9.12.2024 – Blitzschlag löst in Österreich jährlich hunderte Brände aus. Selbst, wenn kein Sachschaden entsteht, kann es aufgrund von Betriebsunterbrechungen zu finanziellen Schäden kommen. Mit einer Kombination aus Feldmühlen und einem künstlichen neuronalen Netz haben Elektrotechniker der TU Graz an einem Prognosesystem gearbeitet, mit dem nun im Großteil der Fälle eine erfolgreiche Vorhersage gelungen ist.
Jedes Jahr werden in Österreich Blitzeinschläge – Wolke-Erde-Blitze oder auch Wolke-Erde-Flashes genannt – in fünf- oder sechsstelliger Zahl registriert.
Laut der Blitzdatenbank von Aldis, dem „Austrian Lightning Detection and Information System“, waren in diesem Jahr 100.294. Das ist merklich mehr als in den letzten fünf Jahr, in denen die Zahl zwischen rund 70.500 und knapp 90.000 lag.
Andererseits hat es auch schon deutlich blitzstärkere Jahre gegeben. Seit 1992 waren 2006 und 2009 mit jeweils knapp 290.000 die Jahre mit den häufigsten Einschlägen – wobei anzumerken ist, dass es sich hier um grobe Daten handelt.
Laut Brandschadenstatistik der Österreichischen Brandverhütungsstellen waren 2022 bundesweit 1.317 Brandschäden – das sind 14,8 Prozent aller Brandschäden – auf Blitzschlag zurückzuführen. 2023 waren es 961 Fälle (11,7 Prozent).
Der Schaden aus blitzbedingten Brandschäden belief sich 2022 auf 18,85 Millionen Euro; das entspricht 3,4 Prozent der Schadensumme aller Brandschäden.
Kleinschäden unter 2.000 Euro und indirekte Blitzschäden sind in diesen Zahlen nicht erfasst.
Elektrotechniker des Instituts für Hochspannungstechnik und Systemmanagement der Technischen Universität Graz (TU Graz) haben sich dieses Thema angenommen, wie die Universität mitteilt.
Exponierte Tätigkeiten im Freien seien einem besonderen Risiko ausgesetzt, weil nicht vorhersagbar ist, wann wo der nächste Blitz einschlägt.
Schließlich könne die Gewittergefahr aus Sicherheitsgründen die Einstellung aller Aktivitäten erzwingen, etwa im Flugverkehr. Dies wiederum könne hohe Folgekosten nach sich ziehen.
Das Projekt wurde „Real Time Lightning Risk Assessment“ (RTLRA) getauft.
Gearbeitet wird an einem System, mit dem das lokale Risiko von Wolke-Erde-Blitzen in Echtzeit evaluiert werden kann.
Auf diese Weise sollen die Sicherheit von Personen und Infrastruktur verbessert, Stehzeiten reduziert und die Effizienz des Betriebs während Gewittern optimiert sowie Meteorologen die Risikoabschätzung erleichtert werden.
„Herz“ des Projekts ist ein Netzwerk von sechs Feldmühlen im Umkreis von zehn Kilometern um den Flughafen Graz. „Feldmühlen messen die elektrostatische Feldstärke in ihrem direkten Umkreis, die sich durch die Ansammlung von Ladungen in Gewitterwolken verändert“, erklärt die TU. Die Daten dieser Messungen kombinieren die Forscher in Echtzeit mit Aldis-Daten.
Dass wir die erste Blitzentladung in rund 75 Prozent der untersuchten Gewitter erfolgreich vorhersagen konnten, ist ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit bei Arbeiten unter freiem Himmel.
Stephan Pack, Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement
Damit habe das Forschungsteam Parameter zur Vorhersage von Blitzen aus Gewitterzellen entwickeln können, die sich dem Flughafen nähern. „Die Ergebnisse zeigten, dass das System in der Lage ist, in über 75 Prozent der Fälle den Zeitpunkt der ersten Blitzentladung im Flughafenbereich erfolgreich vorherzusagen“, so die TU.
Als erfolgreich gelte eine Vorhersage, wenn sie 2 bis 30 Minuten vor der ersten Blitzentladung, die den Boden erreicht, den „Shutdown“, also die Einstellung des Betriebs anordnet. Die Erkenntnisse werden in einem automatisierten Auswertealgorithmus zusammengeführt, um für den Flughafenbetrieb Kurzzeitprognosen für Gewitter und Blitze zu erhalten und so präzisier warnen und entwarnen zu können.
Auch Machine Learning wurde eingesetzt: „Ein künstliches neuronales Netz wurde mit Wetterradarbildern und Blitzortungsdaten trainiert, um eine Vorklassifizierung von Wetterradardaten in Bezug auf die Blitzaktivität zu ermöglichen.“
Dieses System habe mit einer über 85-prozentigen Trefferquote bestimmen können, ob im betrachteten Zeitraum im Untersuchungsgebiet Blitzentladungen auftreten werden.
„Die im Projekt entwickelten Methoden und Technologien könnten zukünftig auch in anderen Bereichen mit hoher Gewitterexposition, wie beispielsweise bei Freiluftveranstaltungen, Großbaustellen oder kritischer Infrastruktur, zum Einsatz kommen“, hält die TU fest.
„Wir sind überzeugt, dass mit weiterer Forschung und mehr Daten noch einige Verbesserungen möglich sind und damit in Zukunft wetterbedingte Stehzeiten deutlich reduziert werden können“, sagt Stephan Pack vom Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement, der das Projekt gemeinsam mit Lukas Schwalt, Sebastian Schatz und Julia Maier umgesetzt hat.
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