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Nach Unfalltod: Streit um Unterhalt für Lebensgefährtin und Kind

23.7.2024 – Da eine Lebensgefährtin keinen Unterhaltsanspruch hat, habe sie auch keinen Ersatzanspruch, so der OGH. Anders der Schadenersatz für das uneheliche Kind: Ihm stehen Unterhalt in Höhe der vor dem Tod des Vaters erhaltenen Unterhaltsleistungen sowie die gesamten Fixkosten für den Haushalt zu.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Bei einem Verkehrsunfall, an dem der Unfallgegner die Alleinschuld trug, wurde der Lebensgefährte von S. und Vater ihrer 2016 geborenen Tochter getötet.

Die Lebensgefährtin fordert in einer Klage vom Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer knapp 45.000 Euro, Rente und Feststellung, die minderjährige Tochter 33.333,33 Euro, Rente und ebenfalls Feststellung. Beide stützen sich dabei auf § 1327 ABGB.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage der Lebensgefährtin ab, da sie keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gehabt habe. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts legte die Lebensgefährtin außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof ein.

Die Forderung der Tochter wurde – abzüglich der Waisenpension – anerkannt. Ihr stünden ausgehend von den tatsächlich in natura erhaltenen Unterhaltsleistungen Ersatz in Höhe ihrer Konsumquote sowie die vom Getöteten getragenen Fixkosten in voller Höhe zu. Dagegen legte der Versicherer außerordentliche Revision ein.

Keine Rente für die Lebensgefährtin

In seiner rechtlichen Beurteilung geht der OGH zuerst auf die Forderungen der Lebensgefährtin des Getöteten ein. Grundvoraussetzung für einen Anspruch nach § 1327 ABGB sei es, dass ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch bestehe.

Grundsätzlich seien mittelbare Schäden nicht zu ersetzen. § 1327 enthalte aber eine Sonderregelung zugunsten mittelbar Geschädigter, die dem nach dem Gesetz Unterhaltsberechtigten originäre Ansprüche auf Ersatz einer entgangenen tatsächlichen Unterhaltsleistung gewährt.

Um den Kreis der Anspruchsberechtigten überschaubar zu halten, gehe die ständige Rechtsprechung des OGH davon aus, dass der bloße Lebensgefährte mangels gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nicht berechtigt sei, einen Ersatzanspruch nach § 1327 ABGB geltend zu machen.

Die außerordentliche Revision der Erstklägerin erwies sich damit mangels einer erheblichen Rechtsfrage als nicht zulässig.

Auch reichlich bemessener Unterhalt steht zu

Eine einem Hinterbliebenen nach § 1327 zuerkannte Rente sei keine Unterhaltsforderung, sondern eine Schadenersatzforderung, betont der OGH. Dabei sei der gesetzliche Unterhaltsanspruch als Mindestanspruch anzusehen.

Habe der Getötete höhere Beträge geleistet als jene, zu denen er nach seiner Vermögenslage verpflichtet gewesen wäre, so müssen auch diese ersetzt werden. Auch ein aus persönlichen oder sittlichen Erwägungen reichlich bemessener Unterhalt bleibe Unterhalt und damit Basis für die Schadenersatzpflicht.

Die Rechtsprechung fordere in diesem Zusammenhang nur, dass die Unterhaltsleistung noch einigermaßen in ein Verhältnis zur gesetzlichen Unterhaltspflicht gesetzt werden kann.

Prozentsatzmethode nicht relevant

Für die Berechnung eines Geldunterhaltes sind von der Rechtsprechung bestimmte Prozentsätze des monatlichen Nettoeinkommens festgelegt worden (Prozentsatzmethode).

Es bestehe aber keine Veranlassung, diese Methode anzuwenden, wenn einem Kind der gesetzliche Unterhalt im Haushalt der Eltern als Naturalunterhalt gewährt wurde, so die Höchstrichter.

Der Argumentation des Versicherers, der eine Begrenzung des Ersatzanspruchs nach § 1327 ABGB unter Berücksichtigung des Regelbedarfs und der Luxusgrenze anstrebt, widerspricht der OGH. Diese Überlegungen würden nämlich im Zusammenhang mit der hier nicht anzuwendenden Prozentsatzmethode stehen.

Wie viel dem Kind zusteht

Ausgangspunkt für die Berechnung sei das fiktive Nettoeinkommen des Getöteten. Davon seien die für den gemeinsamen Haushalt anfallenden Fixkosten abzuziehen. Anschließend müssten für den Rest die Konsumquoten des Getöteten und die des bzw. der Unterhaltsberechtigten festgestellt werden.

Dem Geschädigten stehe dann die Summe aus Fixkosten und seiner Konsumquote als Unterhaltsrente zu.

Auch wenn die mit dem Vater nicht verheiratete Mutter, die keinen Unterhaltsanspruch hat, mit dem Kind wohnen bleibt, habe das uneheliche Kind zur Gänze Anspruch auf die zuvor vom Vater getragenen, mit der Wohnversorgung im Zusammenhang stehenden Fixkosten.

Die außerordentliche Revision des Versicherers gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Unterhaltsanspruch des Kindes wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 2Ob113/24t vom 25. Juni 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Rente  · Risikoleben · Steuern
 
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