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Unfall in Corona-Zeit: OGH zur Deckung durch Reiseversicherer

6.3.2023 – Zwar habe zum Zeitpunkt des geplanten Reiseantritts ein Einreiseverbot aus dem Schengenraum in die USA bestanden, ein solches Reiseverbot sei allerdings kein versichertes Ereignis gewesen, so der OGH. Damit habe sich der Versicherungsfall erst mit dem Unfall verwirklicht, der Reiseversicherer muss die Stornokosten bezahlen.

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Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Am 18. März 2020 überknöchelte P., als er eine Stiege in seinem Wohnhaus hinunterging. Dabei erlitt er eine Verletzung des rechten oberen Sprunggelenks. Da dies zu einer Reiseunfähigkeit führte, stornierte er wenige Tage später seinen geplanten Heliskiing-Urlaub in Alaska.

Er hatte diesen Urlaub für den Zeitraum vom 28. März bis 4. April 2020 gebucht. Die Hin- und Rückflüge zwischen Salzburg und Seattle sowie zwischen Seattle und Alaska hatte er gesondert bestellt und bezahlt.

Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt beginnenden Covid-19-Pandemie trat am 13. März ein Einreiseverbot für Reisende aus dem Schengenraum in die USA in Kraft. P. wollte vorerst die Entwicklung abwarten und stornierte die Reise bis zu seiner Verletzung deshalb nicht.

Der ursprünglich geplante Flug von Salzburg nach Seattle wurde pandemiebedingt gestrichen; P. erhielt den dafür bezahlten Preis zurück. Für die Flüge zwischen Seattle und Alaska musste er allerdings 100 Prozent Stornokosten bezahlen, die er nun von seinem Reiseversicherer fordert.

Bedingungslage

P. hatte eine „All Risk Stornoversicherung“ abgeschlossen, für die die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB – Fassung 1.4.2018“ vereinbart waren.

Laut diesen zählten vertraglich geschuldete Stornokosten aus einem versicherten Reisearrangement bei einer Stornierung zum Zeitpunkt des Beginnes des Eintritts des versicherten Ereignisses als versicherte Kosten.

Als versicherte Ereignisse waren plötzliche, unerwartete und schwere Krankheiten, Brüche und Lockerungen von implantierten Gelenken, Unverträglichkeiten oder Unfallverletzungen des Versicherten definiert, wenn sich aus diesen zwingend eine Reiseunfähigkeit ergab.

Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz waren unter anderem Ereignisse, die infolge von Epidemien und Pandemien auftreten.

Versicherer verweigerte Zahlung

Während P. erklärte, er habe aufgrund der Verletzung des Sprunggelenks die Reise nicht antreten können und deshalb stornieren müssen, lehnte der Versicherer die Deckung ab, da für Ereignisse infolge von Pandemien kein Versicherungsschutz bestehe.

Die Verletzung sei nicht kausal für den Schaden gewesen, so der Versicherer; der Schaden sei bereits durch die Verhängung des Einreiseverbots für Reisende aus dem Schengenraum in die USA am 13. März 2020 eingetreten.

P. reichte daraufhin Klage gegen den Versicherer ein, Erst- und Berufungsgericht gaben dieser statt. Es habe sich das vertraglich gedeckte Risiko der Unfallverletzung verwirklicht; Ereignisse im Zusammenhang mit der Pandemie seien nicht für die Stornokosten ursächlich gewesen.

Eine „Reserveursache“, die denselben Schaden herbeigeführt hätte, mache im Schadenersatzrecht nicht haftbar, so das Berufungsgericht. Auch sei P. wegen der damals sehr unübersichtlichen Lage keine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen, weil er die Reise nicht noch vor seiner Verletzung storniert hatte.

Verletzung war versichertes Ereignis

Der Versicherer legte gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen „unrichtiger rechtlicher Beurteilung“ Revision beim Obersten Gerichtshof ein.

Dieser erklärt in seiner rechtlichen Beurteilung, dass die primäre Risikoumschreibung der Bedingungen im vorliegenden Fall festlegt, welche zur Reiseunfähigkeit führenden Ereignisse von der Versicherungsdeckung umfasst sind.

Es stehe fest, dass bei P. ein versichertes Ereignis in Form eines zur Stornierung führenden Unfalls eingetreten ist; dies werde vom Versicherer in der Revision auch nicht bezweifelt.

Nur die Verletzung ist ein Versicherungsfall

Allerdings erklärt der Versicherer, dass der in den Bedingungen enthaltene Risikoausschluss für infolge von Pandemien auftretende Ereignisse zum Tragen komme. Es sei daher zu prüfen, ob dieser Risikoausschluss im vorliegenden Fall verwirklicht sei.

Der Fall eines Einreiseverbots sei von der primären Risikoumschreibung zum Storno nicht erfasst, so der OGH. Es habe sich mit der Verhängung des Einreiseverbots also kein im Rahmen der Stornoversicherung versichertes Ereignis verwirklicht.

Damit sei vor der Verletzung des Klägers gar kein Versicherungsfall vorgelegen, erst mit seiner Verletzung, die zur Reiseunfähigkeit führte, sei der Versicherungsfall eingetreten. Da diese Verletzung aber nicht auf die Pandemie zurückzuführen war, sei der entsprechende Risikoausschluss nicht anwendbar.

Daher bestehe für die Verletzung des Klägers Versicherungsdeckung im Bereich Stornoschutz des Versicherungsvertrags; der Revision des Versicherers wurde nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob203/22m vom 25. Jänner 2023 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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