4.7.2024 – Die Schlichtungsstelle der Versicherungsmakler wurde mit der Frage befasst, ob die getrennt von der Errichtung des Hauses beauftragte Herstellung der Fassade und einer Abdichtung vom Baurisikoausschluss umfasst ist. Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer werde vorher das Haus nicht als fertiggestellt empfinden, es besteht ein enger Zusammenhang mit der Errichtung des Hauses. Dem Versicherer wurde die Deckung nicht empfohlen.
Nach der weitestgehenden Fertigstellung eines Einfamilienhauses beauftragte der Eigentümer ein Unternehmen mit der Errichtung einer Fassade, dem Anbringen eines Schriftzuges sowie der Herstellung einer Grundschlämme (Abdichtung, Anm.).
Der Auftrag wurde getrennt von der Errichtung des Hauses erteilt, bei den Arbeiten handelt es sich nicht um baubehördlich genehmigungspflichtige Veränderungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen.
Nach Fertigstellung dieser Arbeiten sind Mängel aufgetaucht, deren Behebung der Werkunternehmer verweigert.Der Hauseigentümer fordert deshalb Schadenersatz von etwas mehr als 3.000 Euro und beantragte dafür Deckung durch seinen Rechtsschutzversicherer.
Der Hauseigentümer verfügt über eine Privat-Rechtsschutz-Versicherung, mit abgeschlossen ist der Baustein „Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz“. Vereinbart sind die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2016).
Diese bestimmen in Artikel 7.1.8 unter anderem, dass kein Versicherungsschutz im Zusammenhang mit der Errichtung oder baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden besteht, die sich im Besitz des Versicherungsnehmers befinden.
Der Versicherer lehnte die Deckung unter Berufung auf diese Bestimmung ab, worauf sich der Rechtsvertreter des Versicherungsnehmers an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbands der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten (RSS) wandte.
Da der Versicherungsnehmer nicht über einen für ein Schlichtungsverfahren satzungsgemäß benötigten Versicherungsmakler verfügt, erklärte sich der Versicherer auf Vorschlag der RSS bereit, selbst die Durchführung des Schlichtungsverfahrens zu beantragen.
In ihrer Empfehlung betont die RSS, dass mit dem Ausschluss in Artikel 7.1.8 „ein ganzer, durchaus überschaubarer und auch eingrenzbarer, im Grund erheblicher und typischerweise immer wiederkehrender Lebenssachverhalt vom Versicherungsschutz ausgenommen werden soll“.
Dieser treffe die allermeisten Versicherungsnehmer nicht, aber relativ wenige Bauwillige mit erheblichem Kostenrisiko und in fast schon standardisierter Weise und Häufigkeit.
Ein adäquater Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes liege dann vor, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung einen Bezug zu den für die Errichtung typischen Problemen aufweist. Auseinandersetzungen über die im Rahmen eines Bauvorhabens erbrachten Leistungen seien typisch für das Baurisiko.
Im vorliegenden Fall seien zwar die Errichtung der Fassade samt Beschriftung und die Herstellung der Grundschlämme für sich nicht baubehördlich bewilligungspflichtig, sie stünden aber in einem Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes selbst, so die RSS.
Diese Arbeiten würden typischerweise in zeitlicher Nähe mit der Errichtung des Gebäudes erfolgen; außerdem werde ein Gebäude vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer davor auch bei bereits erfolgter behördlicher Fertigstellungsanzeige noch nicht als fertiggestellt angesehen.
Auch die Arbeiten an der Fassade eines neu errichteten Gebäudes seien vom Baurisikoausschluss umfasst, es habe sich im vorliegenden Fall ein Baurisiko der Errichtung eines Gebäudes verwirklicht. Dem Versicherungsnehmer wurde empfohlen, die Ablehnung der Deckung anzuerkennen.
Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (154 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.
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