Verbraucherschlichtung: Hohe Teilnahme der Versicherer

17.6.2024 – Seit Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 2016 steigt die Zahl der Anträge, die an die Verbraucherschlichtung Austria herangetragen werden – im Vorjahr um 26 Prozent auf 1.814. Als einzige Branche verzeichneten Versicherungen 2023 keine Zunahme der Streitigkeiten.

Jahresbericht 2023 der Verbraucherschlichtung Austria (Cover)
Jahresbericht 2023 der
Verbraucherschlichtung Austria
(Cover). Zum Vergrößern anklicken.

Die Verbraucherschlichtung Austria, eine von acht staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen in Österreich, hat ihren Jahresbericht für 2023 präsentiert.

Rechtsträger der Schlichtungsstelle ist der privatrechtliche, gemeinnützige Verein „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“, dessen Mitglieder die Bundesarbeitskammer, die Finanzmarktaufsicht, die Bundesländer Burgenland und Oberösterreich sowie Vereinsobmann Hermann Germ sind.

Grundlage der Tätigkeit ist das Alternative-Streitbeilegung-Gesetz (AStG). Die Verbraucherschlichtung Austria ist insbesondere bei Streitigkeiten über Warenkäufe, Reisen, Versicherungen, Handwerk, Wohnen und Heizkostenabrechnungen sowie Fremdwährungskredite zuständig.

Weiter steigende Zahl der Anträge

Seit Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 2016 verzeichne die Verbraucherschlichtung Austria jährlich eine Zunahme der Anträge. Betrug die Zahl der Anträge im ersten Jahr ihres Bestehens nur 455, so ist diese Zahl 2023 auf 1.814 angestiegen.

1.789 Fälle wurden im Vorjahr abgeschlossen, davon wurden 360 wegen eines Ablehnungsgrundes nicht behandelt und in 248 Fällen lehnte das Unternehmen eine Teilnahme ab. Die Zahl der Anfragen, die an die Schlichtungsstelle gestellt wurden, stieg gegenüber dem Jahr davor um acht Prozent auf 11.370.

Es sei erfreulich, dass das Angebot von Jahr zu Jahr besser angenommen wird und österreichische Unternehmen trotz der schwierigen Situation der letzten Jahre meist bereit seien, an den Verfahren mitzuwirken und in Streitfällen außergerichtliche Lösungen zu suchen betont Geschäftsführer Simon Eder.

Zwar sei festzuhalten, dass Bekanntheit und Akzeptanz der Schlichtungsstelle mit jedem Jahr steigen, insgesamt sei das System der alternativen Streitbeilegungsstellen allgemein aber noch eher unbekannt, heißt es in einer Pressemitteilung.

Schlichtungsanträge nach Branchen

Branche

Anträge 2023

Anträge 2022

Veränderung

Handel

416

412

+1 %

Heizkostenabrechnung

377

172

+119 %

Dienstleistungen

299

260

+15 %

Reise

176

140

+26 %

Versicherung

164

164

+/-0 %

Wohnen

102

85

+20 %

Sonstige

280

212

+32 %

Gesamt

1.814

1.445

+26 %

Versicherungen: konstante Problemlagen

Was Antragszahlen und Problemlagen betrifft, sei der Versicherungssektor seit Jahren relativ konstant, so die Verbraucherschlichtung. Vorwiegend sei es im Vorjahr um Fragen zur Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens und um Streitigkeiten betreffend Vertragskündigungen gegangen.

Die meisten Anträge seien in den Bereichen Haushalts-, Kfz-, Rechtsschutz- und Krankenversicherung an die Schlichtungsstelle herangetragen worden. Im Jahr davor waren Haushalts-, Rechtsschutz- und Lebensversicherung am meisten betroffen gewesen.

Weiter verbessert habe sich die Teilnahmebereitschaft der Versicherer: Lag diese 2021 noch bei knapp 48 Prozent, was den letzten Platz bedeutete, so stieg sie 2022 auf rund 65 und 2023 sogar auf 75 Prozent

In jenen Fällen, in denen sich Versicherer an der Schlichtung beteiligten, kam es in 78 Prozent der Fälle zu einer Lösung, was mittlerweile eine der besten Einigungsquoten darstelle.

Typische Probleme

2023 habe sich bei den rechtlichen Problemen, mit denen sich Verbraucher an die Verbraucherschlichtung Austria wandten, ein anderes Bild als im Jahr davor ergeben, heißt es im Jahresbericht.

Die Zahl der Probleme rund um Preis- und Rechnungsstreitigkeiten, vor allem bei Heizkostenabrechnungen, sei um 80 Prozent gestiegen. Grund dafür seien die Preissteigerungen im Energiesektor und der Wunsch nach Überprüfung der Rechnungen bzw. Herabsetzung der Teilbeträge gewesen.

Am zweithäufigsten hat die Schlichtungsstelle Streitigkeiten betreffend Kündigungen, Stornierungen und Vertragsrücktritte verzeichnet, insbesondere in den Bereichen Handel und Dienstleistungen. 2022 hatte es in dieser Kategorie noch die meisten Probleme gegeben.

Auf Platz drei folgten wie im Jahr davor Gewährleistungs- und Garantieprobleme. Vertragsfragen, zu denen auch Streitigkeiten betreffend die Deckungspflicht von Versicherungsunternehmen zählen, sanken gegenüber dem Jahr davor um 13 Prozent.

Rechtliche Probleme

Thema

Anträge 2023

Anträge 2022

Veränderung

Preis, Rechnung

625

347

+80 %

Kündigung, Storno

462

452

+2 %

Garantie, Gewährleistung

269

239

+13 %

Schadenersatz

206

121

+70 %

Vertragsfragen

157

181

-13 %

Sonstiges

95

105

-10 %

Gesamt

1.814

1.445

+26 %

Teilnahme, Streitwerte und Einigungsquote

1.429 Fälle habe die Verbraucherschlichtung Austria 2023 abgeschlossen (ohne jene Fälle, die abgelehnt wurden); die Teilnahmequote der Unternehmen lag dabei bei 83 Prozent. Wenn sich Unternehmen an der Schlichtung beteiligten, kam es in 77 Prozent der Verfahren zu einer Einigung.

Der überwiegende Teil der Streitwerte lag unter 1.000 Euro (1.376 von 1.789 abgeschlossenen Fällen), nur bei 41 Anträgen ging es um mehr als 10.000 Euro. Besonders stark zugenommen haben aber Streitwerte zwischen 1.001 und 10.000 Euro (+48 Prozent gegenüber dem Jahr davor).

Wie in früheren Jahren sei auch 2023 feststellbar gewesen, dass Teilnahme- und Einigungsquote schlechter werden, je höher der Streitwert ist. Bei Streitwerten unter 100 Euro hätte es in 87 Prozent der Fälle, in denen Unternehmen teilnahmen, eine Einigung gegeben, bei Streitwerten über 10.000 Euro nur in 43 Prozent der Fälle.

Bei Bedarf kann die Verbraucherschlichtung auch Sachverständige hinzuziehen, ohne dass für Konsumenten oder Unternehmen Kosten entstehen. Das war im Vorjahr acht Mal der Fall, einer davon war eine Streitigkeit mit der privaten Krankenversicherung zur Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Augenoperation.

Hohe Zufriedenheit

In jenen Fällen, in denen eine Einigung erzielt wurde, haben 79 Prozent der Konsumenten erklärt, dass diese anschließend auch eingehalten wurde (2022: 83 Prozent); von einem auf fünf Prozent stark gestiegen ist die Zahl jener, die diese Frage verneinten, die übrigen Befragten machten dazu keine Angabe.

Nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens hätten 290 Konsumenten und 16 Unternehmen die Qualität des Schlichtungsverfahrens bewertet. Dabei sei die Einrichtung von jeweils mehr als 90 Prozent als serviceorientiert, kompetent, freundlich und fair angesehen worden.

93 Prozent der Konsumenten und 94 Prozent jener Unternehmen, die sich an Verfahren beteiligt haben, würden dies erneut tun, heißt es im Jahresbericht.

Zum Herunterladen

Der Jahresbericht 2023 kann von einer Website der Verbraucherschlichtung Austria heruntergeladen werden.

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Lebensversicherung · Rechtsschutz · Versicherungsaufsicht
 
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