Knapp 73.000 Wildunfälle pro Jahr in Österreich

17.10.2024 – In den letzten Jahren hat sich das Unfallgeschehen verschoben: Es gab mehr Kollisionen mit größeren Tieren, die für diese tödlich endeten, teilt das KFV mit. Solche Zusammenstöße bedeuten auch ein größeres Risiko für die Fahrzeuginsassen. Insgesamt wurden in den letzten fünf Jahren 1.586 Menschen verletzt, sechs getötet. Das KFV rät zu Aufmerksamkeit beim Fahren und angepasster Geschwindigkeit.

Niederösterreichs Landesjägermeister Josef Pröll (Li.) und KFV-Direktor Christian Schimanofsky (Bild: KFV)
Niederösterreichs Landesjägermeister Josef Pröll (Li.) und KFV-Direktor Christian Schimanofsky (Bild: KFV)

Von der Saison 2019/20 bis zur Saison 2023/24 haben sich in Österreich durchschnittlich rund 72.939 Wildunfälle pro Jahr ereignet. Darauf macht das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) aufmerksam.

In den meisten Fällen seien die Kraftfahrzeuge mit einem Reh (55 Prozent) oder einem Hasen (26 Prozent) zusammengestoßen. In den vergangenen 16 Jahren sei die Anzahl der bei Verkehrsunfällen getöteten Rehe um 7 Prozent gestiegen, bei Rotwild gebe es ein Plus von 3 Prozent.

Dagegen sei bei Hasen ein Rückgang um 55 Prozent und bei Fasanen um 63 Prozent festzustellen gewesen, sagt KFV-Direktor Christian Schimanofsky.

Unterschiedliches Risikopotenzial an Bezirkszahlen sichtbar

„Eine Kollision mit einem wuchtigen Reh oder Hirsch bedeutet natürlich auch ein größeres Gefahrenpotenzial für die Menschen am Steuer.“ Dies sei auch in den Daten auf Bezirksebene abzulesen.

„Der Bezirk Neusiedl am See, wo deutlich mehr Hasen als Rehe überfahren werden, liegt zwar in der Fallwildstatistik mit durchschnittlich 3.030 Unfällen pro Jahr gleichauf mit Mistelbach an erster Stelle“, berichtet der KFV-Direktor.

„Die meisten Wildunfälle mit Personenschäden passieren allerdings im Bezirk Amstetten, wo sich 4 Prozent aller Wildunfälle mit verletzten oder getöteten Menschen ereignen“, so Schimanofsky.

In den letzten fünf Jahren wurden in Österreich nach Angaben des KFV 1.586 Personen bei Wildunfällen verletzt, sechs getötet.

Richtig reagieren

Schimanofsky rät, im Herbst wegen des früheren Dämmerungseinbruchs besonders achtsam zu sein. „Denn rund 47 Prozent aller Wildunfälle mit Personenschäden ereignen sich bei Dunkelheit und 10 Prozent bei Dämmerung.“

„Und denken Sie immer daran, dass ein Ausweichmanöver in der Regel mehr Risiken birgt als ein möglicher Zusammenstoß.“ Wenn ein Wildtier vor dem Fahrzeug auftaucht, empfiehlt das KFV: abblenden, hupen, stark bremsen und das Lenkrad gut festhalten; sollte die Kollision dennoch unvermeidbar sein: nicht unkontrolliert ausweichen.

Wichtig sei, sich immer auf das Verkehrsgeschehen zu konzentrieren und auf angepasstes Tempo zu achten. Die häufigsten Unfallursachen bei Wildunfällen mit Personenschäden seien nämlich Unachtsamkeit und Ablenkung (54 Prozent) sowie eine nicht angepasste Geschwindigkeit (39 Prozent).

Wildunfälle in Österreich (Grafik: KFV/APA-Auftragsgrafik)
Zum Vergrößern Bild anklicken (Bild: KFV/APA-Auftragsgrafik).

Niederösterreich besonders stark betroffen

Mehr als 39 Prozent aller auf der Straße getöteten Wildtiere starben in den letzten fünf Jahren in Niederösterreich, 35 Prozent aller Wildunfälle mit Personenschäden ereigneten sich ebenfalls hier. Mit seinen 19.180 km² entfallen aber nur etwa 23 Prozent der Fläche Österreichs auf dieses Bundesland.

Warum also die überdurchschnittlichen Unfallzahlen? „Beim Wildunfallrisiko sind zwei Faktoren entscheidend“, erläutert Niederösterreichs Landesjägermeister Josef Pröll: wie oft Wild für die Aufnahme von Futter oder den Wechsel in einen Einstand Straßen queren muss sowie die Anzahl der Verkehrsteilnehmer.

Niederösterreichs Verkehrsnetz sei „enorm dicht“, in den Morgen- und Abendstunden seien viele Pendler unterwegs. Gleichzeitig müsse das Wild infolge von Zerschneidung der Lebensräume öfter Straßen queren. „Die Zahlen belegen das: Wildunfälle sind kein saisonales Phänomen mehr, sondern können ganzjährig auftreten.“

Vor allem die Verkehrsteilnehmer sind gefragt

Auch wenn bereits Wildwarngeräte an den weißen Pflöcken entlang von Straßen angebracht werden, die verhindern sollen, dass Wild beim Herannahen von Fahrzeugen Straßen quert, und auch wenn jagdwirtschaftliche und wildökologische Maßnahmen gesetzt würden, so sei vor allem die Mithilfe der Verkehrsteilnehmer nötig.

„Die blauen Wildwarnreflektoren an den weißen Pflöcken, das Verkehrszeichen Wildwechsel und bewachsene Straßenränder zeigen ein erhöhtes Risiko für querendes Wild an“, erklärt Pröll. „Hier sollte das Tempo angepasst und die Straßenränder im Blick behalten werden.“

Klimawandel und Freizeitnutzung

Dafür, dass sich das Unfallgeschehen hinsichtlich der Tierarten ändere, hat Pröll die folgenden Erklärungen.

Die Zunahme bei Rehwild sei dem Klimawandel und auch einer zunehmenden Freizeitnutzung geschuldet. „Wir beobachten, dass Rehwild auf der Suche nach wasserhaltiger Nahrung immer weitere Strecken zurücklegt. Dabei quert es zwangsläufig auch Straßen häufiger.“

Einer der Hauptauslöser für Wildunfälle dürfte Proll zufolge aber auch der Druck durch Freizeitnutzer sein, die Wild aufscheuchen. „Rehe flüchten dann oftmals über Straßen in die nächsten Einstände und Deckungen, während Niederwild auf seine Deckung vertraut und nur die Flucht ergreift, wenn sich Menschen weiter direkt annähern.“

 
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