OGH: Kaskoleistung trotz Alkoholisierung?

22.11.2024 – Nach einem Kfz-Schaden aufgrund alkoholisierter Fahrt wollte die Versicherungsnehmerin – die nicht selbst gefahren war – eine Leistung ihres Kaskoversicherers. Der lehnte ab, die Gerichte auch. Und der OGH hielt fest: Die – noch vor Übermittlung des Behördenakts ohne jegliche vorangegangene Auseinandersetzung mit möglichen Obliegenheitsverletzungen – erfolgte Information über die grundsätzliche Art der Abwicklung eines Totalschadensfalls war nicht als ein konstitutives Anerkenntnis der Deckungspflicht zu werten.

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Justitia (Bild: Tingey Injury Law Firm)
Bild: Tingey Injury Law Firm

Der Pkw von Frau B. ist kaskoversichert, der Vertrag enthält die Obliegenheit, „dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet“.

Ihr damaliger Lebensgefährte verursachte mit diesem Fahrzeug 2023 in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall. B. wollte für die unfallbedingten Schäden eine Versicherungsleistung.

Der Versicherer wandte die Verletzung der Alkoholklausel ein, die Gerichte wiesen die Klage wegen schuldhafter Verletzung der Alkoholklausel ab.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) bewertete B.s Revision als unzulässig, da keine „erhebliche Rechtsfrage“ zu klären sei. Er ging dennoch auf einige wesentliche Aspekte ein.

Die „Wahrnehmung des Alkoholkonsums“ des Lenkers

Zunächst hielt er fest: Die Verletzung der Alkoholklausel fällt nicht nur dem Versicherungsnehmer, wenn er selbst alkoholisiert gefahren ist, zur Last, sondern auch dann, wenn er sein Fahrzeug eine derart beeinträchtigte Person lenken lassen hat.

Der Versicherte könne sich von den Folgen dieser Obliegenheitsverletzung nur durch den Beweis des Fehlens jedes Verschuldens oder den Kausalitätsgegenbeweis befreien. Wenn der Verdacht der Obliegenheitsverletzung nicht vollständig ausgeräumt werden kann, komme es zur Leistungsfreiheit.

Laut Erstgericht stand nicht fest, ob B. den – nach einem Lokalbesuch bei ihr zu Hause fortgesetzten – Alkoholkonsum des Lebensgefährten wahrgenommen hat. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass diese „Negativfeststellung“ zu B.s Lasten geht; diesen Standpunkt hielt der OGH nicht für korrekturbedürftig.

Da bereits „die Möglichkeit des unmittelbaren Wahrnehmens des Alkoholkonsums“ zu Lasten B.s nicht ausgeschlossen werden könne, komme es – nach den dargestellten Beweislastregeln – auf eine mögliche Nachforschungspflicht und das Auffallen von Alkoholisierungszeichen nicht mehr an.

Soweit sich die Revision auf eine erforderliche positive Kenntnis einer Alkoholisierung bei Fahrtantritt bezieht, gehe es dabei um die Voraussetzungen für das Vorliegen von § 61 VersVG und damit um grobes Verschulden, „weshalb daraus für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen ist“.

„Konstitutives Anerkenntnis“ der Deckungspflicht?

Zuletzt befasste sich der OGH mit der Frage, ob ein „konstitutives Anerkenntnis“ der Deckungspflicht vorlag. Ein solches, erklärt der OGH vorweg, ist eine Willenserklärung, die so zustande kommt: Eine Seite behauptet einen Anspruch „ernstlich“, die andere Seite beseitigt die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechts dadurch, dass sie „das Recht zugibt“.

„Es ruft das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, dass es nicht bestanden haben soll, ins Leben“, so der OGH weiter. Es setze die Absicht des Anerkennenden voraus, „unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbstständige Verpflichtung zu schaffen“.

Ein konstitutives Anerkenntnis bleibe auch gültig, wenn später nachweisbar ist, was im Zeitpunkt des Anerkenntnisses noch strittig oder unsicher war. Weil „abstrakte Geschäfte“ nach österreichischem Recht grundsätzlich unzulässig sind, ist ein konstitutives Anerkenntnis nur wirksam, „wenn dadurch ein Streit oder Zweifel über das Bestehen eines bestimmten Rechts bereinigt werden soll“, so der OGH.

Grundsätzliche Vorabinformation war kein konstitutives Anerkenntnis

Warum spielt das hier eine Rolle? Noch vor Übermittlung des Behördenakts, ohne jegliche vorangegangene Auseinandersetzung mit möglichen Obliegenheitsverletzungen, erfolgte eine Information über die grundsätzliche Art der Abwicklung eines Totalschadensfalls.

Diese Information haben die Vorinstanzen „vertretbar nicht als ein konstitutives Anerkenntnis der Beklagten im Hinblick auf ihre Deckungspflicht gewertet“, stellte der OGH fest.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob158/24x vom 23. Oktober 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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