8.4.2025 – Die Regierung von Donald Trump hat weltweit veritable Kurverluste ausgelöst. Was bedeutet das für die Finanzpolitik der Versicherer und für die Investments von Kunden mit fonds- und indexgebundenen Lebensversicherungen? Dem VersicherungsJournal liegen dazu Stellungnahmen von Wiener Städtischer, Generali, Helvetia und Uniqa vor.
Die in der letzten Woche von US-Präsident Donald Trump vorgestellte neue Zollpolitik der Vereinigten Staaten hat Einbrüche an Börsen weltweit ausgelöst.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) erwartet laut einer Mitteilung vom Freitag einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts für Österreich und die EU, in noch größerem Ausmaß für die USA selbst.
„Die protektionistischen Maßnahmen der USA treffen Österreichs Industrie im Kern. Gerade im Fahrzeug- und Maschinenbau, wo die Exportabhängigkeit besonders hoch ist, führen die neuen Zölle zu deutlichen Einbußen“, sagte Wifo-Ökonom Hendrik Mahlkow.
Ähnliches hielt die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) am Montag in einer Stellungnahme fest.
Die neuen US-Zölle träfen „Wirtschaftsbereiche in einer ohnehin kritischen Situation“ wie die verarbeitende Industrie besonders hart „und stellen gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich eine äußerst negative Entwicklung dar“.
Exportintensive Industrien seien nicht nur direkt, sondern auch indirekt durch US-Zölle gegenüber anderen Handelspartnern wie Mexiko, Kanada, China oder Japan betroffen.
Welche Auswirkungen hat die neue US-Handelspolitik für die Versicherungswirtschaft? Schließlich sind Versicherer selbst große Investoren, und Kunden könnten angesichts der unsicheren Entwicklung um ihre Anlagen fürchten. Wir haben Versicherer deshalb zweierlei gefragt:
Die Generali Versicherung AG schickt in ihrer Antwort auf die erste Frage vorweg: Für Investoren zeige sich angesichts der aus den Zöllen resultierenden wirtschaftlichen Unsicherheiten und der sich daraus ergebenden Volatilität an den Märkten ein „sehr schwieriges“ Marktumfeld.
„Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen sind sehr schwer einschätzbar. Auch die Portfolien der Generali können sich diesen negativen Einflüssen nicht entziehen“, so der Versicherer.
„Grundsätzlich fühlen wir uns aber mit unserem breit über alle Anlageklassen hinweggestreutem Portfolio nach wie vor wohl. Wir planen dahingehend aktuell keine kurzfristigen Änderungen in unseren strategischen Ausrichtungen.“
„Fonds- und indexgebundene Versicherungen, die stärker in Aktien investiert sind, können aktuell höheren Schwankungen ausgesetzt sein. Nach den vergangenen sehr guten Jahren vor allem bei Aktieninvestments konnte meist ein Polster aufgebaut werden, der die aktuellen Kursrückgänge abfedern sollte“, stellt die Generali hinsichtlich der Kundenperspektive fest.
„Bei guter Abstimmung auf das subjektive Risikoprofil sollte man sich durch aktuelle Turbulenzen nicht aus der Ruhe bringen lassen“, so die Generali weiter.
„Beim langfristigen Vermögensaufbau mit regelmäßigem Ansparplan bieten Kursrückgänge günstige Kaufoptionen.“ Kursrückgänge bei langfristiger Vorsorge, zum Beispiel für Pension, „erlauben günstigere Einstiegskosten und ein besseres Potenzial für spätere Kurserholungen“.
Die Generali lege bei der Auswahl ihrer Fondspalette „besonderen Wert auf aktiv gemanagte Fonds und vermögensverwaltende Konzepte“.
Dadurch könne innerhalb des Fonds durch den Fondsmanager auf die jeweilige Marktsituation reagiert werden. Die grundsätzliche strategische Ausrichtung werde damit „beibehalten bzw. konsequent weitergeführt“.
„Hervorzuheben sind unsere Wertsicherungskonzepte, die in turbulenten Zeiten dynamisch versuchen die Volatilität in der Performance zu reduzieren und die Rückschläge durch aktives Management zu mindern.“
Wie kommentiert die Wiener Städtische Versicherung AG das Geschehen aus Unternehmenssicht?
„Das veranlagte Vermögen ist breit diversifiziert, wobei der Aktienanteil am Gesamtvolumen überschaubar ist. Damit wirkt sich die aktuelle Entwicklung an den Kapitalmärkten nur geringfügig auf das Gesamtvolumen aus, da rückläufige Aktienkurse weitgehend durch Kursgewinne bei Anleihen kompensiert werden.“
Und: „Aufgrund des moderaten Aktienexposures und der niedrigen Buchwerte der entsprechenden Positionen ist das Finanzergebnis nach UGB nicht gefährdet.“
Im Zusammenhang mit der neuen US-Handelspolitik beobachtet die Städtische „neben anderen Unsicherheiten“ eine „erhöhte Volatilität an den Finanzmärkten“, die aus ihrer Sicht für Kunden mit fonds- und indexgebundenen Versicherungen folgende mögliche Auswirkungen nach sich zieht:
Was empfiehlt die Städtische ihren Kunden? „In volatilen Zeiten ist es essenziell, nicht impulsiv zu reagieren und kurzfristige Schwankungen nicht überzubewerten. Ein langfristiger Anlageansatz hilft, temporäre Marktstörungen wieder auszugleichen.“
Als wichtig erachtet die Städtische „die regelmäßige individuelle Beratung“: Sie rät, die persönliche Situation regelmäßig mit den Kundenberatern zu besprechen. „So können individuelle Risiken bewertet und bei Bedarf Anpassungen in der Anlagestrategie vorgenommen werden.“
Auch Heinrich Plametzberger, Abteilungsleiter Aktuariat und Produktmanagement Leben bei der Helvetia Versicherungen AG, empfiehlt, keine übereilten Entscheidungen zu treffen.
„Lebensversicherungen sind langfristige Anlageprodukte und sollten daher stets über einen längeren Zeithorizont betrachtet werden. Schwankungen an den Finanzmärkten treten immer wieder auf und sollten nicht zu übereilten Entscheidungen verleiten“, so Plametzberger.
„Unsere Erfahrung zeigt, dass die fondsgebundene Lebensversicherung langfristig das beste Risiko-Rendite-Profil für unsere Kundinnen und Kunden bietet. Diese Produkte bieten eine größere Flexibilität und die Möglichkeit, von den langfristigen Entwicklungen am Kapitalmarkt zu profitieren.“
Die Uniqa Österreich Versicherungen AG sieht aus Unternehmensperspektive zwei gegenläufige Entwicklungen auf den Finanzmärkten:
„In einer Gesamtschau lässt sich die Auswirkung in Summe auf die Finanzergebnisse und das veranlagte Vermögen noch nicht final abschätzen“, sagt Andreas Bertl, Head of Group Asset Management.
„Generell wird jedoch eine Abschwächung der globalen Wirtschaftsentwicklung auch für die Kapitalanlage der Versicherungen tendenziell negativ sein.“
Im Bereich der fonds- und indexgebundenen Lebensversicherungen gebe es „ein sehr vielfältiges Angebot, sodass eine pauschale Abschätzung der Auswirkungen nicht möglich ist“, sagt Bertl.
„Je nach Ausrichtung der Fondsstrategie können sich die derzeitigen Kursrückgänge auf den Weltbörsen unmittelbar auch in der Fondsperformance zeigen – so etwa bei ETFs. Bei Fonds mit aktivem Management ist teilweise eine deutlich bessere Performance ersichtlich, da die Manager auf aktuelle Ereignisse reagieren und das Risiko reduzieren.“
Schließlich komme es auch darauf an, ob in den Fonds ein Schwerpunkt eher auf Aktien oder auf Anleihen gelegt wurde. „Dies kann den Unterschied zwischen nach wie vor positiver Rendite in diesem Jahr oder Verlusten ausmachen.“
„Für einen Privatanleger ist es in Zeiten von hoher Unsicherheit in der Regel vorteilhaft, nicht unmittelbar auf einzelne Nachrichten oder Kursbewegungen zu reagieren, da oftmals die verfügbaren Informationen bereits in den Kursen der Wertpapiere und Fonds eingepreist sind“, hält Bertl fest.
„Stattdessen sollten sich Anleger gerade in turbulenten Märkten fragen, ob das ursprünglich gewählte Risikoprofil sowie die Anlageziele noch zutreffend sind und diese Überlegungen mit ihrem Anlageberater besprechen, ob hieraus Adaptionen im Anlageportfolio empfehlenswert erscheinen.“
8.4.2025, 10:50 Uhr: Stellungnahme der Uniqa hinzugefügt.
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