Ohne Führerschein auf Enduromaschine: Versicherungsschutz?

30.9.2024 – Auf die Anfrage des Versicherungsmaklers, ob eine Motorsportversicherung für den minderjährigen Sohn des Versicherungsnehmers möglich sei, hatte der Versicherer nur die Bedingungen für die Unfallversicherung zitiert. Daraus lasse sich ein Verzicht auf die Führerscheinklausel nicht ableiten, so die Schlichtungsstelle der Makler. Die Deckung wurde nicht empfohlen.

Symbolfoto (Bild: Pixabay)
Symbolfoto (Bild: Pixabay)

Der in einer Unfallversicherung mitversicherte, im Jahr 2008 geborene Sohn des Versicherungsnehmers fährt, wie auch sein Vater, hobbymäßig Endurorennen. Bei einer Fahrt mit einer Enduromaschine verletzte er sich im Jahr 2023.

Das Fahrzeug ist zugelassen, trägt ein Kennzeichen und ist haftpflichtversichert. Der Sohn verfügt nicht über eine Lenkberechtigung, um das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen bewegen zu dürfen.

Der Versicherungsnehmer beantragte die Deckung des Schadenfalles aus der Unfallversicherung, der Versicherer lehnte eine Zahlung mit Hinweis auf die „Führerscheinklausel“ in den Versicherungsbedingungen ab.

Bedingungslage

Vereinbart waren die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2016). Demnach bestand kein Versicherungsschutz für Unfälle, die der versicherten Person als Fahrer, Beifahrer oder Insasse eines Motorfahrzeugs bei Motorsportveranstaltungen zustoßen.

Allerdings bestand für Personen, die im Rahmen von „Unfallschutz AUVB 2016 für Kinder“ versichert waren, eingeschränkter Versicherungsschutz für solche Unfälle.

Als Obliegenheit war vereinbart, dass die versicherte Person als Lenker eines Kraftfahrzeugs die jeweilige Lenkerberechtigung besitzt, die nach österreichischem Recht zum Lenken dieses Fahrzeugs vorgeschrieben ist, auch wenn dieses nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird.

Bei einer zumindest leicht fahrlässigen Verletzung dieser Obliegenheit sollte der Versicherer leistungsfrei sein, wenn die Verletzung einen Einfluss auf die Höhe der Versicherungsleistung oder den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt hat.

Erweiterter Versicherungsschutz

Abweichend von den AUVB war eine Klausel „UVKU4122 Spezialschutz Motorsport“ vereinbart. Der Versicherungsschutz erstreckte sich auch auf bestimmte Unfälle, die der versicherten Person als Fahrer, Beifahrer oder Insasse eines Motorfahrzeugs in der Freizeit und nicht gegen Entgelt zustoßen.

Dabei waren Unfälle versichert, die beim Fahren auf Rennstrecken oder Trainingsanlagen für Motorsport sowie bei Beteiligung an Fahrtveranstaltungen einschließlich der offiziellen Trainings- und Qualifikationsfahrten, bei denen es „auf das schnellstmögliche Zurücklegen einer vorgegebenen Fahrtstrecke oder die Bewältigung von Hindernissen bzw. schwierigem Gelände ankommt“, passieren.

Vor der Antragstellung hatte der Makler des Versicherungsnehmers eine Anfrage an den Versicherer gestellt, ob für den 2008 geborenen Sohn, der hobbymäßig Endurorennen fahre, diese Deckung Spezialschutz Motorsport gemacht werden könne.

Der Versicherer hatte geantwortet: „„im Rahmen der Kinderunfallversicherung ist das Risiko Motorsport bis zu den eingeschränkten Versicherungssummen (wie in der Klausel UVKU4122) mitversichert“.

Versicherer war fehlende Lenkberechtigung bekannt

Nach der Deckungsablehnung wandte sich der Versicherungsnehmer über seine Makler mit einem Schlichtungsantrag an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungssachen (RSS).

Er begründet dies damit, dass dem Versicherer bekannt gewesen sei, dass der Sohn altersbedingt nicht über eine Lenkberechtigung für den angegebenen Motorsport verfügen habe können und trotzdem die Deckung bestätigt habe.

Der Versicherer erklärte, sich nicht am Schlichtungsverfahren zu beteiligen.

Über die Führerscheinklausel

In ihrer Empfehlung geht die RSS einleitend auf die Judikatur zur „Führerscheinklausel“ ein; Diese sei vom Obersten Gerichtshof schon mehrfach als Obliegenheit qualifiziert worden.

Deren Verletzung müsse der Versicherer beweisen. Der Versicherungsnehmer wiederum könne mangelndes Verschulden oder mangelnde Kausalität beweisen.

Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer werde diese Klausel so verstehen, dass er, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz verfügen muss, so die RSS.

Im vorliegenden Fall bestreite der Versicherungsnehmer nicht, dass eine Obliegenheitsverletzung vorlag; ebenso wenig bringe er Argumente vor, warum dies nicht auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers Einfluss gehabt hätte.

Deckung nicht empfohlen

Der Makler argumentiert aber, dass der Versicherer das Alter des mitversicherten Sohnes gekannt habe. Er sei vom Versicherer im Glauben gelassen worden, dass auch für den Sohn des Antragstellers das Fahren mit Enduromaschinen ein versichertes Risiko sei.

Dem hält die RSS entgegen, dass der Versicherer weder im Antrag, der mit der Polizze übereinstimmt, noch in der genannten Auskunft vor der Antragstellung einen Versicherungsschutz für jegliche motorsportliche Aktivität zugesagt habe.

Der Versicherer habe in seiner Auskunft nur die AUVB wiedergegeben und auf die UVKU4122 verwiesen; aus dem Wortlaut dieser Klauseln sei aber nicht abzuleiten, dass die Obliegenheit zum Besitz einer Lenkberechtigung abbedungen worden wäre.

Die RSS empfahl dem Versicherer daher nicht die Deckung des Schadenfalles; denkbar wäre aber ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers, wenn dem Versicherer aufgrund der Korrespondenz mit dem Makler eine Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten nachgewiesen werden könnte.

Zum Herunterladen

Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (167 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.

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