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Baum fällt auf Auto im Parkverbot: Wer haftet?

3.6.2025 – Ein Liegenschaftseigentümer haftet gegenüber einem unbefugt Eindringenden nur in wenigen Sonderfällen. Da der Fahrzeuglenker sich nicht versehentlich in den Gefahrenbereich gegeben, sondern bewusst das Parkverbot missachtet hat und es sich auch nicht um eine außergewöhnlich große Gefahr gehandelt hat, besteht keine Haftung, so der OGH.

Symbolbild (Foto: Jan Mallander auf Pixabay)
Symbolbild (Foto: Jan Mallander auf Pixabay)

Der Lenker eines Kastenwagens hatte sein Fahrzeug am 7. Dezember 2020 auf einem Grundstück abgestellt, das der J. GmbH gehört. Zuvor war er bereits mehrfach von Mitarbeitern dieses Unternehmens darauf hingewiesen worden, dass er dort nicht parken darf.

Darüber hinaus befand sich in diesem Bereich ein Schild „Halte- und Parkverbot“. Grundsätzlich dürfen an dieser Stelle keine Kraftfahrzeuge abgestellt werden, da sich dort ein Wasserschutzgebiet befindet. In der Nähe sind geeignete Parkplätze vorhanden.

An diesem Tag wurde das Fahrzeug durch einen umgestürzten Baum beschädigt. Der Baum war erkennbar alt, hatte eine leichte Schieflage und seine Wurzeln waren komplett zersetzt. Bäume auf dieser Liegenschaft wurden bis zu diesem Zeitpunkt nicht von einem Fachmann überprüft.

Versicherer klagen Grundeigentümerin

Die Versicherer des Kastenwagens haben an die Fahrzeugeigentümerin rund 17.000 Euro geleistet. Diesen Betrag fordern sie in einer Klage von der J. GmbH zurück; diese hafte nach § 1319a ABGB als Wegehalterin.

Das Erstgericht gab der Klage mit der Begründung statt, die J. GmbH habe als Eigentümerin und Halterin des Baumes nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet, um die von diesem ausgehende Gefahr abzuwenden.

Das Berufungsgericht wies die Klage dagegen ab. Zwar hätte die J. GmbH den mangelhaften Zustand des Baumes schon längere Zeit erkennen können, der Lenker des Kastenwagens habe aber bewusst entgegen der ausdrücklichen Anordnung dort geparkt.

Es liege kein Grund vor, eine Verkehrssicherungspflicht auch gegenüber bewusst in einen fremden Bereich eindringenden Personen anzunehmen, so das Berufungsgericht. Gegen diese Entscheidung wandten sich die Versicherer in einer Revision an den Obersten Gerichtshof.

Zur Haftung beim Umstürzen eines Baumes

In seiner rechtlichen Beurteilung betont der OGH, dass der Besitzer eines Werks nach § 1319 ABGB haftet, wenn das Schadensereignis die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werks ist und er nicht beweist, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat.

Nach ständiger Rechtsprechung werde diese Regelung auch auf Schäden angewandt, die durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste verursacht wurden. In diesem Fall liege mangelhafte Beschaffenheit dann vor, wenn durch den Zustand des Baumes von diesem eine besondere Gefahr ausgeht.

Im Schadenfall habe der Geschädigte zu beweisen, dass der Einsturz oder die Ablösung auf die mangelhafte Beschaffenheit des Baumes zurückzuführen ist. Der Eigentümer wiederum müsse beweisen, dass er alle Vorkehrungen zur Verhinderung des Schadens getroffen hat.

Zum Schutz unbefugt Eindringender

Die Verkehrssicherungspflicht entfalle nicht schon dann, wenn jemand unbefugt in einen fremden Bereich eingedrungen ist, so der OGH. Allerdings könne jemand, der sich unbefugt in einen Gefahrenbereich begibt, nicht damit rechnen, dass für ihn Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Anders sei es, wenn jemand versehentlich in den Gefahrenbereich eingedrungen ist, weil es nicht leicht erkennbar war, dass ein Privatgrundstück betreten wird, wenn Kinder oder andere Personen, die sich nicht selbst schützen können, gefährdet werden oder wenn eine ganz unerwartete oder große Gefährdung besteht.

In diesem Fällen könne eine Interessenabwägung ergeben, dass der Inhaber der Gefahrenquelle auch zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Gefahren zu ergreifen hat, so der OGH.

Dass eine Haftung damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, bedeute allerdings entgegen der Argumentation der Versicherer noch keine Aussage darüber, in welchen Fällen eine Haftung aufgrund welcher Unterlassungen von Schutzmaßnahmen tatsächlich besteht.

Keine erhöhte Sorgfaltspflicht

Im vorliegenden Fall handle es sich „schlicht um einen Fall unbefugten Parkens“, so der OGH. Das Fahrzeug war auf einem Grasstreifen abgestellt, auf dem sich ein Schild befand, wonach Halten und Parken verboten war.

Auch habe sich der Lenker nicht versehentlich in den Gefahrenbereich begeben; er habe bewusst das Parkverbot missachtet, obwohl er zuvor schon mehrfach auf dieses hingewiesen worden war. Nur weil er dies schon öfters getan hatte, treffe die J. GmbH keine erhöhte Sorgfaltspflicht.

Zwar habe die J. GmbH es versäumt, Kontrollen des Zustands des Baumes vorzunehmen. Sie hatte aber dafür zu sorgen, dass der Privatgrund, auf dem der Baum stand, nicht von Unbefugten betreten wird und hat daher das Verbotsschild aufgestellt; die Frage des Verbotszwecks stelle sich nicht.

Auch wenn die Verbote nicht deshalb aufgestellt wurden, um eine von diesem Baum ausgehende Gefahr zu verhindern, habe es für die J. GmbH keine Veranlassung gegeben, weitere Sicherungsmaßnahmen zu treffen, um jede Gefahr, die Unbefugten auf ihrer Liegenschaft droht, auszuschließen.

Revision zurückgewiesen

Ob es sich um eine große Gefahr handelt, sei immer eine Frage des Einzelfalls. Dabei gehe es aber nicht um den möglicherweise entstehenden Schadensumfang, sondern um die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass es sich hier um eine geringere Gefahr gehandelt hat als in anderen bisher von der Judikatur behandelten Fällen, sei nicht korrekturbedürftig, so der OGH.

Die Revision wurde daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 9Ob79/24v vom 29. April 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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