurückzahlen, schreibt Padronus in der Aussendung.
„Mehrere Hundert Versicherungsnehmer haben sich bereits bei uns angemeldet“, sagte Eibl dem VersicherungsJournal. Seinen Angaben zufolge sind „so gut wie alle Versicherer“ von dem Thema betroffen.
„Unsere Analyse hat ergeben, dass ein Großteil der uns vorliegenden Verträge nicht die nach dem Konsumentenschutzgesetz notwendige Klarstellung enthalten und unserer Ansicht nach daher rechtswidrig sind.“
Dementsprechend könnten die Auswirkungen nach Einschätzung der Prozessfinanzierers „gravierend“ sein, falls die Gerichte seine Ansicht teilen. 2023 waren laut Versicherungsverband (VVO) 3,5 Millionen Personen in Österreich privat krankenversichert.
Wie gestaltet sich nun voraussichtlich der weitere Ablauf? „Jeder Anspruch muss individuell eingeklagt werden, allerdings bündeln wir alle Fälle bei einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei“, erklärt Eibl.
„Die ersten Klagseinreichungen werden in den nächsten Wochen folgen, im Durchschnitt folgen Verhandlungstermine nach sechs Monaten, mit einem erstinstanzlichen Urteil kann man frühestens im Jahr 2025 rechnen.“
Das Kostenrisiko des Gerichtsverfahrens übernimmt Padronus, betont das Unternehmen. „Im Erfolgsfall erhalten wir 35 Prozent des erstrittenen Betrages“, so Eibl.
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