Gericht: Vier Klauseln in Uniqa-Bonusprogramm unzulässig

23.8.2024 – Vier Bestimmungen in den AGB des „myUniqa plus“-Programms sind vom Handelsgericht Wien in einem nicht rechtskräftigen Urteil als unzulässig qualifiziert worden. Im Wesentlichen geht es um die Pflicht, der elektronischen Kommunikation zuzustimmen, damit die Chance auf den Schadenfrei-Bonus besteht, sowie um Regelungen zur Änderung der Bonushöhe und zur Beendigung der Bonusvereinbarung. Der VKI hatte diese als rechtswidrig erachtet.

Justitia (Bild: Tingey Injury Law Firm)
Bild: Tingey Injury Law Firm

Bestimmungen aus den AGB für den Vorteilsclub „myUniqa plus“ der Uniqa Österreich Versicherungen AG sind vor Gericht gelandet. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist im Auftrag des Sozialministeriums gegen mehrere Klauseln vorgegangen.

Das „myUniqa plus“-Programm belohnt seine Mitglieder mit einem Schadenfrei-Bonus. Für Privatkunden im Alter unter 26 Jahren beträgt er 10 Prozent der Bemessungsgrundlage; für Privatkunden, die älter sind, sind es 5 Prozent.

Voraussetzung für die Teilnahme an dem Kundenbindungsprogramm ist die Anmeldung zum elektronischen Postfach. Dies wiederum setzt voraus, dass der Kunde der elektronischen Kommunikation zustimmt.

Die Position des VKI

Der VKI sieht darin einen Verstoß gegen § 5a VersVG. Die „Freiwilligkeit“ der elektronischen Kommunikation sei nicht gegeben; es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Kostenersparnis durch elektronische Kommunikation und dem Bonus. Vielmehr sei es ein Bonus für Schadenfreiheit.

Die Verweigerung der elektronischen Kommunikation keine Kostenfolgen für den Kunden haben dürfe. Außerdem fehle eine sachliche Rechtfertigung, das Entstehen und das Fortbestehen des Schadenfreiheitsbonus an die elektronische Kommunikation zu knüpfen.

Für den Kunden bestehe auch das Risiko, dass der Versicherer die Bonuszahlungen willkürlich reduziert oder – bei Widerspruch des Kunden – die Bonusvereinbarung beendet. Dies ermögliche dem Versicherer eine einseitige Erhöhung der jährlichen Gesamtbelastung via Zustimmungsfiktion.

Die Position der Uniqa

Die Uniqa vertrat den Standpunkt, es sei nicht verboten, für die Vereinbarung der elektronischen Kommunikation einen finanziellen Anreiz zu gewähren.

Das Kundenbindungsprogramm bringe der Uniqa Ersparnisse etwa in Bezug auf das elektronische Postfach oder die Einzugsermächtigung, höhere Loyalität und geringere Schadenquoten.

Die Bemessung des Bonus stehe in einem sachlichen Zusammenhang mit den durchschnittlichen Einsparungen des Versicherers durch die Digitalisierung der Kundenkommunikation.

Eine Reduktion des Bonus sei keine Prämienerhöhung. Und: Dem Versicherer müsse es auch freistehen, ein Kundenbindungsprogramm wieder zu beenden.

Handelsgericht kippt vier Bestimmungen

Das Handelsgericht Wien hat sich mit dieser Angelegenheit auseinandergesetzt. In seinem laut VKI noch nicht rechtskräftigen Urteil hat es vier Bestimmungen aus den AGB kassiert, siehe Kasten.

Die strittigen Klauseln

Klausel

Besprechung

Klausel 1 (Pkt. 2.1. AGB)

„Der Kunde muss sich auf dem Kundenportal myUNIQA registriert haben und zum elektronischen Postfach angemeldet sein.“



Zu dieser Klausel befand das Gericht: Die Willensfreiheit des Kunden bzw. Versicherungsnehmers bei der Entscheidung zur elektronischen Kommunikation ist nicht mehr gegeben, wenn der Versicherungsnehmer bei der Wahl der postalischen Zusendung damit nicht in Zusammenhang stehende (finanzielle) Einschränkungen hinnehmen muss.

„Insofern ist sehr wohl eine sachliche Rechtfertigung zwischen dem gewährten Bonus und der mit der elektronischen Kommunikation im Zusammenhang stehenden Ersparnis der Beklagten erforderlich.“

Der Bonus werde „zu einem Großteil für Schadenfreiheit und Einzugsermächtigung“ gewährt. Bereits daraus ergebe sich, dass er „jedenfalls zu einem überwiegenden Teil nicht in einem sachlich gerechtfertigten Zusammenhang zur durch die elektronische Kommunikation erwirkten Ersparnis steht.“

Dies folge auch schon daraus, dass der Bonus für jüngere Kunden doppelt so hoch sei wie für ältere, „zumal der Versand von Post an unter 26-jährige Versicherungsnehmer keine höheren Kosten verursachen kann als jener der über 26-jährigen Versicherungsnehmer“.

Die Klausel verstoße gegen § 5a Abs. 1 VersVG und sei daher unwirksam. Zudem sei sie gröblich benachteiligend (§ 879 Abs. 3 ABGB), weil sie die Möglichkeit, den Schadenfreibonus zu bekommen, entgegen § 5a Abs. 1 VersVG an eine elektronische Kommunikation knüpft, wofür „eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht“.

Klausel 2 (Pkt 3.3. AGB)

„Die Teilnahme endet mit dem Zeitpunkt, ab dem die unter Punkt 2.1. geregelten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden oder der Kunde einer Herabsetzung des myUNIQA plus Bonus unter den Voraussetzungen des Punkte 8.2. wiederspricht.“



Punkt 2.1. AGB verweist auf Punkt 3.3. AGB. Da aber Punkt 2.1. AGB unwirksam sei, sei auch der darauf aufbauende Punkt 3.3. unzulässig.

Ein weiterer Grund für seine Unzulässigkeit sei, dass er es dem Versicherer erlaube, die Bonus-Vereinbarung bei Widerruf der Zustimmung zur elektronischen Kommunikation zu beenden, „obwohl zwischen dieser und den Einsparungen [des Versicherers] in Bezug auf die elektronische Kommunikation keine sachliche Rechtfertigung besteht“.

Damit verstoße auch diese Klausel gegen den Grundsatz der Freiwilligkeit in Bezug auf die Zustimmung zur elektronischen Kommunikation.

Das Handelsgericht sieht auch einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Z. 5 KSchG. Denn: Die Klausel ermögliche dem Versicherer eine sachlich nicht gerechtfertigte Beendigung der Bonusvereinbarung, die bewirke, dass den Kunden trotz Schadenfreiheit „im Ergebnis eine höhere jährliche Gesamtbelastung trifft“.

Klausel 3 (Pkt. 3.2. AGB)

„UNIQA kann myUNIQA plus zu jedem Monatsletzten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Wochen in geschriebener Form kündigen.“



Diese Bestimmung wertete das Handelsgericht als Umgehung der von § 5a VersVG vorgesehenen Wahlmöglichkeit und der Freiwilligkeit. Denn der Versicherer könne damit die Bonusvereinbarung „grundlos, sohin insbesondere im Fall des Widerrufs der Zustimmung zur elektronischen Kommunikation“ beenden.

Auch diese Klausel erachtet das Gericht als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs. 3 ABGB), weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gebe, dass Kunden die Anwartschaft auf den Bonus „aufgeben müssen, wenn sie ihre Zustimmung zur elektronischen Kommunikation widerrufen“, die eine höhere Gesamtbelastung trotz Schadenfreiheit darstelle.

Klausel 4 (Pkt. 8.2. AGB)

„UNIQA darf den Prozentsatz der Höhe des myUNIQA plus Bonus in Punkt 6.2 pro Kalenderjahr um maximal 1 % im Vergleich zu dem im Vorjahr gewährten Prozentsatz absenken.

UNIQA wird dem Kunden die beabsichtigte Herabsetzung durch Mitteilung in sein Kundenportal myUNIQA zur Kenntnis bringen und ihn darauf hinweisen, dass die Herabsetzung in Kraft tritt, wenn er ihr nicht binnen 12 Wochen widerspricht. Der Wiederspruch des Kunden gilt als Beendigungsgrund (Punkt 3.3.)“

Punkt 8.2. AGB enthält Bestimmungen zur Änderung der Bonus-Höhe. Die Klausel, so das Gericht, räume dem Versicherer die Möglichkeit ein, die jährliche Gesamtbelastung einseitig zu erhöhen. Damit verstoße sie gegen § 6 Abs. 1 Z. 5 KSchG „und gegen § 879 Abs. 3 ABGB, weil die Erhöhung via Zustimmungsfunktion durchgeführt werden soll“.

Die Klausel sehe keine sachlich gerechtfertigten Gründe für eine Senkung vor; damit sei sie gröblich benachteiligend (§ 879 Abs. 3 ABGB) und intransparent (§ 6 Abs. 3 KSchG). Dass sie auch nur eine Senkung, aber keine Möglichkeit einer Erhöhung vorsehe, verstoße gegen § 6 Abs. 1 Z. 5 KSchG.

Überdies hält das Gericht das Klausel für intransparent, weil sie den Eindruck erwecke, der Versicherer sei berechtigt, den Prozentsatz einseitig zu senken bzw. bei Widerspruch „myUNIQA plus“ zu beenden.

Dies bedeute eine einseitige Preiserhöhung, „für die wiederum keine sachliche Rechtfertigung besteht und die darüber hinaus auch nicht bloß geringfügig ist“.

Die Entscheidung im Volltext

Die Entscheidung 57 Cg 42/23h des Handelsgerichts Wien vom 27. Mai 2024 kann von der VKI-Website verbraucherrecht.at als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

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