11.9.2024 – Die drei EU-Finanzaufsichtsbörden sehen „beträchtliche Unsicherheiten“. In einem gemeinsamen Papier formulieren sie eine Liste von Ratschlägen für Marktteilnehmer und nationale Aufseher. (Bild: M.E./Pixelio.de)
Die drei europäischen Aufsichtsbehörden für Versicherungen (Eiopa), Banken (Eba) sowie Wertpapier und Finanzmärkte (Esma) haben wieder einen gemeinsamen Bericht über Risiken und potenzielle Schwachstellen im EU-Finanzsystem veröffentlicht.
In dem Papier, das die drei vor einem Jahr publiziert hatten, hatten sie zu „Wachsamkeit“ der Marktteilnehmer aufgerufen (VersicherungsJournal 26.9.2023). Dies gilt, nicht ganz unerwartet, auch weiterhin. Denn wie die Eiopa schreibt: Die Aufsichtsbehörden „warnen vor wirtschaftlichen und geopolitischen Risiken.“
Auch wenn sich zuletzt eine starke Performance der Finanzmärkte gezeigt habe: Es bleibe dennoch bei beträchtlichen Unsicherheiten über die Entwicklung der Weltwirtschaft, die Inflation, die Geldpolitik und das Zusammenspiel dieser Faktoren über die Länder hinweg.
Inmitten geopolitischer Entwicklungen – etwa der Ukraine-Krieg, der Nahostkonflikt, militärische Spannungen zwischen China und Taiwan, Wahlen in EU und USA – seien plötzliche Verschiebungen möglich, was den Wirtschaftsausblick und Markterwartungen angeht.
Die drei EU-Aufsichtsbehörden legen den zuständigen nationalen Kollegen und den Marktteilnehmern deshalb mehrere Maßnahmen nahe.
So sollten Finanzinstitute und Aufseher beispielsweise weiterhin auf die Auswirkungen hoher Zinssätze auf die Realwirtschaft vorbereitet sein. Kreditrisiken gelte es zu beobachten und sorgfältig zu managen.
Auch die Auswirkungen der Inflation auf die Produktentwicklung seien im Auge zu behalten. Aufseher und Finanzinstitute sollten sicherstellen, dass Verbraucher sich der Auswirkungen der Inflation auf die realen Ergebnisse bewusst sind.
Finanzinstitute, heißt es weiter, müssen „flexibel und agil“ sein und geeignete Pläne und Verfahren in der Schublade haben, um mit unerwarteten kurzfristigen, vielfältigen Herausforderungen umgehen zu können – gerade mit Blick auf geopolitische Risiken, die sich etwa in Kreditrisiken, Marktkorrekturen und operationellen Risiken ausdrücken können.
Der Bericht mahnt auch zu Vorsicht hinsichtlich des Betriebs- und des Finanzstabilitätsrisikos, das aus Cyberrisiken erwachsen kann. Als Beispiel erinnert der Bericht an den „Crowdstrike“-Vorfall vom Juli.
Die Versicherungswirtschaft hat es mit volatilen Schadentrends und komplexen Risiken zu tun, wie die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Munich Re) vor wenigen Tagen im Vorfeld des diesjährigen „Rendezvous der Rückversicherer“ in Monte Carlo feststellte.
Der Rückversicherungsmarkt sei derzeit „in einem vernünftigen Gleichgewicht“, aber „die Unsicherheiten sind groß“, sagte Vorstandsmitglied Thomas Blunck: „Die Schadeninflation in manchen Segmenten ist weiterhin hoch, die Abwärtsrisiken für die konjunkturellen Rahmenbedingungen sind erheblich.“ Munich Re werde „weiter konsequent auf risikoadäquate Raten und Bedingungen“ achten.
Das gesamtwirtschaftliche Umfeld hat sich nach Dafürhalten von Munich Re „trotz weiterhin hoher geopolitischer Risiken etwas stabilisiert“. Das weltweite Wirtschaftswachstum der kommenden Jahre dürfte nach den Erwartungen des Rückversicherers indes „mit etwas über 2,5 Prozent geringer ausfallen als in den Jahren vor der Pandemie“.
Die Inflation in den entwickelten Volkswirtschaften sei rückläufig, „dürfte aber in den kommenden Jahren auf höherem Niveau bleiben als im letzten Jahrzehnt“.
„Die zentralen Themen der Branche sind weitgehend dieselben wie im letzten Jahr, aber da sich die Herausforderungen intensiviert haben, ist die Nachfrage gestiegen“, sagte Urs Baertschi, Chief Executive Officer Property & Casualty Reinsurance der Swiss Re AG, anlässlich des Treffens in Monte Carlo.
Baertschi sprach in dem Zusammenhang von erhöhten Naturkatastrophenrisiken, wirtschaftlicher Unsicherheit und geopolitischer Instabilität.
Der „Joint Committee Report on Risks and Vulnerabilities in the EU Financial System“ (nur englisch) kann von der Eiopa-Webseite als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
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