7.11.2024 – Abweichend von den Allgemeinen Bedingungen bestimmten die Besonderen Bedingungen der Betriebshaftpflichtversicherung, dass reine Vermögensschäden gedeckt sind. Die Betriebsunterbrechung, die Folge der fehlerhaften Werkleistung des Versicherungsnehmers war, ist damit vom Versicherer zu decken, so die Schlichtungsstelle der Versicherungsmakler.
Ein Unternehmen war bei einer Therme als Generalunternehmerin mit dem Zubau eines Kinos beauftragt worden. Bei den Bauarbeiten beschädigten Mitarbeiter eines Subunternehmens eine Heizungsleitung, wodurch Leitungswasser austrat.
Wie aus einem Sachverständigengutachten hervorgeht, sickerte das Leitungswasser in den Kinobereich und beschädigte dort diverse Gebäudebestandteile. Der Bauwesenversicherer sagte die Deckung der Sachschäden zu.
Aufgrund der Sanierungsarbeiten konnte das Kino vier Tage lang nicht in Betrieb genommen werden. Geplant waren in diesem Zeitraum insgesamt 78 Vorstellungen. Durchschnittlich besuchen 15 Personen eine Vorstellung und zahlen dafür einen Eintrittspreis von fünf Euro.
Den Ersatz des Schadens aufgrund des Ausfalls des zwischenzeitlich bereits geöffneten Kinobetriebs lehnte der Versicherer ab. Es handle sich um abgeleitete Vermögensschäden, die nicht versichert seien, weil die durchnässten Gebäudeteile das Gewerk der Versicherungsnehmerin beträfen.
Das Unternehmen verfügt über eine Betriebsversicherung, die auch eine Haftpflichtversicherung für den Betrieb eines Bauunternehmens beinhaltet. Für letztere sind die AHVB 2005 und EHVB 2005 in der Version 2012, Fassung 2018 vereinbart.
Demnach erstreckt sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden, die an den vom Versicherungsnehmer oder in seinem Auftrag von Dritten hergestellten oder gelieferten Arbeiten entstehen, wenn die Ursache in der Herstellung oder Lieferung liegt.
Für reine Vermögensschäden besteht laut den EHVB, abweichend von den AHVB, allerdings eine Deckungserweiterung, die auch für den Bereich des Produkthaftpflichtrisikos gilt.
Das Unternehmen wandte sich nach der Deckungsablehnung mit einem Schlichtungsantrag an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungssachen (RSS). Der Versicherer beteiligte sich nicht am Verfahren.
Das Unternehmen argumentiert, es handle sich um einen reinen Vermögensschaden, auf den die Herstellungs- und Lieferklausel nicht zur Anwendung komme.
In ihrer Empfehlung widerspricht die RSS der Argumentation des Versicherers, dass die geltend gemachten Schäden unter die Herstellungs- und Lieferklausel fallen, weil die durchnässten Gebäudeteile das Gewerk des Versicherungsnehmers betreffen.
Die Herstellung einer von vorneherein mangelhaften Sache sei grundsätzlich keine Sachbeschädigung, so die RSS. Eine Sache, die noch gar nicht fehlerfrei hergestellt wurde, könne nicht durch die Leistung des Versicherungsnehmers beschädigt werden.
Damit könne ein Betriebsunterbrechungsschaden wegen der Herstellung einer mangelhaften Sache nicht auf einen Sachschaden zurückgeführt werden. Durch die fehlerhafte Werkleistung des Versicherungsnehmers sei damit ein reiner Vermögensschaden entstanden.
Ein solcher Vermögensschaden sei nach den Bestimmungen der AHVB nicht gedeckt; eine Deckung existiere nur, wenn die Parteien eine besondere Vereinbarung darüber getroffen haben, was im vorliegenden Fall durch Vereinbarung der Besonderen Bedingungen geschehen sei.
Dass für Mangelfolgeschäden generell nicht gehaftet wird, könne den Bedingungen nicht entnommen werden, so die RSS. Andernfalls verbliebe für den Risikoeinschluss der Besonderen Bedingungen kaum ein Anwendungsraum.
Es sei ja gerade Sinn dieser Bestimmung, Mangelfolgeschäden als reine Vermögensschäden aus Schlecht- oder Nichterfüllung abzudecken. Dies würde durch die vom Versicherer vertretene Auslegung „vollständig unterlaufen“ werden.
Der Versicherer sei daher verpflichtet, dem Grund nach Deckung für den aus der Schlechterfüllung resultierenden Betriebsunterbrechungsschaden zu gewähren. Da keine Angaben dazu vorliegen, in welcher Höhe Schadenersatz tatsächlich gerechtfertigt ist, konnte die RSS dazu keine Empfehlung abgeben.
Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (180 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.
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