WERBUNG

Zahlen, Daten, Fakten? Statistische Konzepte und ihre Fallstricke

3.10.2024 – Zahlen und Daten lesen – und verstehen: Versicherungsmathematiker Christoph Krischanitz geht in dieser neuen Serie auf wichtige statistische Konzepte und ihre Fallstricke ein. Ein Beitrag, aus Daten zu lernen und Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Autor Christoph Krischanitz (Bild: Krischanitz)
Autor Christoph Krischanitz
(Bild: Krischanitz)

„Zahlen, Daten, Fakten“ ist ein Synonym, das Objektivität und so etwas wie Wahrheit ausdrücken soll. Medien und Politiker lieben diesen Ausdruck und überschütten uns mit Zahlen und „Fakten“. Und liefern uns die Interpretationen und Schlussfolgerungen gleich frei Haus mit. An diesen ist ja kaum zu rütteln.

Interessanterweise hört man den Ausdruck „Zahlen, Daten, Fakten“ sehr selten von Statistikern oder Aktuaren, also jenen Personen, die die Daten zusammengetragen und zu Informationen verknüpft und ausgewertet haben, sondern eher von Personen, die Empfänger oder Leser dieser „Zahlen, Daten, Fakten“ sind. Hat das einen Grund?

„Der größte Feind des Wissens ist nicht die Unwissenheit, sondern die Illusion des Wissens.“ Dieses Zitat wird manchmal dem Physiker Stephen Hawking zugeschrieben, aber die Quelle ist nicht unumstritten.

Im Kern geht es aber genau darum. Statistiken versprechen uns eine Wahrheit, an der man nicht rütteln kann, weil, weil … nun, weil man in Wahrheit Statistik nicht versteht und sich nicht blamieren will. Dabei ist es gar nicht so schwer.

Statistiken sind wertvoll und unverzichtbar

Fakt ist, Statistiken sind wertvoll und unverzichtbar! Besonders in regulierten Märkten, wie der Versicherungsbranche, ist das Bauchgefühl nicht mehr ausreichend, um Entscheidungen zu treffen. Zu Recht, gibt es doch Unmengen an Daten über fast alle wesentlichen Vorgänge, die für die Versicherungstechnik wichtig sind.

Das bringt uns in die zweifelhafte Situation, Berichte über Berichte zu verfassen, also „Fakten“ zu schaffen, damit Entscheidungen untermauert werden können und nachvollziehbar (und überprüfbar) sind. Und das in allen Bereichen.

Aufsichtsbehörden und Prüfungsgesellschaften fördern und fordern das, denn diese „Transparenz“ ermöglicht eine mechanische und teilweise automatisierte Prüfung von Geschäftsvorgängen. Im Sinne des Kundenschutzes, sagt man.

Die Berichte sind formalisiert, der Prozess der Berichtserstellung ist formalisiert, die Tabellen sind vorgegeben, das statistische Maß ist vorgegeben, alles ist angerichtet. Ob die formalisierten Ergebnisse einen wirtschaftlichen Sinn ergeben, ist nun nicht mehr von Bedeutung.

Eine Frage der Qualität

Aber auch in nichtregulierten Branchen liegt Datenanalyse groß im Trend, Data Scientists sind sehr gefragt, jedes Unternehmen möchte von künstlicher Intelligenz profitieren.

Die Forecasts werden mit KI-Algorithmen ja wesentlich genauer und die Daten verbergen Muster, die man bisher nicht erkennen konnte. Schade nur, dass die meisten Daten gar nicht die Qualität haben, um vernünftig verarbeitet werden zu können.

Aber ein Datenprojekt ist schnell aufgesetzt. Leider werden Datenprojekte selten abgeschlossen, immer gibt es dann doch dringendere Themen, die Datenanforderungen verändern sich ständig, oder der Projektleiter weiß gar nicht, welches Ziel die angestrebte Datenanalyse verfolgt.

Verständnis kann man nicht auslagern

Die gesamte Wirtschaft könnte von einem besseren Verständnis für ihre Daten und der Sprache der Datenanalyse (namens Statistik) profitieren. Dieses Verständnis kann aber nicht ausgelagert werden an ein paar wenige Spezialisten oder noch schlimmer an ein KI-Tool, sondern dieses Verständnis muss tief verankert sein in jedem Entscheidungsträger.

Man muss sich Zeit nehmen, um eine aktuell zu lesende Statistik zu verstehen. Welche Daten wurden verwendet, und welche nicht? Welche Annahmen musste man treffen? Wie ist man mit Datenfehlern oder fehlenden Daten umgegangen? Wie werden Ausreißer behandelt und was ist überhaupt ein Ausreißer?

Solche Fragen gibt es viele. Und die Antworten darauf können die Bedeutung einer Ergebniszahl dramatisch verändern. Aber diese Zusatzinformationen sind nicht nur eine Holschuld des Statistiklesers, sie sind auch eine Bringschuld des Statistikverfassers.

Hier gilt, wie so oft im Leben, weniger ist mehr. Manchmal kann man auf Details verzichten, um den Blick auf das große Ganze zu schärfen. Oft muss man Prioritäten setzen und die wichtigsten Aussagen hervorheben. Dazu muss man wissen, was wichtig ist, und dazu muss man das Ziel der Analyse kennen.

In dieser Artikelserie möchte ich auf die wichtigsten statistischen Konzepte und ihre Fallstricke eingehen, um dazu beizutragen aus den Daten zu lernen und Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Christoph Krischanitz

Der Autor ist Versicherungsmathematiker (profi-aktuar.at) und verfügt über langjährige Erfahrung in der aktuariellen Beratung. Krischanitz war von 2004 bis 2019 Vorsitzender des Mathematisch-Statistischen Komitees im Versicherungsverband (VVO), von 2008 bis 2014 Präsident der Aktuarvereinigung Österreichs (AVÖ). Derzeit ist er unter anderem Chairman der Arbeitsgruppe Non-Life Insurance in der Actuarial Association of Europe (AAE).

Hinweis: Der nächste Teil der Serie erscheint in zwei Wochen.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Aktuar
 
WERBUNG
Ihr Wissen und Ihre Meinung sind gefragt

Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.

Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.

Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.

Täglich bestens informiert!

Der VersicherungsJournal Newsletter informiert Sie von montags - freitags über alle wichtigen Themen der Branche.

Ihre Vorteile

  • Alle Artikel stammen aus unserer unabhängigen Redaktion
  • Die neuesten Stellenangebote
  • Interessante Leserbriefe

Jetzt kostenlos anmelden!

VersicherungsJournal in Social Media

Besuchen Sie das VersicherungsJournal auch in den sozialen Medien:

  • Facebook – Ausgewähltes für den Vertrieb
  • Twitter – alle Nachrichten von VersicherungsJournal.at
  • Xing News – Ausgewähltes zu Karriere und Unternehmen
Diese Artikel könnten Sie noch interessieren
2.10.2024 – Bisher unter interimistischer Leitung des Vorstandsvorsitzenden, hat die Ergo für das Ressort für einen neuen Leiter engagiert. mehr ...
 
18.9.2024 – Das „Futurehub: Versicherungen“ am Montag stand ganz unter dem Eindruck der jüngsten Wetterereignisse. Andere Herausforderungen für die Branche sollten dennoch nicht vergessen werden, waren sich hochrangige Branchenvertreter einig. (Bild: Studio NEXT/imh) mehr ...
 
14.8.2024 – Im Sommergespräch: Der Präsident und die Vizepräsidentin der Aktuarvereinigung, Hartwig Sorger und Ulrike Ebner, sprachen mit dem VersicherungsJournal über das breite Betätigungsfeld der Aktuare und über Wünsche an die Politik in Sachen Vorsorge. (Bild: Valida) mehr ...
 
27.6.2024 – Das Beratungsunternehmen EY hat die Solvabilität der heimischen Versicherer untersucht. Insgesamt zeigt sich die Branche weiterhin als „Musterschüler“, im Detail gibt es aber erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen. (Bild: Grafik: EY) mehr ...
 
19.6.2024 – „Fünf Fakten“ des demographischen Wandels, drei dringend anzugehende Themen – ein Expertenpodium diskutierte über Pensionsfinanzierung und Möglichkeiten der zweiten und dritten Säule. (Bild: Alexa/Pixabay) mehr ...