Starker Anstieg bei Unternehmensinsolvenzen

25.2.2025 – 2024 gab es österreichweit 6.693 Unternehmensinsolvenzen, um 21,9 Prozent mehr als im Jahr davor. Die höchste Insolvenzquote weist die Baubranche auf, die meisten Insolvenzen der Handel. Bei den Privatinsolvenzen ist das Bild anders: Hier gab es 9.634 Insolvenzen, um 1,0 Prozent weniger als 2023. Entwarnung gibt Creditreform weder hinsichtlich der Unternehmens- noch der Privatinsolvenzentwicklung.

In Österreich wurden 2024 laut der am Montag von der Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG veröffentlichten Insolvenzstatistik 6.693 Unternehmensinsolvenzen gezählt, das ist um über ein Fünftel mehr als 2023. Davon waren 4.152 eröffnete, die übrigen 2.541 mangels Vermögens abgewiesene Insolvenzverfahren.

„Sowohl die Insolvenzpassiva (zirka 19 Milliarden Euro) als auch die betroffenen Arbeitsplätze (zirka 25.000) sind stark angewachsen“, teilte Creditreform weiter mit.

Die meisten Insolvenzen im Handel, Bauwesen am stärksten betroffen

Die Statistik weist Daten für sieben Sektoren gesondert aus. Die in absoluten Zahlen meisten Insolvenzen gab es im Handel (1.199). Das ist ein – im Vergleich zu anderen Branchen geringer – Anstieg um 8,8 Prozent gegenüber 2023.

Die höchste Insolvenzbetroffenheit weist das Bauwesen auf: Hier gab es pro 1.000 Branchenunternehmen 30,9 Insolvenzen.

Die in absoluten Zahlen wenigsten Insolvenzen und zugleich den größten Anstieg im Jahresvergleich gab es im Kredit- und Versicherungswesen: Die Anzahl erhöhte sich um fast zwei Drittel auf 175.

Österreichweit mussten 14 von 1.000 Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht antreten.

Unternehmensinsolvenzen in Österreich

Branche

2024

+/–
ggü. 2023

Insolvenz-quote*

Bauwesen

1.062

+25,8 %

30,9

Verkehr und Nachrichten-übermittlung

694

+22,0 %

18,6

Beherbergungs- und Gaststättenwesen

827

+18,0 %

17,7

Kredit- und Versicherungswesen

175

+63,6 %

15,7

Handel

1.199

+8,8 %

14,3

Unternehmensbezogene Dienstl.

1.091

+28,8 %

10,9

Sachgütererzeugung

281

+27,1 %

10,7

Übrige

1.364

+24,1 %

9,8

Gesamt

– eröffnete Insolvenzverfahren

– mangels Vermögens abgewiesene Insolvenzverfahren

6.693

4.152

2.541

+21,9 %

+21,6 %

+22,4 %

14,0

„Deutschland hustet und Österreich bekommt die Grippe“

Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer sieht die Entwicklung in der Rezession begründet, die sich ohne zeitliche Verzögerung in Form von Unternehmensschließungen und Insolvenzen niederschlage.

„Der wichtigste Handelspartner Deutschland hustet und Österreich bekommt die Grippe“, so Weinhofer. „Dazu kommen selbstverschuldete Gründe wie hohe Lohnstück- und Energiekosten, eine überbordende Bürokratie und Regulatorik.“

Mehrere Ursachen

Insolvenzursachen liegen laut Creditreform im Kapitalmangel infolge sinkender bzw. negativer Margen und in der schlechten Wirtschaftslage.

Inflationsbedingt höhere Kosten für Energie, Löhne und Materialen könnten nicht eins zu eins weitergegeben werden, schon gar nicht in Zeiten einer Konsumflaute infolge weitverbreiteter Verunsicherung in der Bevölkerung über die weitere Zukunft.

Weinhofer: „Die seit Jahren bestehenden multiplen Krisen fordern immer mehr Opfer unter den heimischen Unternehmen.“

Creditreform sieht auch „selbstverschuldete Ursachen wie die Lohn-Preis-Spirale und Lohnstückkosten infolge unverhältnismäßiger Lohnabschlüsse in den vergangenen Jahren“.

Zuletzt stagnierendes Insolvenzgeschehen, aber keine Entwarnung

Daher sei auch nicht verwunderlich, dass in einer Creditreform-Umfrage unter 1.400 Unternehmen im letzten Herbst die Erwartungen in Bezug auf Umsätze und Erträge negativer ausgefallen seien als zum Höhepunkt der Corona-Pandemie.

Umso spannender sei, dass im Jänner und Februar 2025 die Anzahl der eröffneten Firmeninsolvenzen, wenn auch auf hohem Niveau, stagniere.

Ein Grund zur Entwarnung sei das aber nicht, meint Weinhofer: „Ich rechne für das laufende Jahr aufgrund des negativen Umfeldes mit 6.700 bis 7.000 Firmeninsolvenzen. Der Ball liegt nun bei der Politik, die dringend notwendigen Reformen für den Wirtschaftsstandort umzusetzen.“

Weniger Privatinsolvenzen

Die Anzahl der Privatinsolvenzen ist unterdessen gesunken, und zwar um 1,0 Prozent auf 9.634. Die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren sank um 0,6 Prozent auf 8.812, jene der mangels Vermögens abgewiesenen Insolvenzverfahren um 4,6 Prozent auf 882.

„Der nach wie vor vorherrschende Arbeitskräftemangel, hohe Gehaltsabschlüsse und zahlreiche staatliche Förderungen bewirken einen Rückgang bei den Privatinsolvenzen“, kommentiert Weinhofer.

Während vielen Unternehmen „die Luft ausgeht“, sei die Rezession – dank eines stabilen Arbeitsmarktes und staatlicher Zuwendungen – bei den Österreichern noch nicht angekommen. „Eine paradoxe Entwicklung in diesen Krisenzeiten.“

Die Insolvenzursachen bei Privatpersonen liegen laut Creditreform „seit jeher im Jobverlust, in der gescheiterten Selbstständigkeit sowie allgemein im sorglosen Umgang mit Geld begründet“.

Weitere Entwicklung offen

Im Jänner und Februar 2025 habe sich der Trend fortgesetzt, berichtet Creditreform. Die Anzahl der Privatinsolvenzen ging den Angaben zufolge um rund vier Prozent weiter zurück.

Sollte sich aber, so Creditreform, die Wirtschaftslage vor allem der heimischen Industrie und des Handels, also arbeitskräfteintensiver Branchen, weiter verschlechtern und es zu größeren Freisetzungen kommen, werde sich dies auch in Gestalt von mehr Privatinsolvenzen bemerkbar machen.

Weinhofer: „In der Vergangenheit gab es keine Rezession ohne merklich mehr Privatinsolvenzen. Die Wirtschaftskrise wird auch in der breiten Masse der Bevölkerung ankommen – wenn die Politik nicht rasch gegensteuert.“

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