24.2.2025 – Kleine technische Änderungen statt großer steuerlicher Wünsche seien sinnvoll, sagt VBV-Pensionskassen-CEO Günther Schiendl. Man tue Menschen nichts Gutes, wenn sich alle – vom jungen Mitarbeiter bis zum Pensionisten – in derselben Veranlagungsgemeinschaft befinden. Um auch kleine Unternehmen zu erreichen, seien einfache Produkte notwendig. Der Kritik an Pensionskassen will er mit Dialog begegnen.
„Ich bin Optimist und glaube, dass die Dinge funktionieren“, sagt Günther Schiendl, seit September des Vorjahres CEO der VBV-Pensionskasse AG, im Gespräch mit dem VersicherungsJournal.
Das staatliche Pensionssystem in Österreich funktioniere gut und sei auch finanzierbar, „solange es Wirtschaftswachstum und Innovation gibt“. Allerdings sei zu bedenken, dass es in den letzten drei Jahren hierzulande kein Wachstum gegeben habe.
Was die Pensionskassen betrifft, seien alle Großunternehmen und die meisten großen mittelständischen Unternehmen abgedeckt. Was fehlt, seien viele kleine Unternehmen. Hier gelte es einen Zugang zu finden, nötig sei dafür ein einfaches Produkt.
Der Mensch sei bequem, Produkte müssten daher so gestaltet sein, dass sie dieser Bequemlichkeit entgegenkommen. Es gehe darum, Arbeitgeber und Betriebsräte zu überzeugen, „den Rest macht die Pensionskasse“. Und darum, leicht zugänglich zu sein – daran arbeite man.
Als die Pensionskassen in Österreich vor 35 Jahren geschaffen wurden, habe es einen sehr homogenen Bestand gegeben, betont Schiendl. Das habe sich geändert, heute gebe es viele, die bereits eine Pension beziehen, und sehr viele junge Menschen in den Unternehmen.
Es sei problematisch, wenn sich alle diese Menschen in einer Veranlagungs- und Risikogemeinschaft (VRG) befinden. Dies führe zu „extremen Zielkonflikten“, man tue den Menschen damit nichts Gutes. Auflösen könne man dieses Problem mit einem Lebensphasenmodell.
Dabei gehe es darum, bis zu einem Alter Mitte 50 Vermögen aufzubauen, dann folgt eine Übergangsphase, anschließend soll eine konservative Strategie für stabile Pensionen sorgen. Dazu habe man im Vorjahr ein Modell zum automatischen „Life cycle pension investing“ entwickelt.
Dies diene dazu, die Ansparphase zu optimieren, so Schiendl. Damit werde es möglich, auch bei einem niedrigen Rechnungszins nach 30 Jahren einen hohen Kapitalstock und damit eine gute Pension zu erzielen. Der weitaus überwiegende Teil der Berechtigten wäre dann in der für sie altersmäßig optimalen VRG.
Seit langem tragen die Pensionskassen vor allem Wünsche zu steuerlichen Erleichterungen an die Politik heran. Realistischer und damit sinnvoller sei es aber, kleine technische Änderungen zu fordern, deren Umsetzung den Staat nichts kostet, sagt Schiendl.
So wäre es wichtig, dass der Rechnungszins erst dann final festgelegt wird, wenn der Arbeitnehmer in Pension geht und nicht schon beispielsweise 30 Jahre vorher vom Arbeitgeber mit der Pensionskasse fix vereinbart wird. So könnte jede Generation mit einem Rechnungszins in Pension gehen, der marktnahe ist.
Eintreten sollte die Politik in die Diskussion um ein Obligatorium für Pensionskassen, wie es in skandinavischen Staaten oder der Schweiz existiert. „Wir haben das bei den Vorsorgekassen, warum nicht auch bei den Pensionskassen?“, stellt Schiendl die Frage in den Raum.
Möglich wäre es auch, das Lebensphasenmodell für Pensionisten zu öffnen und ihnen die gleiche Möglichkeit zu geben wie den Anwartschaftsberechtigten, nämlich zwischen konservativen, ausgewogenen oder dynamischen Anlagestrategien mit unterschiedlich hohen Ertragserwartungen und Risikogehalt zu wählen.
Heute seien viele Menschen aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung auch 30 Jahre in Pension. Für sie ändere sich die Welt ebenfalls und nicht jeder will eine vorsichtige Anlagestrategie, weil nicht jeder Pensionist gleich ist, so Schiendl.
Immer wieder kommt es wegen der Vornahme von Pensionskürzungen zu Kritik an Pensionskassen. Hier gebe es sehr viel „selektive Wahrnehmung“, betroffen seien nur wenige alte Verträge mit hohem Rechnungszins. Das „stabile Pensionskassensystem“ will sich Schiendl „nicht kaputtreden lassen“.
Tatsächlich sei das Image sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Betriebsräten und Anwartschaftsberechtigten gut, betont Schiendl. Bei Umfragen würden mehr als 90 Prozent der Kunden angeben, zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Auch erhöhe die VBV regelmäßig Pensionen.
Mit einigen Pensionistengruppen befinde man sich in einem sehr konstruktiven Dialog, es gebe allerdings eine kleine Gruppe, die Kritik übt. Begegnen könne man der Kritik, indem man zuhört und sich gemeinsam an einen Tisch setzt; notwendig sei aber Dialogbereitschaft auf beiden Seiten.
Wichtig sei es auch, faktenbasiert zu informieren. So seien Pensionskassen beispielsweise verpflichtet, ihre Anlagen zu diversifizieren. Ein Vergleich mit einem Einzelindex sei daher nicht möglich, man dürfe ein privates Depot nicht mit einer Pensionskasse verwechseln.
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