18.9.2024 – Das Handelsgericht Wien hat eine Klausel im Grundstückseigentums- und Mietrechtsschutz gekippt. Sie schließt die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung aus. Der OGH hatte 2023 im Fall eines anderen Versicherers eine ähnliche Bestimmung als intransparent bewertet. Für das Handelsgericht bestand kein Grund, die hier strittige Klausel anders zu beurteilen.
Das Handelsgericht Wien hat aufgrund einer Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) eine Klausel in den ARB 2023 der Generali Versicherung AG kassiert. Konkret ging es um eine Bestimmung in Artikel 24.3. des Rechtsschutzes für Grundstückseigentum und Miete (siehe Kasten).
Quelle: Urteil HG Wien 16 Cg 4/24y |
Im Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete besteht – neben den in Artikel 7 genannten Fällen – kein Versicherungsschutz für […] 3.4. die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung wie insbesondere in Enteignungs-, Flurverfassungs-, Raumordnungs-, Grundverkehrs- und Grundbuchsangelegenheiten. |
Der VKI vertrat den Standpunkt, die Klausel sei intransparent. Sie nehme generell Akte der Hoheitsverwaltung von der Deckung aus, führe aber in der nachfolgenden demonstrativen Aufzählung sowohl Materien bestimmter Verwaltungsverfahren als auch gerichtliche Verfahren an. Damit bleibe die Reichweite des Ausschlusses unklar.
Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend: Sie widerspreche massiv den berechtigten Deckungserwartungen. Bei konsumentenfeindlichster Auslegung würden auch Verfahren der Justiz von der Deckung ausgenommen.
Der VKI verwies auf einen 2023 entschiedenen Fall, in dem der Oberste Gerichtshof (7Ob92/23i) eine ähnliche Klausel eines anderen Versicherers als intransparent nach § 6 Abs. 3 KSchG bewertet hatte (VersicherungsJournal 20.10.2023).
Die Generali entgegnete: Der Risikoausschluss sei vor dem Hintergrund der primären Risikobeschreibung (Artikel 24.1. und 24.2.) zu sehen.
Dies mache deutlich, dass Akte der Hoheitsverwaltung nicht gedeckt sind, da die rechtlichen Auseinandersetzungen in diesem Zusammenhang weder aus Miet- oder Pachtverträgen noch aus dinglichen Rechten resultieren würden.
Deckungserwartungen sah die Generali nicht enttäuscht: Bei den betroffenen Rechtsmaterien handle es sich um einzelne seltene Fälle. Es handle sich um kostenintensive Sondermaterien, weshalb der Versicherer ein sachliches Interesse habe, sie von der Deckung auszunehmen.
Den vom VKI angeführten Fall aus dem Vorjahr sah die Generali nicht als vergleichbar an. Die Klausel sei systematisch anders eingeordnet und auch anders formuliert. Bei der demonstrativen Aufzählung fehle das Wort „ursächlich“. (Im damaligen Fall hieß es: „Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen 1. in ursächlichem Zusammenhang […] mit […]“.)
Das Handelsgericht war von der Argumentation der Generali nicht überzeugt. Aus der damaligen OGH-Entscheidung gehe nicht hervor, dass alleine die systematische Stellung der Klausel zur Unklarheit führte.
Die Unsicherheit, welche sonstigen Hoheitsakte bzw. weiteren Akte der Gerichtsbarkeit abgesehen von den demonstrativ aufgezählten Materien noch ausgeschlossen sind, gelte nämlich für alle Rechtsschutzbausteine gleichermaßen.
„Daran vermag auch die Anordnung der Klausel unmittelbar im Anschluss an die primäre Risikobeschreibung nichts zu ändern, zumal sämtliche demonstrativ aufgezählten Materien ohnehin erkennbar Bezug zu Immobilien haben.“
Auch die Anknüpfung an den bloßen – nicht notwendigerweise „ursächlichen“ – Zusammenhang mache die Regelung nicht klarer. Im Gegenteil: Sie weiche sie sogar noch weiter auf.
„So würden bei der gebotenen konsumentenfeindlichsten Auslegung sämtliche, auch dem streitigen Verfahren zuzurechnenden Materien, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Hoheitsakt stehen, von der Versicherungsdeckung ausgenommen.“
Zu denken wäre hier etwa an Bindungs- oder Tatbestandswirkungen von Verwaltungsakten, etwa jene nach § 364a ABGB.
Fazit des Handelsgerichts: Die vom OGH aufgeworfenen Bedenken erweisen sich auch für die vorliegende Klausel als einschlägig, sodass sie „aufgrund einer Verletzung von § 6 Abs. 3 KSchG unzulässig ist“.
Die nach Angaben des VKI rechtskräftige Entscheidung des Handelsgerichts Wien 16 Cg 4/24y vom 26. Juli 2024 kann als PDF-Dokument von der VKI-Website verbraucherrecht.at heruntergeladen werden.
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