OGH zur Serienschadenklausel bei Fremdwährungskrediten

6.12.2024 – Wenn mehrere Versicherungsfälle einen ursächlichen und zeitlich zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen, liegt ein Serienschaden vor, betont der Oberste Gerichtshof. Das trifft im vorliegenden Fall zu: Der Geldwechselvertrag wurde erst aufgrund des Fremdwährungskreditvertrags notwendig. Für Klagen gegen die Bank steht die Versicherungssumme aus der Rechtsschutzversicherung nur einmal zu.

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Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Im Jahr 2006 schloss F. bei einer Bank einen Fremdwährungskreditvertrag in Schweizer Franken ab. Er behauptete, dass dieser intransparente und missbräuchliche Klauseln enthielt und daher nichtig sei.

Er ging in einer Klage gegen die Bank vor; diese wurde rechtskräftig abgewiesen. Sein Rechtsschutzversicherer erbrachte für diesen Rechtsstreit eine Versicherungsleistung in Höhe von 18.968,22 Euro.

F. will nun erneut gegen die Bank vorgehen, diesmal verlangt er die Rückabwicklung des im Zuge des Abschlusses des Fremdwährungskreditvertrags abgeschlossenen Geldwechselvertrags; er argumentiert, dass die Konvertierungsklauseln nichtig seien.

Bedingungslage

F. verfügt über einen aufrechten Rechtsschutzversicherungsvertrag, vereinbart sind die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2003).

Nach Artikel 6.7.2 dieser Bedingungen steht die Versicherungssumme „bei mehreren Versicherungsfällen, die einen ursächlich zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen“ nur einmal zur Verfügung.

Erneut Rechtsschutzdeckung gefordert

Für den geplanten Prozess fordert er von seinem Rechtsschutzversicherer erneut Deckung. Er steht auf dem Standpunkt, dass ihm für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Geldwechselvertrags die gesamte Versicherungssumme zur Verfügung steht.

Der Rechtsschutzversicherer teilte ihm mit, dass die seinerzeitige Deckungszusage auch für die nun geplante Rechtsverfolgung gelte. Für beide Verfahren zusammen stehe die Versicherungssumme von 41.000 Euro zur Verfügung, davon seien bereits 18.968,22 Euro verbraucht worden.

Daraufhin reichte F. Klage gegen den Rechtsschutzversicherer ein. Das Erstgericht wies die Klage ab, weil es vom Vorliegen eines Serienschadens ausging. Das Berufungsgericht gab dagegen der Klage statt, da zwei getrennte Versicherungsfälle vorliegen würden.

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Versicherer daraufhin in einer ordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof.

Klauseln der Bank waren Keim der Auseinandersetzung

Einleitend erklärt der OGH, dass für die im vorliegenden Fall beabsichtigte Geltendmachung reiner Vermögensschäden der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften als Versicherungsfall gilt.

Unter Verstoß sei dabei das Handeln gegen eine gesetzliche oder vertragliche Rechtspflicht oder das Unterlassen rechtlich gebotenen Tuns zu verstehen. Immer dann, wenn ein Verstoß vorliegt oder ernsthaft behauptet wird, trage er den Keim eines Rechtskonfliktes in sich, der zu Rechtskosten führen kann.

Hier liege der Keim der späteren Auseinandersetzung über die Rückabwicklung der Verträge bereits in der Verwendung der behauptetermaßen verpönten Klauseln zu den Modalitäten der Umrechnung der Fremdwährung im Rahmen der Begründung des Vertragsverhältnisses zwischen Bank und Kläger.

Was ein Serienschaden ist

Wenn mehrere Versicherungsfälle einen ursächlichen und zeitlich zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen, stehe die Versicherungssumme nur einmal zur Verfügung, so der OGH.

Dabei werden mittels einer Fiktion mehrere Versicherungsfälle als ein einziger behandelt. Entscheidend sei, dass diese Versicherungsfälle einem Geschehensablauf entspringen, der nach der Verkehrsauffassung als ein einheitlicher Lebensvorgang aufzufassen ist.

In diesem Fall sei die Zusammenfassung mehrerer Versicherungsfälle zu einem einheitlichen Leistungsfall, der die Leistung des Rechtsschutzversicherers bis zur Haftungshöchstsumme nur einmal auslöst, gerechtfertigt.

Nicht intransparent

Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der eine „gewisse Mindestkundigkeit“ aufweist, sei der Begriff des einheitlichen Vorgangs als Lebensvorgang verständlich. Man habe auch in bisherigen Entscheidungen zu Serienschadenklauseln das Kriterium eines einheitlichen Lebensvorgangs herangezogen.

Auch die Wendung „im Zusammenhang mit“ sei von den Höchstrichtern in früheren Entscheidungen als nicht intransparent qualifiziert worden; ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer verstehe also, was die Wortfolge „ursächlich zusammenhängend“ bedeutet.

Der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Formulierung in Artikel 6.7.2 ARB 2003 intransparent nach § 6 Absatz 3 Konsumentenschutzgesetz sei, widerspricht der OGH: Die Serienschadenklausel ist nicht intransparent.

Kredit- und Geldwechselvertrag

Aus der Unwirksamkeit eines Geldwechselvertrags könne nicht auf die Unwirksamkeit des Kreditvertrags geschlossen werden. Bei Fremdwährungskreditverträgen seien Devisengeschäfte mit dem Kreditgeber zwar häufig, aber weder faktisch noch rechtlich zwingend erforderlich.

Dieses „Trennungsmodell“ gehe davon aus, dass der Kredit zwar grundsätzlich ein Fremdwährungskredit bleibt, weil die Fremdwährung Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bleibt, aber zusätzlich ein Geldwechselvertrag abgeschlossen wird.

Der Fremdwährungskreditvertrag könne auch ohne Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden; in diesem Fall müssen die Zahlungen in der Fremdwährung erfolgen und der Kreditnehmer müsse sich die in fremder Währung zu leistenden Beträge selbst beschaffen.

Revision des Versicherers erfolgreich

Im vorliegenden Fall habe sich der Kreditnehmer allerdings entschlossen, gleichzeitig mit dem Kreditvertrag auch einen Geldwechselvertrag mit der kreditgewährenden Bank abzuschließen.

Weil der Fremdwährungskreditvertrag aber erst den Geldwechselvertrag notwendig gemacht habe, würden beide Verträge in einem ursächlichen Zusammenhang stehen, betont der OGH. In der Verwendung der Klauseln in diesen Verträgen sei daher der geforderte einheitliche Vorgang gelegen.

Dies umso mehr, als die beiden Verträge in einer gemeinsamen Vertragsurkunde zusammengefasst wurden und ihnen dieselben, vom Kläger bemängelten Klauseln zugrunde gelegt wurden. Die für die Anfechtung beider Verträge vorgesehene Versicherungssumme stehe also nur einmal zur Verfügung.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision des Versicherers daher Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob115/24y vom 23. Oktober 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Darlehen · Rechtsschutz · Vermögensschaden
 
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