16.9.2024 – Europas Vermittlermarkt ist vielfältig. Die Begriffe, die in der Kleinanlegerstrategie für die Kategorisierung der Vermittlertypen verwendet werden, müssen deshalb jeweils auf die nationale Ebene „übersetzt“ werden. Ein Vorschlag, den „Berater in Versicherungsangelegenheiten“ aus diesem Anlass im „unabhängigen Versicherungsmakler“ aufgehen zu lassen, stieß auf Widerspruch.
Sie ist für die Versicherungsbranche in diesem Jahr wohl das dominierende Thema in Sachen Gesetzgebung: die europäische Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy; RIS). So wurde ihr auch beim diesjährigen „Expert:innentreffen der Versicherungsmakler“ am Donnerstag einiges an Aufmerksamkeit zuteil.
Univ.-Prof. Stefan Perner von der Wirtschaftsuniversität Wien, der bereits beim Maklersymposion in Velden Ende Juni die Entwürfe von Kommission, Parlament und Rat analysiert und interpretiert hatte (VersicherungsJournal 28.6.2024), ging daher auch in Rust darauf ein, was sie für die österreichische Maklerschaft bedeutet – oder bedeuten könnte.
Wahrscheinlich heißestes Eisen ist die Frage des partiellen Provisionsverbots. Parlament und Rat haben sich im Zuge des Gesetzgebungsprozesses für eine Reihe von Änderungen am ursprünglichen Entwurf der Kommission ausgesprochen (VersicherungsJournal 24.4.2024, 14.6.2024).
Perner stellte zunächst fest, dass an der kritischen Stelle der deutschen Version des RIS-Textes von „ungebundener“ Beratung die Rede ist.
Er bekräftigte dann die Auffassung, dass es sich dabei wohl um ein redaktionelles Versehen handle und vielmehr „unabhängige“ Beratung gemeint sein werde – zumal es auch in anderen Sprachfassungen „unabhängig“ heiße.
Diese Auslegung hätte Auswirkungen darauf, inwieweit das RIS-Provisionsverbot für österreichische Versicherungsmakler überhaupt schlagend wird.
Denn: Im österreichischen Recht sei in Bezug auf Versicherungsmakler nirgends von „Unabhängigkeit“ die Rede. Weder Gewerbeordnung noch Standesregeln, Versicherungsvertragsgesetz oder Maklergesetz erwarteten vom Versicherungsmakler Unabhängigkeit.
Potenziellen Änderungsbedarf im „Selbstbild“ des österreichischen Versicherungsmaklers ortet Perner dennoch. Denn der Begriff der Unabhängigkeit tauche – wenngleich außerhalb des Gesetzes – in Versicherungsmakler-AGB auf.
Wenn man nun die europäische Begriffswelt mit der österreichischen in Einklang bringt, wären laut Perner drei Vermittlerarten denkbar:
Für den „Berater in Versicherungsangelegenheiten“ bestünde dann „keine Notwendigkeit“ mehr, weil er mit dem unabhängigen Versicherungsmakler deckungsgleich wäre, meinte Perner.
Man könnte jedoch die standespolitische Frage diskutieren, ob es „zwei Klassen von Versicherungsmaklern“ geben sollte: den Versicherungsmakler an sich und den Berater in Versicherungsangelegenheiten.
Der Gedanke, den Berater in Versicherungsangelegenheiten einzusparen, stößt bei Anna-Maria Taudes, der Präsidentin des Verbandes österreichischer Versicherungstreuhänder und Mediatoren in Versicherungsangelegenheiten (ÖVT), auf Widerspruch.
Die „Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ habe in Österreich eine lange Tradition, bis Mitte 1997 seien Vermittlung und Beratung „ganz bewusst unterschiedliche Gewerbe“ gewesen und der Berufszugang strenger geregelt als jener zum Makler.
Die „strenge Trennung und scharfe Abgrenzung“ zwischen den beiden Tätigkeitsfeldern bedeute, dass die vermittlungsunabhängige Dienstleistung der reinen Beratung nicht von der Regulierung der Vermittlung betroffen sei.
„Da die Versicherungsvermittlung von der Beratung ausdrücklich und präzise abgegrenzt wird, gibt es natürlich kein Dreiecksverhältnis zum Versicherer und logischerweise auch keine eingepreiste Provision“, stellt Taudes fest.
Das Auftragsverhältnis der Versicherungstreuhänder regle „völlig klar von der ersten Minute an“ auch die Honorierung durch den Klienten. Der Berater, die Beratung seien „heute wichtiger denn je, um viele Dienstleistungen zur Existenzsicherung sichtbar zu machen und abzurechnen“.
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