18.3.2025 – Der Oberste Gerichtshof entschied: Die Versicherungsnehmerin habe eine Situation geschaffen, die eine Ausbreitung des Brandes begünstigte. Sollte ihr dies nicht bewusst gewesen sein, so sei ihr Nichtwissen verschuldet gewesen. Der Versicherer ist leistungsfrei.
Im Jahr 2022 wurde ein Wohngebäude bei einem Brand beschädigt, der von einem als Garage genutzten Raum ausgegangen war. Die Eigentümerin des Hauses fordert von ihrem Eigenheimversicherer die Deckung des Schadens.
Die Nutzung der Räumlichkeit als Garage erfolgte erst nach Abschluss des Versicherungsvertrags. Dort waren an der einzigen vorhandenen Steckdose mehrere Steckdosenverteiler angebracht, an denen eine Vielzahl von größtenteils dauernd betriebenen Elektrogeräten angeschlossen war.
Darüber hinaus war in diesem Raum Treibstoff in großer Menge gelagert; eine Brandschutztüre zum Wohnbereich existierte nicht.
Der für das Wohngebäude abgeschlossene Eigenheimversicherungsvertrag umfasste auch eine Feuerversicherung. Vereinbart waren die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS 2020/Stufe 1).
Demnach durfte der Versicherungsnehmer nach Vertragsabschluss keine Gefahrenerhöhung vornehmen oder deren Vornahme einem Dritten gestatten, ohne dass der Versicherer dazu seine Einwilligung erteilt.
Bei Verletzung dieser Pflicht sollte der Versicherer gemäß den Voraussetzungen der §§ 23 bis 31 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei sein.
Der Versicherer lehnte eine Leistung ab, worauf die Versicherungsnehmerin Klage einreichte. Erst- und Berufungsgericht wiesen diese wegen einer von der Klägerin verschuldeten Gefahrenerhöhung ab.
Die Versicherungsnehmerin wandte sich daraufhin in einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof. Dieser geht einleitend auf den Begriff der Gefahrenerhöhung ein.
Dabei handle es sich um eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen, gefahrenerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht, so der OGH.
Nur eine willkürlich herbeigeführte Gefahrenerhöhung führe zur Leistungsfreiheit des Versicherers; Verschuldetes Nichtwissen, das so schwer ins Gewicht fällt, dass es wegen der Sinnfälligkeit der Gefahr einer positiven Kenntnis gleichkommt, stehe dem Wissen um die Gefahrenerhöhung gleich.
Es halte sich im Rahmen der Rechtsprechung, wenn das Berufungsgericht die Nutzung des Raumes als Garage, das Anbringen mehrerer Steckdosenverteiler, den Dauerbetrieb von daran angeschlossenen Geräten und das Lagern von Treibstoff als Gefahrenerhöhung bewertet habe, so der OGH.
Sollte die Versicherungsnehmerin nicht gewusst haben, dass das Zusammenwirken dieser Umstände das Brandrisiko drastisch erhöht, so sei ihr das als ein der positiven Kenntnis gleichkommendes, schwerwiegendes Nichtwissen anzulasten.
Dem Argument, dass die Nutzung des Raumes als Garage und die Lagerung von Treibstoff nicht kausal für den Brand waren, hält der OGH entgegen, dass die Überlastung der Steckdose unmittelbare Brandursache war.
Sowohl die Treibstofflagerung als auch das Fehlen einer Brandschutztüre hätten dann die Ausbreitung des Brandes begünstigt; all dies sei auf die von der Klägerin geschaffene Situation zurückzuführen. Der OGH hat deshalb die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.
Die OGH-Entscheidung 7Ob203/24i vom 19. Februar 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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