23.10.2024 – Der Brand eines Ölradiators breitete sich nicht aus, weil er in ausreichender Entfernung von brennbaren Stoffen und auf nicht brennbarem Untergrund aufgestellt war, der Schaden für das Unternehmen belief sich dennoch auf mehr als 116.000 Euro. Der OGH qualifizierte dies als Brand, der Versicherer ist leistungspflichtig.
Um Frostschäden zu vermeiden, wurde in einem Getreidemühlen-Betrieb während des Betriebsurlaubs vom 24. Dezember 2021 bis zum 9. Jänner 2022 ein Ölradiator aufgestellt; dieses Gerät war zuvor bereits zehn Jahre lang zu diesem Zweck verwendet worden. Es gab nie Probleme.
Der Ölradiator wurde nicht im Dauerbetrieb verwendet, sondern nur eingeschaltet, wenn die Gefahr von Frostschäden bestand – so auch am Nachmittag des 2. Jänner 2022. Das Gerät war in ausreichender Entfernung von brennbaren Stoffen und auf nicht brennbarem Untergrund aufgestellt.
Am 3. Jänner 2022 kam es dann zu einem nicht bestimmungsgemäßen unkontrollierten Brennen von Kunststoffteilen und Kunststoffen der elektrischen Bauteile des Gerätes, Grund war ein elektrischer Kurzschluss im Bereich des Schnellheizers im Ölradiator.
Aufgrund der Platzierung blieb der Brand auf den Ölradiator begrenzt, die abtropfenden Kunststoffteile wären allerdings in der Lage gewesen, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen. Der Schaden für das Unternehmen summierte sich dennoch auf mehr als 116.000 Euro.
Der Getreidemühlenbetreiber verfügt über einen Feuerversicherungsvertrag, vereinbart sind die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2002/Stufe 2).
Zu den versicherten Gefahren zählt ein Brand, der als „ein Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet (Schadenfeuer)“ definiert ist.
Von seinem Versicherer fordert der Versicherungsnehmer die Deckung des bei diesem Ereignis eingetretenen Schadens, der Versicherer bestreitet, dass ein Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen vorlag. Daraufhin reichte der Getreidemühlenbetreiber Klage ein.
Das Erstgericht gab der Klage statt; es wertete das Ereignis als Schadenfeuer, da die Fähigkeit zum zündenden Weitergreifen auf andere Stoffe jedenfalls gegeben gewesen sei.
Das Berufungsgericht wies die Klage dagegen ab. Es argumentierte, die AFB 2002 würden bei der Definition eines Brandes auf eine tatsächliche Ausbreitung des Feuers abstellen und nicht wie in früher von der Rechtsprechung behandelten Klauseln auf die selbständige Ausbreitungsfähigkeit.
Die ordentliche Revision vor dem Obersten Gerichtshof wurde zugelassen, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Versicherungsbedingungen fehle, die auf eine „Ausbreitung“ und nicht mehr auf eine „selbstständige Ausbreitungsfähigkeit“ eines Feuers abstellen.
In seiner rechtlichen Beurteilung betont der OGH, dass nach den früheren Bedingungen ein Brand ein Feuer voraussetzte; dabei sei als Feuer jeder Verbrennungsvorgang mit Lichterscheinung zu verstehen. Bei letzterer könne es sich um Flammen, Funken oder ein Glimmen handeln.
Darüber hinaus musste es sich bisher um ein Feuer handeln, das ohne bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder diesen verlassen hat. Damit sollte das Schadenfeuer vom Nutzfeuer unterschieden werden; diese Abgrenzung werde nun nicht mehr ausdrücklich angeführt.
Zur Abgrenzung vom Bagatellfeuer enthielten die früheren Bedingungen die Wortfolge „dass sich das Feuer aus eigener Kraft auszubreiten vermag“. Dies bedeute, dass das Feuer die für eine zumindest geringfügige Ausdehnung über die ursprüngliche Ausgangsstelle benötigte Energie selbst bereitstellen muss.
Im vorliegenden Fall liege unzweifelhaft ein ausbreitungsfähiges Feuer vor; das Erstgericht habe nämlich festgestellt, dass die abtropfenden Kunststoffteile in der Lage gewesen wären, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen.
Damit sei hier nur zu beurteilen, ob die nach früherer Bedingungslage ausreichende Ausbreitungsfähigkeit eines Feuers auch nach den aktuellen Bedingungen für die Beurteilung als Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen genügt, so der OGH.
In der Literatur werde vertreten, dass mit der sprachlichen Neufassung der Bedingungen keine inhaltliche Änderung angestrebt wurde; es sei weiterhin vom Kriterium einer selbständigen Ausbreitungsfähigkeit des Feuers auszugehen.
Dies bedeute, dass man auf die bisherige Lehre und Rechtsprechung zum Brandbegriff zurückgreifen könne.
Die Definition eines Schadenfeuers in der neuen Bedingungslage als „Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet“ unterscheide sich von einer Formulierung beispielsweise als „Feuer, das sich … ausgebreitet hat“ auch sprachlich, betonen die Höchstrichter.
Es werde damit nämlich eine grundsätzliche Eigenschaft des Feuers und nicht zwingend eine tatsächliche Ausbreitung beschrieben.
Auch nach der neuen Bedingungslage der AFB 2002 sei ein Schadenfeuer daher ein solches, das die Fähigkeit besitzt, sich auszubreiten. Für das Vorliegen eines Brandes sei es nicht entscheidend, ob sich das Feuer tatsächlich ausgebreitet hat oder die Ausbreitung noch verhindert werden konnte.
Darüber hinaus habe entgegen der Argumentation des Versicherers keine Gefahrenerhöhung stattgefunden, da der Ölradiator „gerade nicht“ im ununterbrochenen Betrieb war. Damit erwies sich die Revision als berechtigt, der OGH hat die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt.
Die OGH-Entscheidung 7Ob113/24d vom 23. September 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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