8.7.2024 – Zwar spiele die Freigabe des Versicherungsvertrags beim Wechsel des Versicherers in der Kfz-Haftpflichtversicherung eine Rolle, so die von einer Versicherungsnehmerin angerufene Schlichtungsstelle der Versicherungsmakler. Allerdings teile die Kaskoversicherung nicht das Schicksal der Haftpflichtversicherung, der Schadenseintritt sei eindeutig nach Beendigung des Vertrags erfolgt. Dem Versicherer wurde die Deckung nicht empfohlen.
Eine Fahrzeugbesitzerin stellte am 2. März 2023 bei einem Versicherer den Antrag auf Abschluss einer Kfz-Haftpflicht- und einer Kfz-Teilkaskoversicherung. Die dazugehörige Polizze inklusive einer Belehrung über ihr Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG erhielt sie am 16. März.
Da ihr die Gesamtprämie zu hoch war, erteilte sie am 28. März einem Versicherungsmakler eine Maklervollmacht, um eine günstigere Lösung zu finden. Dieser erhielt ein entsprechendes Angebot eines anderen Versicherers und stellte bei diesem am 29. März einen Versicherungsantrag.
Bereits am 28. März übersandte die Versicherungsnehmerin dem ursprünglichen Versicherer ein als Widerruf des Kfz-Versicherungsvertrags bezeichnetes Schreiben mit der Bitte um schriftliche Bestätigung.
Am 6. April teilte der ursprüngliche Versicherer mit, eine „Kündigung“ des Vertrags erhalten zu haben; dieser ende per 1. April 2024. Sowohl die Versicherungsnehmerin als auch der neue Versicherer urgierten daraufhin mehrfach eine „Nichthaftungserklärung“.
Eine solche wurde schließlich am 17. April ausgestellt, später wurde das Datum auf 28. März korrigiert; zu letzterem Datum wurde dann auch die Prämienabrechnung erstellt.
Am 11. April entstand an der Windschutzscheibe des versicherten Fahrzeugs ein Sprung, zwei Tage später erstattete der Versicherungsmakler dem ursprünglichen Versicherer eine Schadensmeldung.
Der Versicherer gab daraufhin am 17. April zu diesem Schadensfall eine Schadensnummer bekannt, lehnte aber mit einem Schreiben vom 31. Juli die Deckung ab, da der Versicherungsvertrag per 28. März widerrufen worden sei.
Die Versicherungsnehmerin wandte sich daraufhin mit einem Schlichtungsantrag an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbands der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten (RSS). Der Versicherer nahm am Verfahren nicht teil.
Die Versicherungsnehmerin argumentiert, dass die Freigabe des Vertrags erst nach dem Schadenseintritt erfolgt sei, weshalb der ursprüngliche Versicherer den Schaden decken müsse.
In ihrer Empfehlung erinnert die RSS daran, dass ein Versicherungsnehmer nach § 5 Absatz 1 VersVG ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen vom Versicherungsvertrag zurücktreten kann.
Dabei beginne die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts mit dem Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande gekommen ist, allerdings nicht, bevor der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein sowie weitere Informationen erhalten hat.
Im vorliegenden Fall bedeute dies, dass die Frist für das Rücktrittsrecht am 16. März 2023 zu laufen begann. Der Rücktritt sei damit rechtzeitig erfolgt. Es habe sich eindeutig um einen Rücktritt gehandelt, auch wenn der Versicherer in seinem Schreiben von einer Kündigung gesprochen hat.
Für einen Rücktritt gelte ebenso wie für eine Kündigung, dass er eine einseitige, vertragsgestaltende Willenserklärung eines Vertragspartners sei, um den Vertrag zu beenden. Er bedarf keiner Zustimmung des anderen und werde wirksam, wenn er dem Vertragspartner zugegangen ist, so die RSS.
Der Rücktritt der Versicherungsnehmerin sei dem Versicherer vermutlich bereits am 28. März zugegangen, jedenfalls aber vor dem Antwortschreiben vom 6. April. Damit habe der Vertrag zwischen 28. März und 6. April geendet, auch wenn der Versicherer zeitweise andere Daten genannt habe.
Damit lag der Schadenseintritt vom 11. April nach der Beendigung des Kaskoversicherungsvertrags. Die Freigabe des Vertrags beim Wechsel des Versicherers spiele bei der Kfz-Haftpflichtversicherung eine Rolle, der Kaskovertrag teile aber nicht automatisch das Schicksal der Haftpflichtversicherung.
Der Antrag, dem (ursprünglichen) Versicherer die Deckung des Schadens zu empfehlen, wurde von der RSS daher abgewiesen.
Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (153 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.
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