9.1.2025 – Die Stimmung in Österreich sei weiterhin unterkühlt, das Risiko der Altersarmut sei den Österreichern weitgehend bekannt, viele würden damit rechnen, auch in der Pension weiterarbeiten zu müssen, um ihren Lebensstandard zu halten, so einige Kernaussagen der aktuellen Vorsorgestudie. Versicherungen und Banken erneuern deshalb ihre Forderungen an die Politik.
Erste Bank der österreichischen Sparkassen und Wiener Städtische Team s Versicherung haben ihre aktuelle Vorsorgestudie präsentiert, die vom Marktforschungsinstitut Imas International – Institut für Markt- und Sozialanalysen Ges.m.b.H. erhoben wurde.
Imas hat dafür zwischen 16. Und 31. Oktober in einer Online-Befragung tausend Interviews in der österreichischen Bevölkerung zwischen 16 und 65 Jahren geführt; es handelt sich um eine disproportionale Stichprobe mit mindestens 100 Interviews pro Bundesland.
Die Studie sei für diese Gruppe repräsentativ, betonte Studienautor Paul Eiselsberg bei der Präsentation. Ziel sei es gewesen, das Bewusstsein der Österreicher im Hinblick auf das Vorsorgeverhalten zu erheben.
Zum wiederholten Male zeige sich die Grundstimmung unterkühlt, so Eiselsberg. Sie befinde sich zwar nicht mehr am Tiefpunkt, aber weit weg von jener vor dem Jahr 2020. Jüngere Menschen und jene mit höherer Bildung würden aber zuversichtlicher auf 2025 blicken.
Als weiteres „Kernergebnis“ sieht Eiselsberg, dass 57 Prozent eine wirtschaftliche Verschlechterung erwarten, nur neun Prozent rechnen mit einer Verbesserung. Wichtigstes Thema für die Österreicher sei seit zehn Jahren die Gesundheit, hohen Stellenwert habe auch Vorsorge.
Diese Zahlen seien gegenüber dem Vorjahr „relativ konstant“; auch ein anderer Erhebungszeitpunkt – Stichwort aktuelle politische Entwicklung – würde daran vermutlich wenig ändern: „Der politische Einfluss auf das Vorsorgeverhalten ist gering“, so Eiselsberg.
Sonja Brandtmayer, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Städtischen Versicherung AG, ging einleitend auf den demografischen Wandel ein: 54 Prozent der Befragten würden damit „eher Negatives“ verbinden, nur acht Prozent „eher Positives“.
Und tatsächlich müssen immer weniger Erwerbstätige die Pensionen erwirtschaften, so Brandtmayer: Dies werde auf Dauer ohne Reformen nicht leistbar sein. Es gehe deshalb darum, Bewusstsein für die Notwendigkeit von Vorsorge zu schaffen, um den Lebensstandard im Alter halten zu können.
Die Österreicher seien sich aber des Risikos von Altersarmut durchaus bewusst: Zehn Prozent schätzen das Risiko, in der Pension davon betroffen zu sein, als sehr hoch, 33 Prozent als eher hoch ein, wobei Frauen dieses Risiko für sich höher sehen.
Als Maßnahmen zur Reduktion der Altersarmut erachten es 83 Prozent als sinnvoll, selbst Vorsorge zu betreiben und möglichst frühzeitig damit zu starten, zitiert Brandtmayer aus der Studie. Und 79 Prozent würden sich eine umfassende staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge wünschen.
Rund jeder zweite Studienteilnehmer (478 von 1.000) gibt an, sein aktuelles Guthaben am persönlichen Pensionskonto zu kennen, so ein weiteres Ergebnis der Befragung. Mit diesem Betrag zeigen sich allerdings 44 Prozent eher nicht oder überhaupt nicht zufrieden.
Vor allem Frauen (48 Prozent) zeigen sich eher oder sehr unzufrieden mit ihrem aktuellen Guthaben und auch deutlich weniger Frauen (44 Prozent) als Männer (57 Prozent) sind damit zufrieden. Brandtmayer rät Frauen deshalb, „gesunden Egoismus“ zu leben: Ein Partner sei keine Vorsorge.
Um ihren Lebensstandard auch in der Pension halten zu können, erwarten darüber hinaus 58 Prozent der Befragten, dass sie in der Pension weiterhin arbeiten werden müssen – 19 Prozent rechnen demnach sogar damit, einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen zu müssen.
Sehr oder eher zufrieden mit dem staatlichen Pensionssystem seien nur 41 Prozent der Frauen, dagegen mit 53 Prozent die Mehrheit der Männer, ergänzt Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank Österreich.
Am häufigsten unzufrieden seien Frauen zwischen 30 und 49 Jahren. Dies sei wahrscheinlich der Zeitpunkt, ab dem sich viele Menschen mit dem Thema beschäftigen und gleichzeitig die Unsicherheit aufgrund des langen Zeitraums bis zum Pensionsantritt hoch sei, so Holzinger-Burgstaller.
69 Prozent der befragten Frauen gehen auch davon aus, dass die staatliche Pension für sie später nicht ausreichend hoch sein werde. Eine Erwartung, die „signifikant schlechter“ sei als die der Männer.
Dabei sei es für Frauen „extrem wichtig“, auch in der Pension finanziell unabhängig zu sein – 91 Prozent stimmen dieser Aussage laut Studie voll und ganz oder eher zu. Und 85 Prozent der befragten Frauen hätten erkannt, dass private Vorsorge dazu einen Beitrag leisten kann.
Trotz aller Appelle, sich den Kaufkraftverlust vor Augen zu führen, dominiere in Österreich nach wie vor das Sparbuch – vor allem Frauen würden dieses Instrument zur Vorsorge nützen. Österreich sei hier immer noch sehr traditionell, Aufklärung sei nötig, sagt Holzinger-Burgstaller.
Die für Vorsorge aufgewendeten Beträge seien „trotz aller Herausforderungen“ stabil oder würden sogar leicht steigen. Im Durchschnitt werden in Österreich im Vorjahr 250 Euro pro Monat für private finanzielle Pensions- und Gesundheitsvorsorge gespart – drei Euro mehr als im Jahr 2023.
Dabei sei der Durchschnittsbetrag bei Männern von 317 auf 299 Euro gesunken, jener der Frauen aber von 170 auf 192 Euro deutlich gestiegen. Positiv sei, dass sich die Differenz zwischen Frauen und Männern reduziert hat, auch wenn der Rückgang bei den Männern nicht erfreulich sei.
Eine interessante Möglichkeit würde für 60 Prozent der Befragten das „Vorsorgedepot“ darstellen, bei dem die erzielten Gewinne nach einer gewissen Mindestbehaltefrist steuerfrei zur Verfügung stehen würden. Dies wäre ein „substanzieller Beitrag zur Absicherung der Pensionen“.
Die – weitgehend bereits bekannten – Forderungen der Versicherungswirtschaft an die Politik fasste Brandtmayer zusammen.
Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge müsse auf neue Beine gestellt, die betriebliche Vorsorge, die seit den 70er-Jahren nicht erhöht wurde, indexiert werden. Gefordert wird auch eine Senkung der Versicherungssteuer für Lebensversicherungen und deren Wegfall bei nachhaltigen Anlagen.
Aus Bankensicht sei das Vorsorgedepot und der Wegfall der KESt vorrangig, so Holzinger-Burgstaller. Es benötige dringend Maßnahmen, die den Kapitalmarkt stärken, um den Wohlstand abzusichern: „Es darf keine Tabuthemen mehr geben.“
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