„Landwirtschaft erfriert, brennt und ertrinkt zugleich“

7.1.2025 – Naturkatastrophen verursachten 2024 einen Gesamtschaden von 260 Millionen Euro in der österreichischen Landwirtschaft, berichtet die Hagelversicherung und betont: Sie treffen den Agrarsektor nicht nur im Sommer, wie wiederkehrende Frostschäden im Frühjahr und die Überschwemmungen im Herbst zeigten.

Überschwemmte Felder (Bild: Österr. Hagelversicherung)
Überschwemmte Felder (Bild: Österr. Hagelversicherung)

„Frost, Hagel, Sturm, Dürre und Überschwemmung machten der heimischen Landwirtschaft im abgelaufenen Jahr zu schaffen“, sagt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung VVaG, im Rückblick auf das Jahr 2024.

Er spricht von einem Gesamtschaden von 260 Millionen Euro. Davon entfielen Weinberger zufolge 60 Millionen auf den Spätfrost Ende April, 150 Millionen Euro auf Dürreschäden und 50 Millionen Euro auf Schäden durch Hagel, Sturm und Überschwemmung.

Schäden in der Landwirtschaft seit 2015, nach Schadenarten (Quelle: Österr. Hagelversicherung)
Schäden in der Landwirtschaft seit 2015, nach Schadenarten (Quelle: Österr. Hagelversicherung). Zum Vergrößern Grafik anklicken.

2024 heißestes Jahr der Messgeschichte

Für die Hagelversicherung stellt sich 2024 als erneutes „Extremjahr“ dar, zumal es das wärmste Jahr der Messgeschichte war – und das laut Geosphere Austria „mit Abstand“.

Kurz vor Weihnachten sagte deren Klimatologe Alexander Orlik: Berücksichtige man die Prognosen für die letzten Tage des Jahres, dann sei 2024 im Tiefland und auf den Bergen um 1,8 Grad wärmer als ein durchschnittliches Jahr in der „ohnehin sehr warmen“ Klimaperiode 1991 bis 2020.

„Das ergibt im Tiefland Platz 1 in der Reihe der wärmsten Jahre der 257-jährigen Messgeschichte und auf den Bergen Platz 1 in der 173-jährigen Gebirgsmessreihe“, sagte Orlik.

Im Vergleich zur Klimaperiode 1961 bis 1990, die von der globalen Erwärmung noch nicht so stark betroffen war, so Geosphere Austria, liegt 2024 im Tiefland um 3,1 Grad über dem Mittel, auf den Bergen um 3,0 Grad.

Frühe Blüte, später Frost, zu viel Wärme und Regen

Die „ungewöhnliche Wärme im Februar und März“ habe die Pflanzenentwicklung erheblich beschleunigt, stellt die Hagelversicherung fest.

Beispielsweise sei es – mit etwa vier Wochen vor dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 – zur frühesten Marillenblüte seit Beginn der Aufzeichnungen gekommen. Auch die Apfelblüte habe so früh wie seit 1946 nicht mehr eingesetzt.

„Diese frühen Blühphasen führten in Kombination mit einer Kaltphase in der zweiten Aprilhälfte zu Spätfrostschäden, die besonders Obstkulturen und teilweise auch den Weinbau betrafen“, so der Versicherer.

Im Sommer kam die Hitze. In den 1980er-Jahren seien am Standort Wien noch 13 Hitzetage – also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius – gemessen worden, heuer 52, „so viele wie noch nie in der bisherigen Messgeschichte“. Darauf folgte ein „deutlich zu warmer“ Herbst mit großen Regenmengen.

Anzahl der Hitzetage in Wien (Grafik: Österr. Hagelversicherung)
Anzahl der Hitzetage in Wien (Grafik: Österr. Hagelversicherung). Zum Vergrößern Grafik anklicken.

„Geht um Existenzen“

„Wenn wir im Kampf gegen den Klimawandel nicht alle an einem Strang ziehen, wird ein Sommer wie der heurige in wenigen Jahrzehnten zu den kühleren zählen“, folgert die Hagelversicherung.

Vertrocknete Äcker, frostgeschädigte Obst- und Weinkulturen, hagelzerstörte und überschwemmte Felder – das stelle die Landwirtschaft vor enorme Herausforderungen.

Vorstandsvorsitzender Kurt Weinberger (Bild: Österr. Hagelversicherung)
Vorstandsvorsitzender
Kurt Weinberger
(Bild: Österr. Hagelvers.)

Und nicht nur die Pflanzenproduktion werde geschädigt, „auch die Tierproduktion ist mit Tierseuchen konfrontiert, Stichwort Blauzungenkrankheit und Geflügelpest“.

Verschärft werde die Situation durch Verbauung. Sie führe zu einer deutlichen Zunahme von Hochwasserschäden, „weil zubetonierter Boden kein Wasser speichern kann“.

Weinberger fordert ökologische Wirtschaftspolitik

„Nicht der Klimaschutz ist eine Gefahr, sondern der menschengemachte Klimawandel und der hausgemachte Bodenverbrauch“, sagt Weinberger.

Für das neue Jahr wünsche er sich eine ökologische Wirtschaftspolitik. „Sehen wir Boden- und Klimaschutz als eine Chance für die Wirtschaft, für die Natur sowie für die kommenden Generationen.“

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