Umfrage: Mehr Menschen investieren in Vorsorge

9.10.2024 – Knapp drei Viertel der Bevölkerung Österreichs findet laut einer Uniqa-Umfrage finanzielle Vorsorge wichtig oder sehr wichtig. 39 Prozent gaben an, sich bereits intensiv mit der eigenen Vorsorge befasst zu haben, das sind neun Punkte mehr als 2023. 45 Prozent der Männer und 34 Prozent der Frauen sagten, bereits konkrete Vorsorgemaßnahmen für später bzw. fürs Alter getroffen zu haben. 29 Prozent, mehrheitlich Frauen, sehen sich nicht in der Lage, finanziell vorzusorgen.

Mit 18 Jahren wird man in Österreich volljährig, aber wann fühlen sich die Österreicher tatsächlich erwachsen – nämlich finanziell?

Dazu hat die Uniqa Österreich Versicherungen AG die nunmehr vierte Umfrage beim Marktforschungsinstitut Reppublika Research & Analytics in Auftrag gegeben. Das Institut hat 3.427 Personen befragt, vorwiegend Jugendliche. Am Dienstag wurden die Ergebnisse präsentiert.

Einigermaßen überraschend: Für fast die Hälfte der Männer ist eine Vollzeitbeschäftigung eines der wesentlichsten Anzeichen für finanzielle Selbstständigkeit, aber nur für ein Drittel der Frauen (34 Prozent).

Unter den Männern legt wiederum ein größerer Anteil mehr Wert darauf, sich nicht für Freizeitgüter – wie zum Beispiel Kleidung, Elektronik oder Reisen – zu verschulden (Frauen 47 Prozent, Männer 42 Prozent).

Wie viele Jüngere sich ihr Leben selbst finanzieren können

Drei Viertel (76 Prozent) der 18- bis 29-jährigen Teilnehmer beziehen ein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit, 20 Prozent werden regelmäßig von ihren Eltern finanziell unterstützt.

Vier von zehn der jungen Personen (39 Prozent) geben an, sich ihr Leben nach eigener Einschätzung komplett selbst finanzieren zu können. Ein weiteres Drittel (32 Prozent) sagt, sich das eigene Leben zum Großteil selbst finanzieren zu können.

Nur knapp ein Zehntel der Befragten (9 Prozent) in der jungen Altersgruppe kann sich das Leben laut Studie gar nicht selbst finanzieren.

Beurteilung des eigenen Finanzwissens

Bettina Fuhrmann (Bild: Uniqa/Nessweda)
Prof. Bettina Fuhrmann (Bild: Uniqa/Nessweda)

Knapp zwei Drittel der jungen Erwachsenen fühlen sich (sehr) sicher beim Überblick über die eigenen Finanzen (64 Prozent) und bei der zeitgerechten Begleichung von notwendigen Zahlungen oder Rechnungen (63 Prozent).

Beides gilt insbesondere für junge Frauen, sieben von zehn geben dies an (Männer: 6 von 10).

Wenn es um das Beurteilen und Vergleichen von Finanzangeboten geht, sinkt der Wert jedoch auf zirka ein Drittel (35 Prozent) – hier fühlen sich junge Männer (39 Prozent) aber noch zu einem größeren Anteil als junge Frauen (30 Prozent) sicher.

„Es zeigen sich offenbar noch immer alte Stereotypen. Frauen fühlen sich für das ‚Daily Money Management‘, früher bekannt als die Haushaltskasse, und Männer für Kreditverträge, Anlageformen oder Ähnliches zuständig“, interpretiert Univ.-Prof. Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik sowie des Zentrums für Finanzbildung an der Wirtschaftsuniversität Wien, die Ergebnisse.

Was sich junge Menschen finanziell leisten möchten

Die meistgenannten „größten Wünsche“ der befragten 16- bis 60-Jährigen für die Zukunft in Bezug auf Materielles oder Finanzielles – maximal drei von fünf vorgegebenen Antworten konnten ausgewählt werden – sind

  • ein schuldenfreies Leben (50 Prozent),
  • den aktuellen Lebensstandard halten zu können (43 Prozent) und
  • viele Urlaube bzw. Reisen unternehmen zu können (35 Prozent).

Auch bei jungen Menschen steht das schuldenfreie Leben auf Platz eins (43 Prozent). Überdurchschnittlich häufig wünschen sie sich genügend Geld, um die Familie unterstützen zu können (36 Prozent; Gesamtheit: 30 Prozent). Urlaube und Reisen stehen hoch im Kurs (35 Prozent), ebenso ein eigenes Haus mit Garten im Grünen (34 Prozent; Gesamtheit: 27 Prozent).

Nur 9 Prozent der jungen Befragten wünschen sich Luxusartikel wie etwa Luxus-Kleidung oder -Accessoires oder teuren Schmuck, junge Frauen noch weniger (7 Prozent).

Finanzielle Vorsorge laut Umfrage im Aufwind

Studienleiterin Martina Oberrauch, Reppublika (Bild: Uniqa/Nessweda)
Studienleiterin Martina Oberrauch, Reppublika
(Bild: Uniqa/Nessweda)

Finanzielle Vorsorge wird 2024 laut der Umfrage weiterhin als sehr wesentlich erachtet.

Sie ist – wie auch schon in der Umfrage vor einem Jahr – 71 Prozent der 16- bis 60-Jährigen wichtig. 39 Prozent haben sich nach eigenen Angaben auch schon intensiv mit der eigenen finanziellen Vorsorge beschäftigt (2023: 30 Prozent).

„Im Vergleich zum Vorjahr gibt es einen sichtbaren Anstieg, der sich sowohl unter Männern als auch unter Frauen und auch in der jungen Zielgruppe widerspiegelt, wobei Männer sich schon intensiver mit dem Thema beschäftigt haben als Frauen“, analysiert Martina Oberrauch, Studienleiterin und Senior Research Consultant bei Reppublika Research & Analytics.

Konkrete Vorsorgemaßnahmen nehmen zu

Der Anteil der Personen, die bereits konkrete Maßnahmen für ihre eigene finanzielle Vorsorge getroffen haben, sei ebenfalls leicht gestiegen, von 37 Prozent auf 40 Prozent, insbesondere unter Männern (von 40 Prozent auf 45 Prozent).

„Im Jahr 2021 haben wir diese Studie zum ersten Mal durchgeführt. Danach befand sich der Wert immer auf Talfahrt, nun ist er zum ersten Mal wieder gestiegen“, betont Oberrauch. Noch immer gibt über ein Viertel (29 Prozent) der Befragten an, über zu wenig Geld für finanzielle Vorsorge zu verfügen. Dieser Wert sei aber tendenziell sinkend (2023: 34 Prozent).

Obwohl sich diese Tendenz sowohl unter Männern als auch unter Frauen zeige, geben signifikant mehr Frauen an, zu wenig Geld für finanzielle Vorsorge zu haben (34 Prozent vs. Männer 25 Prozent).

Besondere Herausforderung für Frauen

„Die Studie zeigt deutlich, dass Frauen im Bereich der Finanzvorsorge vor besonderen Herausforderungen stehen“, sagt Fuhrmann.

Der Umstand, dass Frauen häufiger angeben, nicht ausreichend vorsorgen zu können, sei eng mit der bestehenden Einkommensungleichheit verknüpft. „Das durchschnittlich geringere Einkommen von Frauen im Vergleich zu Männern führt zwangsläufig zu einem kleineren finanziellen Spielraum für langfristige Vorsorge.“

Dies, so Fuhrmann, unterstreiche die Notwendigkeit, sowohl die Lohnschere zu schließen als auch gezielte finanzielle Bildungsmaßnahmen für Frauen zu fördern, um ihre Möglichkeiten zur Altersvorsorge zu verbessern.

Geschlechterspezifische Unterschiede in der Geldanlage

Am häufigsten als Anlageform genutzt werden laut Umfrage Sparkonten bzw. Sparbücher (60 Prozent), gefolgt von der Verwahrung von Bargeld zuhause (38 Prozent) und privaten Lebens- bzw. Pensionsversicherungen (37 Prozent).

Bei den Anlageformen zeigen sich aber auch geschlechterspezifische Unterschiede: Frauen setzen demnach häufiger auf Sparkonten bzw. Sparbücher (63 Prozent vs. Männer: 57 Prozent).

Fondssparen (Männer: 27 Prozent, Frauen: 19 Prozent), Aktien (Männer: 28 Prozent, Frauen: 13 Prozent), Kryptowährungen (Männer: 16 Prozent, Frauen: 6 Prozent) und Anleihen (Männer: 12 Prozent, Frauen: 7 Prozent) werden von Männern häufiger verwendet als von Frauen.

Die junge Zielgruppe setzt überdurchschnittlich häufig auf Kryptowährungen (14 Prozent, 16- bis 60-Jährige gesamt: 11 Prozent). Krypto sei auch bei jungen Männern (18 Prozent) deutlich beliebter als bei jungen Frauen (9 Prozent).

Uniqa-Vorstand Knapp: Drei „Wünsche an die nähere Zukunft“

Uniqa-Vorstand René Knapp (Bild: Uniqa/Nessweda)
Uniqa-Vorstand René Knapp
(Bild: Uniqa/Nessweda)

„Je früher man Verantwortung für seine finanzielle Zukunft übernimmt, desto besser - dafür möchten wir frühzeitig Bewusstsein wecken, ermutigen und auch dabei unterstützen“, sagt René Knapp, Uniqa-Vorstand für Personenversicherung.

„Wir sehen, dass Bewusstseinsbildung erfreulicherweise wirkt, wenn auch nicht von heute auf morgen. Darum sind die Initiativen der öffentlichen Hand, im Schulsystem und nicht zuletzt die Beiträge der Finanzwirtschaft so wichtig und müssen intensiv fortgeführt werden.“

Knapp sprach drei „Wünsche an die nähere Zukunft“ aus: Erstens: Bei den kapitalgedeckten Vorsorgemodellen möge es einen „Mindset Change“ in der Bevölkerung geben. Zweitens, an die nächste Bundesregierung adressiert: Anhebung des Pensionsantrittsalters und Förderung längerer Erwerbskarrieren. Sowie drittens: die Attraktivität der Eigenvorsorge steigern.

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Altersvorsorge · Darlehen · Marktforschung · Zielgruppe
 
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