Nach Unfall: Streit um Schadenersatz für Eigenleistungen

11.7.2024 – Schadenersatz stehe in allen Bereichen zu, in denen ein Geschädigter seine Arbeitskraft ohne den Unfall eingesetzt hätte, also auch für Eigenleistungen beim Bau eines Hauses, so der OGH. Allerdings müsse der Bau bereits begonnen haben oder sehr konkret geplant sein. Im vorliegenden Fall stehe aber nicht fest, dass der Geschädigte Arbeitsleistungen erbracht hätte.

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Symbolfoto (Bild: Heike Hering auf pixelio.de)
Symbolfoto (Bild: Heike Hering auf pixelio.de)

Im Oktober 2019 wurde ein Radfahrer bei einem Verkehrsunfall, an dem den gegnerischen Pkw-Lenker die Alleinschuld traf, verletzt. Von dessen Haftpflichtversicherer fordert er in einer Klage unter anderem Schadenersatz, weil er für den Bau seines Hauses keine Eigenleistungen mehr erbringen könne.

Die Vorinstanzen wiesen diese Forderung ab, da nicht feststehe, dass er in Zukunft Arbeitsleistungen bei einem erst zu errichtenden Haus erbracht hätte. Daraufhin wandte er sich in einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof.

Schädiger muss Wert der Arbeitskraft ersetzen

Der OGH hält in seiner rechtlichen Beurteilung fest, dass die wirtschaftlich eingesetzte Arbeitskraft einen selbständigen Wert darstelle. Dieser Wert sei bei einer völligen oder teilweisen, dauernden oder vorübergehenden Vernichtung der Arbeitskraft vom Schädiger zu ersetzen.

Werde die Verfügbarkeit der individuellen Arbeitskraft unfallkausal durch eine Verletzung beeinträchtigt, so begründe der entgehende Wert der Arbeitskraft einen Verdienstentgang.

Dabei entstehe der Schaden infolge Verdienstentgangs durch Verlust oder Beeinträchtigung der Arbeitskraft in allen Bereichen, in denen der Geschädigte nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge seine Arbeitskraft ohne den Unfall eingesetzt hätte.

Verdienstentgang beim Bau des eigenen Hauses

Auch ein Verdienstentgang für eine konkret geplante, unfallkausal aber verhinderte Mitwirkung beim Bau des eigenen Hauses werde von der Rechtsprechung anerkannt; in bisherigen Fällen sei aber bereits vor dem Unfall mit dem Hausbau begonnen worden oder dieser zumindest sehr konkret geplant gewesen.

Der vorliegende Fall unterscheide sich aber von diesen Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines positiven Schadens bejaht hatte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts sei nicht korrekturbedürftig, da eben nicht feststehe, dass die Arbeitsleistungen erbracht worden wären.

Die außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, der Haftpflichtversicherer ist, was den Schadenersatz wegen unterbliebener Eigenleistungen beim Hausbau betrifft, leistungsfrei.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 2Ob39/24k vom 28. Mai 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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