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Nach Insolvenz: Wer Rechtsschutz-Deckungsprozess führen darf

16.4.2024 – Ein in Insolvenz befindlicher Schuldner dürfe nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche führen, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen nicht betreffen, so der Oberste Gerichtshof. Einen Deckungsanspruch gegen seinen Rechtsschutzversicherer für einen Schadenersatzprozess dürfe der Schuldner daher nicht selbst geltend machen.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Ein emeritierter Rechtsanwalt war 2016 vor dem Haus seines Nachbarn gestürzt, hatte sich dabei verletzt und forderte Schadenersatz.

Über das Vermögen des Anwalts war 2018 ein Schuldenregulierungsverfahren eingeleitet worden, das immer noch anhängig ist. Da dem Anwalt die Eigenverwaltung entzogen worden war, wurde der Schadenersatzprozess vom Insolvenzverwalter geführt.

In diesem Prozess wurde der Nachbar 2022 rechtskräftig zu einer Zahlung von 4.025 Euro sowie bestimmter Barauslagen verurteilt; außerdem wurde festgestellt, dass er zu 50 Prozent für alle zukünftig zu erwartenden Schäden aus dem Unfall hafte.

Dem ehemaligen Anwalt wurde für den Schadenersatzprozess Verfahrenshilfe gewährt. Das Gericht stellte weiters auch die Haftung des Nachbarn für jene Barauslagen fest, von denen der Anwalt einstweilen befreit worden war. Die Prozesskosten wurden aber als gegenseitig aufgehoben erklärt.

Insolvenzmasse von Klage betroffen

Von seinem Rechtsschutzversicherer forderte der emeritierte Anwalt die Deckung für diesen Schadenersatzprozess. Das Erstgericht wies die darauf gerichtete Klage des Anwalts wegen aufrechter Entziehung der Eigenverwaltung zurück.

Seinem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs gab das Rekursgericht Folge. Es trug dem Erstgericht auf, in einem Verbesserungsverfahren die Genehmigung des Insolvenzverwalters einzuholen. Dieses wurde vom Erstgericht durchgeführt.

In weiterer Folge stellte das Rekursgericht fest, dass die Klage auf Feststellung der Versicherungsdeckung die Insolvenzmasse betrifft; die Klage sei darauf gerichtet, den Schuldner im Wege der Versicherungsdeckung von Verbindlichkeiten aus Prozesskosten zu befreien.

Damit habe die Klage unmittelbare Wirkungen auf den Stand der Insolvenzmasse, der Anwalt sei daher nicht legitimiert, die Klage zu erheben. Da er weiterhin ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters handeln wolle, wies das Rekursgericht die Klage zurück.

Kläger zur Klage nicht legitimiert

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts legte der Anwalt Rekurs beim Obersten Gerichtshof ein. Dieser sei zwar zulässig, aber nicht berechtigt, so die Höchstrichter.

Nach § 6 Absatz 3 Insolvenzordnung (IO) könne ein Schuldner nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche führen, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen.

Bei Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur dürfe der Streitgegenstand daher weder einen Aktivbestandteil noch einen Passivbestandteil der Insolvenzmasse bilden. Eine Entscheidung im Prozess, die der Klage stattgibt, dürfe auf die Masse also keinen Einfluss nehmen.

Im vorliegenden Fall betreffe der vom Anwalt geltend gemachte Deckungsanspruch gegen seinen Rechtsschutzversicherer Prozesskosten für einen Prozess, der vom Insolvenzverwalter geführt wurde. Er falle damit keineswegs unter § 6 Abs. 3 IO, weshalb dem Rekurs vom OGH nicht Folge gegeben wurde.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob12/24a vom 6. März 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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Rechtsschutz
 
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